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Die Homoeopathie-Luege

Die Homoeopathie-Luege

Titel: Die Homoeopathie-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Heissmann , Christian Weymayr
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selbst bereit erklärt hatten. Dabei war herausgekommen, dass die homöopathische Kochsalzlösung anhand der Symptome der Probanden nicht zweifelsfrei von normaler Kochsalzlösung zu unterscheiden war.
    Homöopathische Ärzte betonen die Bedeutung von »Versorgungsforschung«. Dabei werden Patienten sozusagen im Freiland beobachtet, in diesem Fall unter den Alltagsbedingungen einer homöopathischen Arztpraxis. Solche Versorgungsstudien sollen die Homöopathie besser abbilden als die künstlichen Zustände »klinischer« Studien.
    Versorgungsforschung kann hilfreich sein, um eine bereits etablierte Therapie noch einmal unter Alltagsbedingungen zu testen. Sie ist aber kaum geeignet, um die Wirksamkeit von Arzneimitteln zu untermauern. In Freilandstudien hat man kaum Kontrolle darüber, was die beobachteten Patienten sonst noch so treiben: Der eine raucht, der andere nicht; der eine ist dick, der andere dünn; der eine nimmt mehrere Homöopathika und konventionelle Medikamente bunt durcheinander, der andere hat sämtliche Medikamente im Klo runtergespült. Daher ist Versorgungsforschung extrem anfällig für alle möglichen Zufallseffekte. Und zu allem Überfluss auch noch für sämtliche der in Kapitel 2 geschilderten Placebo- und Kontext-Effekte, denn die Patienten wissen ja, dass sie von echten Ärzten mit echten Medikamenten behandelt werden.
    Möglicherweise sind Zufälle und Placebo-Effekte die wichtigsten Gründe, weshalb Homöopathie im Freiland tendenziell besser abschneidet als unter streng standardisierten Bedingungen. Das macht Versorgungsforschung für Homöopathen attraktiv. Allerdings lässt sich aus diesen Studien nur ableiten, dass das Gesamtpaket »Arzt plus Gespräche plus Kügelchen plus alles Mögliche« wirkt. Eine Wirksamkeit der Globuli jedoch nicht.
    Um den Besonderheiten der Homöopathie gerecht zu werden, schrauben Homöopathen auch schon mal am Design klinischer Studien: Dann werden die Patienten zwar zufällig auf mehrere Gruppen verteilt, wissen danach aber trotzdem genau, wer echte Globuli bekommt und wer nicht. Oder der eigentlichen Studie wird eine Art »Vorwaschgang« vorgeschaltet, bei dem die Probanden Homöopathika erhalten. Danach werden gezielt diejenigen Patienten aus der Studie entfernt, deren Behandlungsergebnisse nicht so positiv waren. Nur jene, die besonders gut auf Homöopathika angesprochen haben, dürfen weitermachen. Man könnte einwenden, dass bei diesem Design vor allem Menschen untersucht werden, die besonders empfänglich sind für Placebo-Effekte.
    Ein paar durchaus homöopathienahe Wissenschaftler wie der Statistiker Rainer Lüdtke verweisen zu Recht darauf, dass es trotz einiger positiver Studienergebnisse »in der Gesamtschau aller Studien zu den verschiedensten Erkrankungen« für die Homöopathie »negative Evidenz« gebe. Und dass sich positive Studienergebnisse in unabhängigen Untersuchungen nicht wiederholen ließen – was unter Wissenschaftlern in der Regel die Alarmglocken klingeln lässt (DZVhÄ Jahresprogramm 2012).
    Auch Stefan Willich und Claudia Witt vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Berliner Charité fassten vor einiger Zeit den Forschungsstand zur Homöopathie inklusive diverser Schwachpunkte zusammen: Sie gaben zu bedenken, dass bei der Versorgungsforschung »nicht zwischen dem Arzneimittel-Effekt und Placebo-Effekt unterschieden werden« könne und dass von den klinischen Patientenstudien zur Homöopathie »die meisten nach den heutigen Standards der Forschung methodische Schwächen haben«.
    Das hindert homöopathische Ärzte allerdings nicht daran, einzelne positive Studienergebnisse mit Inbrunst zu zitieren und aussagekräftige Studien mit enttäuschenden Ergebnissen für die Homöopathie immer wieder methodisch in Zweifel zu ziehen oder erst gar nicht zu erwähnen. In der wissenschaftlichen Medizin kritisiert man einen selektiven Umgang mit Forschungsergebnissen als systematische Verzerrung, ein Phänomen, das aus dem Bereich der Pharmaindustrie bekannt und gut untersucht ist. Im Alltag lässt sich ein solches Verhalten etwas schlichter als Rosinenpicken bezeichnen.
    In Homöopathenkreisen heißt es dagegen, es gebe eben große Unterschiede bei der Interpretation von Studien zur Homöopathie – und die sollten ohnehin am besten

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