Die Homoeopathie-Luege
Placebo-Effekt hinausgehende Wirkung erbracht hätten.
Mit den meisten Beiträgen allerdings dürfte der DZVhà sehr zufrieden sein. Denn während das übliche Argumentationsschema à la Thorbrietz und Jessen â 1. von Esoterik abgrenzen, 2. Erfahrung als Beweis anführen, 3. den Widerspruch mit der Unvollständigkeit des Wissens erklären â immerhin ein gewisses Problembewusstsein dafür erkennen lässt, dass die Homöopathie den Naturgesetzen widerspricht, zeigen viele Artikel in weniger anspruchsvollen Publikationen nicht einmal diesen Grad an Reflexion. Unzählige Redaktionen sehen offenbar auch keinen Anlass, die Lehre der Homöopathie ernsthaft zu hinterfragen. Selbst wenn sie erwähnen, dass manche die Homöopathie für Aberglauben hielten, dann wohl eher, um dem Protokoll Genüge getan zu haben. Mit einem Verweis auf positive wissenschaftliche Studien ist das Weltbild dann auch schnell wieder in Ordnung.
Brigitte und die WAZ -Frau
So wohnt ein wohlwollender Geist, vergleichbar mit dem im Reise-Ressort der Süddeutschen Zeitung , auch in den Redaktionen mancher regionaler Tageszeitungen. Die gröÃte von ihnen, die Westdeutsche Allgemeine ( WAZ ) aus dem Ruhrgebiet, beschäftigt als Medizinredakteurin die Heilpraktikerin Petra Koruhn. Sie füllt eine wöchentliche Kolumne im Wochenendteil mit Ratschlägen aus der Globuli- und Kräuterküche, wobei sie jede Heilwirkung, die in der Alternativszene kolportiert wird, als verbrieftes Wissen an die Leser weitergibt. So empfahl sie unter der Ãberschrift »Mit Globuli gegen Husten« (19.05.2012) zwölf verschiedene D12-Präparate, je nach Ausprägung und Stadium der Erkältung, zum Beispiel: »Wenn zu Halsschmerzen noch ein stark übel riechender Atem kommt, muss man an eine Hals- und Mandelentzündung (Tonsillitis) denken â Mercurius solubilis D12.« Offenbar stört sich keiner in der Redaktion der WAZ daran, dass ihre Medizinredakteurin bei Mandelentzündung zu Quecksilber in einer Verdünnung von 1 zu 1000000000000 rät. Im Gegenteil: Kürzlich gab der WAZ -Verlag Koruhns Kolumnen als Buch heraus.
Wenig Neigung, einen mutmaÃlich groÃen Teil ihrer Leserschaft zu verprellen, zeigen auch Frauenmagazine. Wenn die Brigitte , eines der anspruchsvollsten unter ihnen, unter dem Titel »Homöopathie: Alles Aberglaube?« ( Brigitte.de , Stand 04.04.2012) Antworten gibt, heiÃt das eben nicht, dass man nun eine kritische Auseinandersetzung mit der Heilslehre erwarten darf. Neun der zehn Fragen dienen vielmehr dem »Verstehen« der Homöopathie. Zum Beispiel: »Gegen welche Krankheiten ist die Homöopathie geeignet?« Antwort: »Die Stärke dieser Behandlungsmethode liegt auf dem Gebiet chronischer Krankheiten und der Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen und Migräne, Gelenkbeschwerden, Erschöpfungszuständen, niedrigem Blutdruck, Schlafstörungen und Nervosität. Auch gegen Allergien kann die Behandlung nützen.« Zudem geht es um praktische Dinge, etwa darum, wo man einen guten Homöopathen findet.
Nur bei einer Frage wagt sich die Redaktion vor: »Ist die Wirkung der Homöopathie bewiesen?« Die Antwort in voller Länge: »Jein. Die bisher veröffentlichten methodisch einwandfreien Studien haben widersprüchliche Ergebnisse gebracht. Das gröÃte Rätsel der Homöopathie ist aber nach wie vor nicht gelöst: Wieso kann ein Medikament in so starker Verdünnung überhaupt eine Wirkung erzielen? SchlieÃlich befindet sich in hoch potenzierten Homöopathika rein rechnerisch kein einziges Molekül der Substanz mehr. Dazu gibt es mehrere Theorien, z.B. dass die Wirkstoffmoleküle eine Art Abdruck im Lösungsmittel hinterlassen.« Alle zehn Antworten hätten eins zu eins aus der Feder des DZVhà stammen können.
Dieser Schmusekurs mit der Homöopathie ist umso verblüffender, als Brigitte.de in medizinischen Dingen sehr wohl kratzbürstig sein kann, wie ein Beitrag über die HPV-Impfung (31.01.2008) zeigt. Zum Hintergrund: Die HPV-Impfung wurde entwickelt, um Frauen vor Gebärmutterhalskrebs zu schützen. GroÃe Studien haben belegt, dass bei rechtzeitig geimpften Frauen bestimmte Krebsstadien nicht auftreten. Die Ergebnisse der Studien lassen den Schluss zu, dass die Impfung höchstwahrscheinlich 70 Prozent der Todesfälle an Gebärmutterhalskrebs
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