Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
ihre Mutter, die sich kaum beherrschen konnte. »Ist auch eine kleine Karte dabei. Willst du sie gar nicht aufmachen?«
Ein klares Nein wäre zu verlockend gewesen, aber Angelique war genauso neugierig wie ihre Mutter. Wer sollte ihr denn Blumen schicken? Falls sie einen heimlichen Verehrer hatte, betrieb der schon Geheimnistuerei auf MI 5-Niveau. Wahrscheinlich wollte sich einfach nur jemand vom Hauptquartier bei ihr bedanken, der sich darauf besonnen hatte, dass die lebendigen Geiseln wichtiger waren als die knappe Million, die die RSGN verloren hatte.
Sie bückte sich nach dem Umschlag im Inneren des Arrangements. Darauf stand einfach nur »Angelique«, kein Dienstgrad, kein Nachname. Das mit dem Dankesgruß wäre auch einfach zu abwegig gewesen. Sie zog den Umschlag behutsam heraus und riss ihn vorsichtig mit dem Daumennagel auf. Ihr Zeigefinger schob eine weiße Karte hervor. Angelique drehte sie um und sah nichts als die Worte »Happy Birthday« in verschnörkelter Handschrift. Und was für ein heimlicher Verehrer – so viel Anonymität grenzte an Verarschung.
»Von wem sind sie? Oder willst du uns das nicht verraten?«, fragte ihre Mutter gespielt zurückhaltend.
»Steht nicht dabei«, erwiderte Angelique. Sie wollte den Umschlag gerade zerknüllen, als sie noch etwas anderes, Kleineres aber Hartes darin spürte. »Moment.«
»Was denn?«
Angelique zog ihren laminierten Dienstausweis aus dem Umschlag.
»Ich glaub’s nicht«, sagte sie und steckte ihn schnell ein, bevor ihre Mutter sehen konnte, was es war.
»Was ist das denn? Von wem sind die Blumen denn jetzt? Weißt du das?«
»Absolut«, erwiderte Angelique und konnte sich ein verschlagenes Grinsen nicht verkneifen.
Mum spielte immer noch das aufgeregte kleine Mädchen und klatschte in die Hände. »Wusst ich’s doch! Du hast uns was verschwiegen. Wer ist er?«
»Kann ich nicht sagen«, erwiderte sie wahrheitsgemäß.
»Ach, komm, jetzt sag schon. Kennst du ihn von der Arbeit?«
»Äh, ja, schon.«
»Ein Anwalt? Hoffentlich nicht wieder ein Polizist.«
»Weder noch, er … hat aber beruflich mit uns zu tun.«
»Warum hast du denn nichts gesagt? Wann habt ihr euch denn kennengelernt? Wart ihr schon oft zusammen aus?«
»Nein. Nur einmal, ehrlich gesagt.«
»Muss aber gut gelaufen sein, was?«
»Mum, bitte.«
»Schau mal, Joseph, sie ist ja ganz schüchtern. Der sieht bestimmt gut aus. Ist er reich?«
»Er ist vor Kurzem zu Geld gekommen, ja.«
»Oh, ich hab’s gewusst. Erzähl, erzähl.«
»Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Wir kennen uns ja kaum.«
»Aber ihr trefft euch doch bald wieder, oder?«
Angelique sah sich wieder den Strauß an und nickte.
»Dafür setze ich alle Hebel in Bewegung, das kannst du mir glauben.«
II
Für meinen nächsten Trick brauche ich einen Freiwilligen
Getäuscht werden ist genauso schön wie täuschen.
Edwin Sachs,
Sleight of Hand: A Practical Manual of Legerdemain
Der amerikanische Botschafter
Na toll.
Wieder ’ne andere Stadt, wieder ein anderes Hotel, aber Scheiße noch mal, danke, lieber Gott, auch wieder ein anderer Blowjob.
Ist das nicht das ultimative Allheilmittel? Jetlag? Kater? Kreuzschmerzen? Stress? Scheißegal, ein gekaufter Blowjob macht alles wieder gut. Das ist das Einzige, was wirklich absolut garantiert immer hilft, und deshalb haben Astra-Zeneca oder SmithKline Beecham es auch noch nicht patentiert, standardisiert und abgepackt. Die Pharmafirmen sind nun mal nicht an Heilung interessiert, wie soll man mit so was denn Geld verdienen? Die heilen dich, du verpisst dich und gibst dein Geld irgendwo anders aus. Die interessieren sich nur für Sachen, nach denen es dir ein bisschen besser geht, damit du immer wiederkommst und mehr davon kaufst. Deshalb gibt’s auch keine Werbespots, in denen Stars Blowjobs anpreisen. »Und hier ist Don Simpson, der Ihnen 1-800- SUCK - YOU vorstellen möchte …« oder »Hi, ich bin Hugh Grant, und immer, wenn ich nicht so richtig auf dem Damm bin, greife ich zu …« Mal im Ernst, wenn man so was gesehen hat, will man doch kein Ibuprofen mehr.
Andererseits ist die Frage, wo man seinen nächsten Blowjob herkriegt, auch ein Stressfaktor für sich. Und der ist wirklich nicht zu unterschätzen. Bevor ihm die Götter dieses kleine Geschenk in den Schoß geworfen hatten, hatte hier alles ziemlich trostlos ausgesehen.
Glasgow, verdammte Scheiße. Weiß doch kein Schwein, wo dasüberhaupt liegt. Bis vor ’nem halben Jahr hatte er noch nie davon
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