Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Homoeopathie-Luege

Die Homoeopathie-Luege

Titel: Die Homoeopathie-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Heissmann , Christian Weymayr
Vom Netzwerk:
Scheinpillen austauschen, die den pharmakologischen Effekt der echten Mittel sozusagen imitieren würden.
    Selbst für das Dilemma, dass der Arzt den Patienten nicht täuschen darf, eine Placebo-Therapie aber in der Regel auf Täuschung beruht, zeichnet sich seit einiger Zeit ein Ausweg ab: Erste Daten belegen, dass Placebos auch dann noch wirkten, wenn die Patienten wussten, dass sie wirkstofflose Pillen schluckten. Entscheidend war dabei, dass die Kranken darüber aufgeklärt wurden, was ein Placebo ist und dass es keinesfalls nutzlos ist, sondern bekanntermaßen eindrucksvolle Wirkung entfalten kann.
    Anders als man vermuten könnte, sind Kranke dem Einsatz von Scheinmedikamenten gar nicht so abgeneigt: Eine Schweizer Befragung von insgesamt mehr als 400 Patienten und etwa 230 Ärzten, veröffentlicht 2011 im British Journal of General Practice , kam zu dem Ergebnis, dass überraschend viele Patienten Placebos als etwas Positives sehen: 87 Prozent der Befragten glaubten, dass sich körperliche Beschwerden bessern können, wenn man nur fest an die Wirksamkeit einer Behandlung glaubt. Auf ein Scheinmedikament würden sich viel mehr Patienten einlassen, als die ebenfalls befragten Mediziner vermuteten – allerdings in Verbindung mit Offenheit: 70 Prozent der Befragten wünschten sich vor der Verabreichung eines Placebos eine Aufklärung durch den Doktor. Eine Forderung, die auch der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer in seiner Stellungnahme zu Placebos in der Medizin betont.
    Dort liegt aus unserer Sicht ein großes Problem der Homöopathie: Wenn Ärzte Homöopathika wissentlich als Placebos einsetzen, den Patienten aber nur erklären, dass die Heilkraft der Mittel auf den unerklärlichen Wirkungen von Ähnlichkeitsprinzip und Potenzierung beruht, ist das keine umfassende Aufklärung.
    Hinzu kommt, dass Placebos immer nur ein Mittel zweiter Wahl sind. Mediziner sind gehalten, einer spezifisch wirksamen Behandlung den Vorrang zu lassen. Nur wenn es eine solche nicht gibt oder der Patient sie nicht will, kann ein Arzt versuchen, mit einem Placebo zu helfen. Eine Scheintherapie ist aber »unzulässig, wenn sie unter Außerachtlassen grundlegender Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft erfolgt. Sie entspricht nicht dem einzuhaltenden Qualitätsstandard, wenn es Interventionen gibt, die für den Patienten erfolgversprechender und in der Wissenschaft unbestritten sind«, stellte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer in seiner Stellungnahme klar. Selbst wenn »unbestritten« in der Medizin ein hoher Anspruch ist – weniger umstrittene Therapien als die Homöopathie gibt es allemal. Ein Arzt, der eindeutige Empfehlungen medizinischer Leitlinien ignoriert und einem Kranken lieber ein homöopathisches Placebo verordnet, handelt wohl nicht nach diesem Qualitätsstandard. Viele Autoren vor uns haben bereits auf Gefahren hingewiesen, wenn Mediziner wirksame Therapien zugunsten wirkungsloser Homöopathika unterlassen.
Der Arzt als Droge in Weiß
    Ethisch unverfänglicher als eine Pseudopille sind in jedem Fall solche heilsamen Effekte, die ein Arzt allein dadurch entfaltet, dass er Zuversicht und Anteilnahme ausstrahlt oder seinem Patienten fest die Hand gibt – die in Kapitel 2 ausführlich beschriebenen Kontext-Effekte. Da es wahrscheinlich keine ärztliche Handlung ohne Kontext gibt, haben Doktoren damit ein Instrument in der Hand, das über den Erfolg oder Misserfolg einer Behandlung mitentscheidet: Ein optimistischer Arzt, dem ein Kranker vertraut, kann die Wirkung seiner Medizin ebenso steigern, wie ein missmutiger und unseriös wirkender Doktor sie beeinträchtigen kann.
    Verschiedene Studien haben belegt, dass Patienten therapeutisch schon allein von der Begegnung mit dem Arzt profitieren, ob der nun wissenschaftsbasiert oder alternativmedizinisch arbeitet. 2010 konnte in einer britischen Studie an Rheumakranken gezeigt werden, dass die Konsultation eines Homöopathen in der Lage war, Gelenkbeschwerden deutlich zu lindern – und zwar unabhängig davon, ob die Patienten nun ein Homöopathikum bekamen oder nicht.
    Doch weder die Homöopathie noch andere sogenannte Naturheilverfahren können ein Monopol auf Zuwendung in der Arzt-Patient-Beziehung beanspruchen. Der von homöopathischen Ärzten immer wieder vorgebrachte Gegensatz zwischen vermeintlich einfühlsamer

Weitere Kostenlose Bücher