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Die Holzhammer-Methode

Die Holzhammer-Methode

Titel: Die Holzhammer-Methode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredrika Gers
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gewesen, die nichts mit ihrer Empfehlung zu tun hatten.
    «Auf jeden Fall schon gestern», antwortete Holzhammer, «das ist eindeutig, weil sie am Lift gesehen wurde und auch ein Ticket bei sich hatte. In der Klinik hatte man sie noch gar nicht vermisst. Sie ist wohl nach dem Mittagessen zu der Wanderung aufgebrochen, denn am Nachmittag hat sie niemand von ihren Mitpatienten mehr gesehen.»
    Christine nickte. «Und die Todesursache?»
    «Natürlicher Tod durch Herzversagen, sagt der Arzt. Er ist sich aber nicht hundertprozentig sicher.»
    Herzversagen! Das konnte und wollte Christine nicht glauben. Zum einen, weil es bedeutet hätte, dass die Wanderung – und somit ihre ärztliche Empfehlung – ursächlich für den Tod ihrer Patientin gewesen wäre. Und zum anderen, weil das Herz von Mathilde Zechner nach allem, was sie wusste, absolut perfekt funktioniert hatte. «Natürliche Todesursache» – das hieß, es würde keine Obduktion geben, und man würde nie erfahren, was wirklich passiert war.
    «Wo ist die Tote jetzt?», fragte sie.
    «Im Moment liegt sie in der Pathologie des Kreiskrankenhauses. Aber sie wird wohl Montag freigegeben. Ich wollte ja eine Obduktion, aber der Chef sagt, das ist Geldverschwendung.»
    «Das darf nicht wahr sein!», sagte Christine. Und mit diesem Typen war sie noch vor zwei Tagen ins Bett gesprungen.
    «Mir tut’s ja auch leid, aber er sagt, für Rentnerinnen, die sich beim Wandern übernehmen, stellt er keine Steuergelder zur Verfügung.»
    «Ich will sie sehen. Ich war ihre Ärztin», forderte Christine. Sie hatte die Frau zwar lediglich psychologisch betreut, aber das spielte ja wohl keine Rolle.
    Holzhammer schaute sie lange und ernst an. Dann sagte er: «Mein Chef sollte das nicht unbedingt mitbekommen.»
    «Ich werde es ihm schon nicht auf die Nase binden.» Christine hatte bekanntlich nicht vor, ihr kleines Tête-à-Tête vom letzten Donnerstag zu wiederholen. Dieser Klaus hatte sich seither nicht einmal gemeldet, was so gar nicht zum Bild des kultivierten Gentleman passte, das er an dem bewussten Abend von sich geliefert hatte.
    Christine insistierte: «Ich möchte sie selbst untersuchen, auf eigene Kosten. Ich will einfach wissen, woran sie gestorben ist.» Sie wusste natürlich, dass eine ungenehmigte Leichenöffnung kein Kavaliersdelikt war. Sie war ja nicht einmal Pathologin. Ganz abgesehen davon, dass sie eigentlich nie wieder ein Skalpell hatte in die Hand nehmen wollen. Aber sie musste einfach herausfinden, woran Frau Zechner gestorben war.
    Auch für Holzhammer war die Sache keine Kleinigkeit. Aber als geborener Berchtesgadener war er im Grunde von Haus aus Anarchist. Selbst als Beamter. So fiel sein Einwand auch eher dezent aus: «Du bist dir im Klaren, was das bedeutet?», fragte er. «Wir könnten einen Haufen Ärger bekommen.»
    Christine entging nicht, dass sein Einwand nur theoretischer Natur war. Wir könnten Ärger bekommen – damit hatte er die Aktion im Grunde schon auf die Tatsachenebene gehoben. Nur der Ärger blieb im Konjunktiv.
    «Also, wann können wir ins Krankenhaus?», fragte sie entschlossen.
    «Am besten morgen gleich in der Früh. Ich hol dich ab.»
    Morgen war Sonntag, und Holzhammer hatte keinen Dienst. Jetzt musste er sich nur noch eine überzeugende Ausrede für seine Frau ausdenken.
    Christine wandte sich an Matthias: «Können wir nachher noch bei der Klinik vorbeifahren, ich brauch für die Untersuchung einige Instrumente.»
    «Ja, sicher», sagte der.
    Damit war die Aktion beschlossene Sache, und nach einiger Zeit wandte man sich unterhaltsameren Themen zu. Die beiden Männer fingen an, über die gemeinsame Wehrdienstzeit zu sprechen. Damals, sagten sie, verweigerte man nicht – selbst dann nicht, wenn man sich als Revoluzzer verstand. Stattdessen ließ man einflussreiche Verwandte intervenieren, damit man zu den Gebirgsjägern kam und nicht etwa zu den Fischköpfen. So kam man in den Genuss eines kostenlosen LKW -Führerscheins und durfte dort mit schweren Geschützen herumschießen, wo andere nicht einmal Blumen pflücken durften.
    Holzhammer erzählte von einem Manöver unter Anwesenheit des Bundesverteidigungsministers, bei dem sie viel Spaß gehabt hatten. Die Gebirgsjäger sollten ihre mustergültige Zusammenarbeit mit den Amerikanern demonstrieren, die damals noch hier stationiert waren. Das Szenario sah vor, dass die Gebirgsjäger schräg an der Haupttribüne vorbeirannten und die Amis ihnen per Hubschrauber Deckung gaben. Ein

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