Die Holzhammer-Methode
ist mit den anderen Gläsern, du Idiot?»
«Welche anderen Gläser?», fragte Holzhammer verwirrt.
«Wir haben die Gläser aus den Geschäften, das Glas von der Zechner, und die in Hannover haben das Glas von der toten Schwiegertochter. Aber es wurden ja sicher auch Gläser verkauft in letzter Zeit. Die stehen jetzt als Zeitbomben bei unschuldigen Menschen im Küchenregal. Hast du das überprüft? Was ist mit denen? Wenn da Leute dran sterben, bist du schuld!»
Holzhammer fand es lächerlich von seinem Chef, ihn so zur Sau zu machen. Aber in einem Punkt hatte er recht: Es konnte tatsächlich noch andere Gläser geben. Und es stimmte, an die bereits verkauften Gläser hatte Holzhammer nicht gedacht. Und dadurch, dass er niemand informiert hatte, blieb die Verantwortung bei ihm ganz allein. Hatte er eine furchtbare Schuld auf sich geladen? Er hatte es übersehen, weil die Ereignisse bereits so schon ein für ihn unvorstellbares Ausmaß angenommen hatten. Dass es noch schlimmer kommen könnte, hatte er einfach nicht in Erwägung gezogen. Aber das hieß noch lange nicht, dass sein Chef mit ihm so umspringen durfte.
«Ach, und was hätte ich machen sollen?», blaffte er daher zurück. Gute Frage. Fischer überlegte. «Wann genau wurde das Glas an die tote Frau in Hannover verkauft? Ich meine, an ihre Schwiegermutter?»
Holzhammer versuchte sich zu erinnern, ob der norddeutsche Kollege darüber irgendetwas gesagt hatte. Ja, da war was: «Sie ist erst letzten Samstag zurückgekommen.»
«Samstag?»
«Ja, letzten Samstag. Das hat der Preiß gesagt.»
«Und wie lange war sie hier, wann hat sie das Zeug genau gekauft? War das die bisher letzte Lieferung an die Geschäfte? Wie oft werden die überhaupt beliefert? Und wie viele Geschäfte verkaufen das Zeug genau?»
Wenigstens die letzten Fragen konnte Holzhammer zum Glück beantworten – auch ohne recherchiert zu haben. In dieser Hinsicht hatte sich seit zwanzig Jahren nichts geändert: «Also, es sind fünf Geschäfte, ausschließlich unten auf der Touristenmeile am See. In der Saison werden sie einmal die Woche beliefert, am Mittwoch. Außer die Geschäfte bestellen nach.»
«Und wie viele Gläser erhalten sie dann?»
«So viele, dass wieder ungefähr zwanzig im Regal stehen. Je nach Geschäft. Die gehen ziemlich schnell weg.»
«Das muss als Erstes geklärt werden: Wie viele Gläser sind abgängig? Wie viele du von jedem Geschäft eingesammelt hast, hast du dir doch aufgeschrieben, oder?»
«Ja», sagte Holzhammer, obwohl er es nicht aufgeschrieben hatte. Aber er hatte ja fünf Tüten gehabt. Und er baute darauf, dass die Spurensicherung alles akribisch verzeichnet hatte.
«Okay, wir haben vierundsiebzig Gläser, die Hannoveraner haben eins. Bei fünf Läden insgesamt bedeutet das, rund fünfundzwanzig Gläser warten irgendwo auf eine Brotzeit. Und wir haben keine Ahnung, wie viele davon vergiftet sind.»
«Wir müssen sofort die Bevölkerung warnen», sagte Holzhammer – mehr zu sich selbst, als zu Fischer.
«Richtig, aber wenn jemand schon gestern Abend von dem Zeug gegessen hat, dann geht das auf deine Kappe. In der gleichen Sekunde, als du davon erfuhrst, hättest du etwas unternehmen müssen.»
Der Hauptwachtmeister lief knallrot an vor Wut. «Den Schuh zieh ich mir nicht an», brüllte er. «Ich hab alles getan, was ich konnte! Ich hab die Giftgläser eingesammelt! Erst abends um halb sieben stellte sich raus, was drin ist! Und wenn wir die Durchsage machen, und jemand hört sie nicht, bin ich schließlich auch nicht schuld!»
«Ist ja schon gut», beschwichtigte Fischer, dem offenbar bewusst wurde, dass auch er bisher nicht unbedingt viel zur Klärung des Falles beigetragen hatte.
«Außerdem nehmen praktisch alle Leute die Gläser ja mit nach Hause, zum Verschenken oder als Erinnerung. Die allermeisten kaufen das Zeug nicht, um es an Ort und Stelle zu verputzen.»
«Gut, gut. Dann lass uns jetzt überlegen, wie wir die Warnung formulieren und wie wir sie veröffentlichen. Erst mal: Von wann bis wann können die Leute das Giftzeug gekauft haben?»
«Also, beim Auffüllen werden die alten Gläser immer nach vorn gerückt. Damit hinten nicht irgendwann mal was ranzig wird.» Das hatte der kleine Franz Holzhammer früher immer selbst machen müssen, wenn er die neuen Gläser anlieferte.
«Das bedeutet, dass maximal zwei verschiedene Lieferungen in den Regalen stehen», schloss Fischer. «Kann man die verschiedenen Chargen irgendwie
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