Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
Audriss! Es ist Rebaine! Bei allen Göttern, es ist Corvis Rebaine!«
»… sehr wahrscheinlich, dass er verwirrt ist«, beendete Rollie seinen Bericht vor Baron Jassion und Oberbefehlshaber Tyler. »Vermutlich weiß er nicht, was er da sagt. Dennoch, er war so hartnäckig und sich seiner Sache so sicher, dass ich es für das Beste hielt, Euch darüber Meldung zu machen. Es wird ihm nicht schaden, wenn Ihr ihn anhört, vielmehr könnte es ihn beruhigen und seine Genesung sogar beschleunigen.«
Jassion war bereits aufgesprungen. »Bring mich zu ihm. Auf der Stelle.«
Sie verließen das mit einem luxuriösen Teppich eingerichtete Arbeitszimmer von Lord Tyler und marschierten mit klackenden Schritten über die steinernen Böden des Herrenhauses. Obwohl Rollie angeblich die Führung übernommen hatte, musste er sich anstrengen, mit dem braunhaarigen Baron von Braetlyn Schritt zu halten. Der junge Baron, das hatte Rollie seit Jassions Eintreffen schon häufig festgestellt, tat nichts mit Maßen. Der finstere junge Mann war ein Bündel von kaum beherrschter Energie, ein Tornado, eingesperrt im Körper eines menschlichen Wesens. Jassion setzte sich nicht, wenn er gehen konnte, ging nicht, wenn er rennen konnte, und sprach nicht, wenn er schreien konnte. Bei manchen Menschen wäre das ein durchaus angemessener Charakterzug gewesen, doch bei Jassion wirkte es wie etwas, vor dem man sich hüten musste, das man vielleicht sogar fürchten sollte.
Oberbefehlshaber Tyler sah jedenfalls mehr wie ein Krieger aus. Seine silberglänzende Rüstung war weit gepflegter als der schwarze Schuppenpanzer, über dem Jassion einen Waffenrock mit dem seltsam fischartigen Wappen trug. Zudem war Tyler bemerkenswert muskulös, ein »rasierter Affe«, wie einige seiner Soldaten ihn beschrieben, und bewegte sich für einen Mann seiner Statur bemerkenswert geschmeidig. Er trug das Haar noch kürzer als Jassion, und seine Augen konnten ebenso kalt blicken. Dennoch empfand Rollie Jassion von Braetlyn als den gefährlicheren der beiden Männer.
Die unzähligen gepanzerten Krieger, durch die sich Rollie zuvor hatte mühsam drängen müssen, bildeten ohne Aufforderung eine Gasse vor den beiden mächtigen Männern. Schwere Wandteppiche flatterten im Kielwasser des Trios. Erst als sie den Gang erreicht hatten, in dem Rollies Patient untergebracht war, erlaubten sie dem Heiler vorauszugehen, und das auch nur, weil sie nicht wussten, in welchem Raum der Mann lag.
Rollie öffnete vorsichtig die knarrende Tür und schob den Kopf durch den Spalt, um nachzusehen, ob sein Schutzbefohlener schlief. Im selben Moment wurde er grob von Baron Jassion zur Seite geschoben. Die beiden Lords marschierten mit lauten, metallischen Schritten in den Raum, und es konnte keinerlei Zweifel daran bestehen, dass der Verletzte jetzt auf jeden Fall wach war.
»Was … Wer …?« Trotz der bemerkenswerten Fortschritte bei seiner Genesung schien er das Bewusstsein noch nicht zur Gänze wiedererlangt zu haben.
»Name und Dienstgrad, Soldat!«, blaffte Jassion den Mann an und baute sich am Fußende des Bettes auf.
Rollie wollte den Baron für seine Rücksichtslosigkeit tadeln, doch das erwies sich als überflüssig.
»Garras Ilbin«, erwiderte der Patient und straffte sich, so gut seine liegende Haltung es ihm erlaubte. »Hauptmann. Gegenwärtig … soll heißen, kürzlich auf Patrouille in Kervone abkommandiert.«
»Kervone?«, fragte Tyler ruhig. »Ein bisschen weit weg von Braetlyn, Mylord, meint Ihr nicht auch?«
Jassion warf dem Ritter einen kurzen, finsteren Seitenblick zu und beschloss dann, ihn zu ignorieren. »Dieses Individuum hier«, er deutete in Rollies Richtung, »behauptet, du hättest mir etwas zu melden.«
»Allerdings, Mylord. Wir wurden getäuscht. Dieser Audriss, falls er überhaupt existiert, ist bloß eine Tarnung. Unser wahrer Feind ist Corvis Rebaine.«
Jassions Augen blitzten, und obwohl dieser Name eine Reaktion in der Seele des Baron ausgelöst hatte, klang seine Stimme skeptisch, als er antwortete. »Hauptmann, du hast eine ziemlich schlimme Kopfwunde davongetragen. Du warst fast drei Monate lang bewusstlos. Verzeih mir daher, wenn ich deiner Einschätzung nicht so recht traue.«
»Mir ist klar, dass es verrückt klingt, Mylord«, erwiderte Garras. Die offenkundige Verachtung seines Lehnsherrn schien ihn nicht zu beleidigen. »Aber es ist die Wahrheit. Wir hatten gerade einen Oger entdeckt, der zwischen den Bäumen kurz vor Kervone lagerte
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