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Die Hongkong-Papiere

Die Hongkong-Papiere

Titel: Die Hongkong-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Ein Windhauch wühlte die Oberfläche des Lochs auf, und eine Forelle sprang hinter der Sandbank fast einen halben Meter in die Luft und verschwand wieder.
     Plötzlich vergaß Dillon alles und erinnerte sich nur noch an die Schaffarm seines Onkels im County Down und an die Lektionen in dieser wundervollen Kunst, die sein Onkel ihm erteilt hatte. Er befestigte die Fliege, die Ferguson empfohlen hatte, offenbar eine aus seiner eigenen Produktion, und begann zu angeln.
     Sein erstes Dutzend Würfe war schlecht und ungeübt, aber nach und nach kehrte die alte Geschicklichkeit zurück, und er bekam zwei Viertelpfünder an den Haken. Es regnete immer noch in Strömen. Er ließ zwei weitere Meter Schnur aus, hob die Rutenspitze und warf den Köder bis hinter die Sandbank, wo eine schwarze Rückenflosse durch das Wasser schnitt. Dieser Wurf war der bisher präziseste. Die Fliege landete auf der Wasseroberfläche, die Rute wurde gebogen, und die Schnur spannte sich.
     Mindestens zwei Pfund. Die Schnur sang, als die Forelle am Haken in tieferes Wasser flüchtete, und er ging an der Sand­ bank entlang und operierte vorsichtig mit der Leine. Sie wurde schlapp, und er dachte schon, er hätte den Fisch verloren, aber die Forelle ruhte sich nur aus. Eine Sekunde später spannte die Schnur sich wieder. Er kämpfte zehn Minuten lang, ehe er den zappelnden Fisch aus dem Wasser heben konnte. Er entfernte den Haken und wollte ans Ufer zurückkehren.
     Eine rauhe Stimme sagte: »Gut gemacht, Freundchen, eine prima Mahlzeit für uns.«
     Der Mann, der das gesagt hatte, war mindestens siebzig. Er trug einen Tweedanzug, der schon bessere Tage gesehen hatte, und unter seiner Glengarry-Mütze schaute schlohweißes Haar hervor. Sein Gesicht war vom Wetter gegerbt, faltig und voller Bartstoppeln. In der rechten Armbeuge hielt er eine Schrotflin­ te.
     Hinter ihm erhoben sich zwei Männer aus dem Heidekraut. Einer war groß und grobknochig und grinste ständig. Das muß Rory sein, sagte Dillon sich. Der andere war Fergus, einen leuchtendroten Bluterguß auf einer Gesichtshälfte. Die Lippen waren geschwollen.
     »Das ist er. Da, das ist das Schwein, das mich angegriffen hat.« Während er das sagte, hob er den Lauf der Schrotflinte.
     Rory schlug die Waffe zur Seite, und sie entlud sich ins Erdreich. »Versuch nicht wie immer den Idioten zu spielen, kleiner Bruder«, sagte er auf gälisch.
     Dillon hatte als Ire keine Probleme, alles zu verstehen, so auch, daß Hector sagte: »Der sieht aber ziemlich mickrig aus«, während er zu einem Boxhieb ausholte.
     Dillon duckte sich, entging dem Hieb, aber er rutschte aus und stürzte ins seichte Wasser. Er rappelte sich hoch, und der alte Mann richtete drohend die Schrotflinte auf ihn. »Nicht jetzt, du tapferer Zwerg«, sagte er auf englisch. »Du bekommst schon deine Chance. Immer mit der Ruhe. Geh voraus.«
     Während Dillon sich in Bewegung setzte, sagte Fergus:
     »Warte ab, bis ich mit dir fertig bin.« Dabei schwang er den Kolben seiner Schrotflinte. Dillon wich lässig aus, und Fergus sackte auf ein Knie.
     Rory zog ihn am Kragen wieder hoch. »Hörst du jetzt, oder soll ich dir einen Arschtritt verpassen?« fragte er auf gälisch und stieß ihn vor sich her.
     »Gott helfe ihm, aber der lernt es nicht«, erklärte Dillon ihm auf irisch. »Einige Menschen werden eben nie erwachsen.«
     Rorys Mund klappte vor Erstaunen auf. »Bei Gott, Da, hast du das gehört? Das ist das seltsamste Gälisch, das ich je gehört habe.«
     »Weil es Irisch ist, die Sprache der Könige«, sagte Dillon. »Aber immer noch ähnlich genug, daß wir uns verstehen können.« Danach ging er vor ihnen her.

    Rauch stieg hinter den Bäumen auf, und Kinderstimmen waren zu hören. Demnach brachten sie ihn nicht zu Morgan, und er begriff, daß er sich verrechnet hatte. Sie stiegen in eine Senke hinunter, in der ein Lager aufgeschlagen war. Die drei Wagen waren alt und mit geflickten Zeltplanen bedeckt und weit von der romantischen Vorstellung einer Karawane entfernt. Die Aura der Armut lag über allem, von den schäbigen Kleidern der Frauen, die am Feuer hockten und Tee tranken, bis zu den nackten Füßen der Kinder, die im Gras in der Nähe mehrerer magerer Pferde spielten.
     Fergus versetzte Dillon einen Stoß, der ihn vorwärtsstolpern ließ, und die Frauen wichen auseinander. Die Kinder unterbra­ chen ihr Spiel und kamen neugierig näher. Hector Munro setzte sich auf eine alte Kiste, die von einer der

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