Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
Bedingungen ein freundliches Gespräch bewerkstelligt hatten, unter denen man eigentlich nicht mal normale Höflichkeit erwarten würde. Aber Zal wusste, verdammt noch mal, wann er professionell abgefertigt wurde, und dazu gehörte nicht, dass sein Gegenüber die Tränen zurückschniefte und ihm anvertraute, dass sie heute dreißig geworden war und nicht so recht damit klarkam. Und das, während er ihr mit Clownsmaske und Pistole gegenüberstand!
Nein. Da war auf jeden Fall etwas gewesen. Sie hätte auch genügend Gründe gehabt, sauer auf ihn zu sein, wenn das Arschloch Merkland sie beim Fesseln nicht traktiert hätte. Nach der Sache hatte Zal sicher überraschend zivilisiert gewirkt, und zwar nicht nur im Vergleich zu Merkland, sondern auch zu ihren Erwartungen. Er hatte schon von vielen Arschlochbullen was abgekriegt, wie jeder andere auch, der mit unehrlicher Arbeit seine Brötchen verdiente, also konnte er gut verstehen, dass der Durchschnittspolizist nicht viele Weihnachtskarten aus dem Knast bekam. Eins verstand er aber ganz und gar nicht: Warum waren so viele Knastis einfach grundsätzlich sauer auf jeden einzelnen Bullen? Fühlten sie sich persönlich beleidigt, weil diese Leute es sich erlaubten, sie zu jagen? Sie waren nun mal Verbrecher, verdammt noch mal! Was erwarteten die denn? Verständnis? Mehr Toleranz für ihren alternativen Lebensstil, besonders für den Aspekt, der mit der unerlaubten Entfernung des Eigentums anderer Leute zu tun hatte?
Zal hatte kurz überlegt, ob er Merkland fesseln und de Xavia auf ihn loslassen sollte, aber das Schwein musste ja leider später noch laufen können, und ein blutverschmiertes Gesicht hätte sich nicht mehr so schön unter die der Fußballfans gemischt, außer vielleicht, wenn die Rangers gegen Celtic gespielt hätten.
Er glaubte auch nicht, dass sie das Angebot angenommen hätte. Egal, was sie gesagt hatte: Wenn die Bullen sie als Erste reinschickten, vertrauten sie darauf, dass sie sich nicht provozieren lassen würde. Wahrscheinlich hieß es auch, dass sie sich verteidigen konnte und Merkland auch ungefesselt hätte windelweich prügeln können. Als die Bedrohung durch die Gewehrattrappe vorbei war, hatte sie Merkland keines Blickes mehr gewürdigt. Ihr ging es nur um die Geiseln. Zal hatte Polizisten gesehen, die Opfer blutend auf dem Bürgersteig liegen ließen und lieber dem Räuber hinterherliefen, weil sie das Ganze als Krieg betrachteten, bei dem eingebuchtete Verbrecher wichtiger waren als Kollateralschäden. DeXavia gehörte nicht zu diesen Fanatikern, und anscheinend verstand sie sich auch nicht so gut mit ihren Kollegen. Sie nahm kein Blatt vor den Mund. Nein, das war ein blöder Ausdruck, mit dem allzu oft arrogante Großmäuler als Vorbilder dargestellt wurden. Das hatte wirklich überhaupt nichts mit ihr zu tun und wurde ihr nicht im Geringsten gerecht. Sie hatte Charakter.
Er mochte ihren Akzent, den Klang ihrer Stimme, besonders wenn sie sich beiläufig sarkastisch über etwas äußerte, ohne dabei jemals unhöflich zu klingen. Das war, das war …
Bescheuert. Total bescheuert. Nach dem, was er gerade getan hatte, sollte er sich der glücklichen Erschöpfung hingeben und sich überlegen, was das alles bedeutete oder so. Stattdessen stand er im Regen, stellte sich ihr Gesicht vor und fragte sich, wo sie wohl gerade war. Sie sichtete wohl Beweise, befragte Zeugen und bereitete auch sonst alles vor, um ihn bei den Eiern zu kriegen, da ging kein Weg dran vorbei.
Vergiss sie. Schlag dir das Mädchen aus dem Kopf, Mann.
Der Wind blies jetzt stärker und peitschte den schweren Regen unter die Vordächer und in die Eingänge, sodass niemand mehr geschützt war, der nicht hinter Stein oder Glas stand. Er hätte sich ein Taxi rufen können, aber er konnte sich die Aussage des Fahrers schon vorstellen: »Aye, ich hab da um die Zeit rum auf der Byres Road ’nen Typen mit Ami-Akzent eingesammelt. Kann mich noch gut dran erinnern, weil der ’nen Rangers-Schal umhatte, aber kaum wusste, was beim Spiel passiert war.«
Auf der anderen Straßenseite war eine Bushaltestelle. Jeder Bus zur anderen Seite der Great Western Road war okay, wenn er nur Kleingeld hatte. Er griff in die Hosentasche und wunderte sich, als seine Finger ein Stück Plastik berührten. Er zog es heraus: de Xavias Dienstausweis.
»Angelique«, flüsterte er und starrte ihr Bild an. Verrückte Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Schon berechnete er Wahrscheinlichkeiten, Risiken,
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