Die Hongkong-Papiere
romantisch fand. Mein Großvater erzählte mir, daß Major Campbell stets eine Bibel mit silbernem Einband bei sich getragen hat, ein Erbstück der Familie. Er hatte sie auch in Dünkirchen bei sich, und es hieß, daß alle männlichen Campbells sie während der Jahrhunderte in ihren Schlachten mit sich führten.«
»Das stimmt«, sagte Lady Katherine. »Sie befand sich tat sächlich in Rory Campbells Tasche, als er in der Schlacht von Culloden fiel, wo er für Bonnie Prince Charles gekämpft hat. Es wundert mich, daß Sie die Bibel erwähnen. Ich habe seit Jahren nicht mehr an sie gedacht. Ich nehme an, sie ist bei dem Flugzeugunglück verlorengegangen.«
»Ich verstehe«, sagte Hannah vorsichtig.
»Den Absturz hat niemand überlebt, außer lan und Jack Tanner natürlich.« Sie seufzte. »Ich habe neulich erst erfahren, daß Jack in New York während eines Besuchs bei seiner Tochter gestorben ist. Ein guter Mann. Er hat sich für mich jahrelang um den Besitz gekümmert. Der neue Mann, Mur doch, ist furchtbar. Sie kennen das ja. Er hat studiert und glaubt offensichtlich, über alles Bescheid zu wissen.«
Hannah nickte und erhob sich. »Dann können wir also Ard namurchan Lodge haben?«
»Wann Sie wollen. Lassen Sie mir alle nötigen Angaben hier, und Murdoch schickt Ihnen einen Vertrag zu.«
Darauf war Hannah schon vorbereitet, und sie holte einen Briefumschlag aus der Handtasche und legte ihn auf den Tisch. »Da ist alles, was Sie brauchen. Das Büro des Brigadiers befindet sich am Cavendish Square. Ich mache mich mal auf die Suche nach Angus, damit er mich zum Flugzeug zurück bringen kann.«
»Sie finden ihn sicher im Garten.«
Hannah ergriff die Hand der alten Frau. Sie war kühl und federleicht. »Auf Wiedersehen, Lady Katherine.«
»Auf Wiedersehen, meine Liebe, Sie sind wirklich eine ganz reizende Person.«
»Vielen Dank.«
Während sie zur Terrassentür ging, sagte Lady Katherine: »Ein seltsamer Zufall. Als dieser Anwalt hier war, hat er sich ebenfalls nach der Bibel erkundigt. Er erzählte, Mr. Morgan habe davon in einem Artikel über die Legenden der Highlands in irgendeiner amerikanischen Illustrierten gelesen. Ist das nicht merkwürdig?«
»Allerdings«, sagte Hannah. »Sicherlich war er enttäuscht, daß die Bibel nicht zu besichtigen war.«
»Den Eindruck hatte ich.« Die alte Frau lächelte. »Leben Sie wohl, meine Liebe.«
Hannah traf Angus bei der Gartenarbeit an. »Können wir wieder fahren, Miß?«
»Ja«, antwortete sie.
Als sie zum Parkplatz gingen, fuhr ein Range Rover vor, und ein hochgewachsener, finster dreinblickender junger Mann in Jagdjacke und Sherlock-Holmes-Mütze stieg aus. Er sah sie fragend an.
»Das ist Miß Bernstein«, stellte Angus sie vor. »Sie war bei der Lady.«
»Im Auftrag meines Chefs, Brigadier Charles Ferguson«, erklärte Hannah. »Lady Katherine hat sich bereit erklärt, uns Ardnamurchan Lodge zu vermieten.«
Der junge Mann runzelte die Stirn. »Sie hat mir gegenüber nichts davon erwähnt.« Er zögerte, dann streckte er ihr die Hand entgegen. »Stewart Murdoch. Ich bin der Gutsverwalter.«
»Ich habe sie erst heute morgen angerufen.«
»Das erklärt natürlich alles. Ich war für zwei Tage in Fort William.«
»Ich habe ihr alle notwendigen Angaben dagelassen und erwarte in Kürze den Vertrag.« Sie lächelte ihn an und stieg in den Kombiwagen. »Ich muß mich beeilen, denn in Ardnamur chan wartet eine Maschine. Ich bin sicher, wir sehen uns noch mal.«
Angus setzte sich hinter das Lenkrad und fuhr los. Murdoch sah ihnen nachdenklich nach und ging dann ins Haus.
Der Learjet startete, ging in einen steilen Steigflug und
erreichte schnell eine Reisehöhe von 10 000 Metern. Hannah schaute auf die Uhr. Es war erst kurz nach zwei. Mit ein wenig Glück wäre sie um halb vier in Gatwick, bei Rückenwind sogar noch etwas früher. Bis sie im Verteidigungsministerium war, brauchte sie eine weitere Stunde. Sie nahm den Telefonhörer ab und bat den Piloten, sie mit Ferguson zu verbinden.
Seine Stimme klang klar und deutlich. »Hat der Trip sich gelohnt?«
»Und wie, Sir. Der Mietvertrag für Ardnamurchan Lodge ist uns sicher. Mit der Bibel hatte ich kein Glück. Die Lady hat sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie hat immer angenommen, sie wäre bei dem Flugzeugabsturz vernichtet worden.«
»Na ja, wir wissen, daß eben das nicht der Fall war, oder?«
»Es sieht so aus, als hätten wir
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