Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
unerschütterliche Zauberin zu einem nutzlosen, bebenden Nervenbündel zu machen.
Es waren seine Augen, leere, seelenlose, endlose Tunnel in eine Unendlichkeit von Nichts, die an ihrer Seele zerrten. Selbst in den bösartigsten Menschen gab es einen unwandelbaren Funken, der sie zumindest im Kern menschlich machte.
Mithraem war es ganz gewiss nicht.
Noch während sich die Kreatur ihr näherte, hob die Zauberin die Hände, und Silben, die älter als die Zivilisation waren, sprudelten ihr über die Lippen. Die Luft um sie herum knisterte, und der Raum roch nach Rauch und Ozon. Rheah wollte kein Risiko eingehen, um diesen Albtraum aufzuhalten. Der mächtigste Angriffszauber, den sie kannte, bildete sich vor ihr und attackierte ihren Feind: der Dolch der Götter.
Es war ein Strahl, aber kein Blitz. Energien aller Schattierungen, von blendendem Weiß bis zu gedämpftem Blau und Grün, zuckten durch ihn hindurch. Er traf Mithraems Brust und schleuderte ihn so fest gegen die gegenüberliegende Wand, dass die Ziegel zerbrachen und das Glas zerbarst. Sein Schwert fiel ihm aus der Hand und landete unbemerkt neben dem Fenster. Rauch stieg von den Brettern auf, als die Hitze nach außen drang, gleichzeitig bildete sich Frost auf den Wänden, als die uralten Energien gegeneinander um die Vorherrschaft kämpften. Ein Schlag aus reiner, elementarer Macht, der alles enthielt, was es gab, Erde und Feuer, Luft und Wasser, und nichts von dieser Welt hätte sich dagegen behaupten können.
Nur war Mithraem natürlich nicht von dieser Welt. Rheah stemmte sich sekundenlang in diesen Strahl, während ihr am ganzen Körper der Schweiß ausbrach. Die Energien flossen, Woge um Woge, und nagelten ihr Opfer an die Wand. Dann gingen ihr schließlich die Reserven aus. Mit einem letzten Knistern löste sich der Strahl auf, und Rheah sank auf die Knie, während sie heftig nach Luft rang.
Steine und Holz und Gips bewegten sich, Staub rieselte von den Wänden, und dann erhob sich Mithraem aus den Trümmern.
Seine Kleidung hing in Fetzen von ihm herunter, aufgelöst von dem Zauber. Asche bedeckte seinen Oberkörper und sein Gesicht, seine Brust waren mit Brandflecken übersät, sein Haar war verbrannt und entblößte einen schrecklich rußigen Schädel. Aber er stand. Dann kam er näher und riss den Mund zu einem höhnischen Grinsen auf, das seine weißen, strahlenden, perfekten Zähne in seinem schwarzen, verbrannten Gesicht zeigte.
Rheah war zu erschöpft, um auch nur wegzulaufen, und konnte nichts dagegen tun, als die Kreatur sich zu ihr herabbeugte, beinah sinnlich mit den Lippen über ihren Hals fuhr und begann, ihr das Leben auszusaugen.
28
Tyannon stand an dem einzigen Fenster des Raumes und hatte die Läden gerade so weit geöffnet, dass sie einen Blick auf die Stallungen werfen konnte. Zerstreut tippte sie mit einem Finger auf das Fensterbrett. Es war nicht so, dass sie dringend irgendwo anders hätte sein sollen, aber in letzter Zeit war sie etwas ungeduldig und hatte keine Ahnung, warum.
Die schweren Schneefälle des Winters hielten sie seit Wochen in dieser Stadt fest, weit länger, als sie hatten bleiben wollen. Allerdings erschwerte der Schnee auch das Reisen auf den Straßen so sehr, dass sich Corvis, wie er ihr gesagt hatte, keine allzu großen Sorgen darüber machte, dass sie verfolgt oder angegriffen würden.
Jetzt, da der Frühling sich allmählich regte, fast so zart wie ein neugeborenes Baby, würden sie bald weiterreisen. Corvis war zu den Stallungen gegangen, um irgendwelche Vorkehrungen zu treffen, während Tyannon ihre Habseligkeiten aus dem Zimmer zusammengepackt hatte. Hätte er sie noch vor wenigen Monaten so allein gelassen, wäre sie so schnell verschwunden, dass selbst die Götter Schwierigkeiten gehabt hätten, ihr zu folgen.
Doch jetzt? Tyannon wusste, dass sie keine Gefangene mehr war, nicht wirklich jedenfalls. Sie sagte sich, dass sie einfach nicht wusste, wohin sie gehen sollte, aber ihr war klar, dass das auch nicht stimmte.
Nein, die Wahrheit war, dass es Tyannon immer schwerer fiel, den Kriegsfürsten, von dem sie nichts als Schauergeschichten gehört hatte, mit dem Mann in Verbindung zu bringen, der mit ihr reiste. Sie kannte seine Verbrechen, schüttelte sich noch gelegentlich, wenn sie sich an die Horrorgeschichten erinnerte, und natürlich gab es die Erinnerungen an jenen Tag im Untergeschoss unter der Halle der Zusammenkunft. Aber der Mann, den sie kannte, der Mann, der irgendwie von der Welt
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