Die Homoeopathie-Luege
Komplexmittel und der Lehre des Pioniers Hans-Heinrich Reckeweg.
Der BAH liefert dort auch gleich noch die Erklärung, warum man Hersteller homöopathischer Einzelmittel nicht damit belästigen sollte, die Wirksamkeit ihrer Homöopathika genauso in Patientenstudien zu belegen, wie es Hersteller konventioneller Arzneimittel tun müssen: Die »individuelle Therapie der unterschiedlichen Patientenpersönlichkeiten« mache es schlieÃlich so schwierig, homöopathisch behandelte Probanden miteinander zu vergleichen: »Deshalb lässt sich eine rein krankheitsbezogene klinische Studie in der klassischen Homöopathie nicht realisieren«, so das Fazit des BAH. Die mit hohem Aufwand forschenden klassischen Arzneimittelhersteller dürften das möglicherweise anders sehen.
Innerhalb des BAH engagiert sich eine eigene Arbeitsgruppe zu homöopathischen und anthroposophischen Arzneimitteln sowie eine weitere AG »Ãffentlichkeitsarbeit für homöopathische Arzneimittel«, um â laut Verbandsbericht 2010/2011 â »diese Therapierichtung verstärkt in das Licht der Ãffentlichkeit zu rücken«. Unter Beteiligung von BAH und Unternehmen fand im September 2011 zum dritten Mal der »Tag der Homöopathie« mit diversen Infoveranstaltungen statt. In seinen Pressemeldungen kontert der BAH auch ärgerliche Angriffe auf das homöopathische Geschäftsmodell. Als 2010 der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach im Spiegel mit der Forderung zitiert wurde, gesetzliche Krankenkassen sollten keine homöopathischen Behandlungen mehr bezahlen, widersprach der BAH in einer beherzt formulierten Pressemitteilung. Der Vorstoà aus der SPD klinge »nach reinem Oppositionspopulismus und nicht nach sorgfältigem Umgang mit den Interessen der Patienten und Versicherten«.
Eine Lobbyheimat haben die Interessen der Homöopathie-Branche auch im Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) gefunden, der 260 Unternehmen mit rund 72000 Mitarbeitern vertritt, darunter konventionelle ebenso wie alternative. Im Herbst 2005 stritt der BPI mit den Verbraucherschützern der Stiftung Warentest, weil die in einem Sachbuch zur Alternativmedizin zu dem Schluss gekommen war, dass viele alternative Heilmethoden wirkungslos und für Patienten nicht von Nutzen seien. Dagegen verwahrte sich der Lobbyverband BPI und schwang sich dabei gleich noch zum Fürsprecher der Patienten auf: Immerhin würden doch »schulmedizinisch austherapierte, chronisch kranke Menschen mithilfe alternativer Verfahren geheilt«.
Gesetzgebung im Sinne der Industrie
Auf Initiative des BPI-Landesverbands Baden-Württemberg und einiger Mitglieder wurde auch das »Kompetenzforum Homöopathie und Anthroposophie« gegründet. Das Lobbyforum lud im Sommer 2009 die damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Friedrich und Johannes Jung zu einem Besuch aufs Firmengelände der Deutschen Homöopathie-Union in Karlsruhe ein. Es war ein heiÃer Sommer, zumindest für die Interessenlage der deutschen Globuli-Industrie, und die Branche hatte Gesprächsbedarf. Damals stand die 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes ins Haus, die unter anderem darauf abzielte, Homöopathika in vielen Bereichen anderen Arzneimitteln gleichzustellen, was mit dem Verlust gewisser Privilegien für die Branche verbunden gewesen wäre.
Geändert werden sollte zum Beispiel der Paragraf 39, was für Hersteller registrierter Homöopathika höchst ärgerlich gewesen wäre: Sie hätten künftig die Herstellung und Prüfung ihrer Mittel nur noch mit Zustimmung der zuständigen Bundesbehörde verändern können. Vor allem für einen Produzenten hätte das möglicherweise unerfreulichen Mehraufwand bedeute: für die DHU mit ihrem riesigen Sortiment von etwa 400000 Arzneimitteln.
Das galt es zu verhindern. Und dabei spielte der Rundgang der SPD-Abgeordneten wohl eine tragende Rolle. Schon einen Monat nach dem Lobbytermin konnte die DHU in einer Pressemitteilung vermelden: »Bewegung in die Debatte um die 15. AMG-Novelle kam Anfang Juni 2009. Bei einem Besuch in der DHU nutzten die beiden Bundestagsabgeordneten Peter Friedrich aus Konstanz und Johannes Jung aus Karlsruhe (beide SPD) die Gelegenheit, den Sachverhalt intensiv mit Vertretern der Unternehmen der Besonderen Therapierichtungen zu erörtern. Auf Basis der Erkenntnisse aus diesem Gespräch kam die vorgesehene
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