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Die Homoeopathie-Luege

Die Homoeopathie-Luege

Titel: Die Homoeopathie-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Heissmann , Christian Weymayr
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erlebt, wie Kinder nach durchwachter Nacht beim Zahnen oder mit Dreimonatskoliken unter Homöopathika plötzlich friedlich schlummern, will nicht wissen, wie die Therapie hilft – Hauptsache, sie tut es.« Am Ende macht er sogar so etwas wie einen Trend zur wissenschaftlichen Anerkennung der Homöopathie aus: »Mit Pauschalurteilen gegen die gesamte Disziplin jedoch hält sich die Fachwelt zusehends zurück.« Als Gewährsmann dient ihm dafür Gerd Antes, Leiter des Deutschen Cochrane-Zentrums. Wie in Kapitel 3 über Wissenschaft geschildert, kann Antes aus methodischen Gründen die Homöopathie nicht rundweg ablehnen, aber er sieht dennoch keine rationale Grundlage für sie.
Wissensfreie Zonen im Intelligenzblatt
    Stöbert man außerhalb des »Wissens« in anderen Ressorts der Süddeutschen Zeitung , stößt man auf Beiträge, denen jede kritische Reflexion fehlt. So wird im Ressort »Geld« (16.07.2008) neutral vermeldet, dass die Allianz im Rahmen ihrer Tierkrankenversicherungen auch homöopathische Behandlungen übernimmt. Ob der Beitrag ähnlich kommentarlos ausgefallen wäre, wenn die AOK beispielsweise für schwerkranke Versicherte in ihren Leistungskatalog Wallfahrten nach Lourdes aufgenommen hätte? Wohl nicht.
    Ein Beitrag im Ressort »München & Region« über Allergien (27.04.2009) lässt neben allerlei fundierten Informationen von Experten auch einen Homöopathen zu Wort kommen, der eine »konservierungs- und farbstoffreiche Ernährung als eine der Ursachen für die steigende Zahl der Allergien« ausmachen darf. Am Ende stellt der Beitrag den »schulmedizinischen« Behandlungen mit Antihistaminika und Kortisonpräparaten als scheinbar gleichwertige Möglichkeiten Akupunktur und Homöopathie gegenüber.
    Vollends zum Esoterikforum wird die Süddeutsche Zeitung im Ressort »Reise«. Dort findet sich beispielsweise ein Interview mit dem Arzt für Psychiatrie und Homöopathie Nikolaus Hock vom Homöopathisch Therapeutischen Praxis Zentrum in München (Interview 15.04.2005). Es ist bestürzend zu lesen, was der Arzt behaupten darf, ohne dass der Interviewer nachhakt. So sagt Hock: »Im Übrigen sind die Erfolge der Homöopathie nicht in erster Linie auf den berühmten Placebo-Effekt zurückzuführen.« Und auf die Frage, ob man sich als Laie selbst behandeln könne, antwortet er: »Wenn man schon selbst behandelt, sollte man keine hohen Potenzen verwenden.« Nur zur Erinnerung: Hohe Potenzen sind die Kügelchen und Tinkturen gänzlich ohne Wirkstoff.
    An ihre Grenzen, so doziert Hock, stoße die Homöopathie etwa in der Chirurgie: »Einen großen Tumor muss man entfernen, da nutzen keine Globuli.« Ein geistiger Lichtblick, sollte man meinen, doch genau genommen offenbart der Satz, wie zappenduster es bei Hock um die kritische Distanz zum eigenen Handeln steht. Denn der Satz suggeriert im Umkehrschluss, dass man also einen kleinen Tumor dank Globuli nicht chirurgisch entfernen müsse. Wichtig scheint dem Arzt dennoch sein seriöses Image zu sein, so sagt er über die Verschreibung der Mittel: »Das hat übrigens nichts mit Esoterik zu tun.« Auf diese Idee wäre der Interviewer wohl auch gar nicht gekommen.
Auf Du und Du mit Impulsgebern
    Nun könnte man einwenden, von den Ressorts »Geld«, »München & Region« und »Reise« dürfe man medizinisch-wissenschaftliche Fachkenntnisse nicht erwarten. Offenbar sehen das die Redakteure selbst aber nicht so, da sie gelegentlich solches Fachwissen bemühen – oder besser gesagt: vortäuschen. So weiß die Autorin des Artikels »Kügelchen mit hoher Potenz« (15.04.2005) im Reiseteil: »Das passende Mittel wirkt im Körper wie ein Impulsgeber, der einen Selbstheilungsprozess anstößt. Das funktioniert nicht nur bei harmlosen Erkrankungen wie Husten oder Schnupfen, auch bei schwereren Leiden wie Rheuma oder auch Depressionen hat die Homöopathie ein großes Heilungspotenzial bewiesen.« Selbst mit der neuesten Fachliteratur scheint sie vertraut zu sein. So zitiert sie die Arbeiten eines Forschungsteams aus Südkorea: Das habe »vor Kurzem wahrscheinlich das Wirkprinzip homöopathischer Mittel entschlüsselt«. Dass das »hartgesottene Schulmediziner« wohl nicht überzeugen werde, scheint sie eher als Bestätigung denn als berechtigten Einwand

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