Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
.*
»Meine Güte, wie ordinär.«
*J A GENAU . A BER GENUG GEPLAUDERT , C ORVIS . D U HAST EIN V ERSPRECHEN ZU HALTEN .*
»Allerdings. Und so sehr dich das auch schockieren mag, ich habe vor, genau das zu tun.«
Corvis nahm das Armband mit den Fingerspitzen aus dem Schmutz. Dann ballte er die Faust um den Edelstein und konzentrierte sich.
*O H JA ! D AS WIRD SCHÖN , WIEDER FREI Z U SEIN , UND … C ORVIS ? H E , WAS MA CHST DU DA ?*
»Ich befreie dich. Wie ich es versprochen habe.«
*A BER … WAS SOLL DANN …?* Ein erster Anflug von echter Panik mischte sich in die Stimme des Dämons, sie klang, als würde er aus größerer Entfernung rufen als üblich.
»Ich schicke dich nach Hause. Dort wirst du vollkommen frei sein!«
*N EIN !* Corvis spürte, wie die gefangene Kreatur sich gegen seinen Willen wehrte, aber obwohl Khanda genug Kraft besessen hätte, um seine Kontrolle zu durchbrechen, war es bereits zu spät dafür. *C ORVIS ! C ORVIS , ICH WOLLTE HIER F REI SEIN . H IER , AUF DER E RDE !*
»Nun denn, das habe ich dir nicht versprochen.«
*C ORVIS !* Die Stimme klang jetzt ganz schwach, so als würde der Dämon über einen immer größer werdenden Abgrund schreien. *C ORVIS , WIR MÜSSEN MIT UNSER EM N AMEN GERUFEN WERDEN ! I C H BIN SEIT J AHRHUNDERTEN IN DIESEM AL BERNEN E DELSTEIN EINGESPERRT ! N IEMAND AUSSER DIR WEISS , WER ICH BIN ! W ENN DU DAS TUST , KANN ICH VIELL EICHT NIE WIEDER ZURÜCKKEHREN !*
»Ist dir das auch schon aufgegangen, ja?«, erkundigte sich Corvis beiläufig.
*C ORVIS ! D U M IST …*
Dann herrschte Schweigen. Der blutrote Edelstein flammte einmal kurz auf, wurde dann matt und zersprang. Corvis ließ das wertlose Armband fallen.
»So, jetzt zu dir«, sagte er finster und nahm den Ring mit dem roten Stein behutsam hoch. »Müssen wir allen Ernstes diesen albernen Wettkampf durchziehen, wer von uns beiden den stärkeren Willen hat?«
*A CH *, sagte Pekatherosh zögernd. *N EIN , ICH GLAUBE NICHT .*
»Gut.«
*D U SCHICKST MIC H EBENFALLS ZURÜCK , HAB ICH RECHT ?* Der Dämon klang beinahe resigniert.
»Genau genommen … nein. Ich sollte es vermutlich tun. Aber wenn ich in diesen letzten Monaten etwas gelernt habe, dann, dass man nicht gut genug auf das Unerwartete vorbereitet sein kann. Ich habe Khanda versprochen, ihn freizulassen, und ich habe mein Versprechen gehalten. Aber ich glaube, ich möchte gerne Zugang zu einem von euch beiden behalten, falls das jemals nötig sein sollte.«
*W AS HAST DU D ANN … R EBAINE , DU WÜRDEST DOCH NICHT …*
Der Ring verschwand in einem roten Blitz.
»Und ob ich das würde«, widersprach Corvis der leeren Luft.
In einer Eishöhle unter dem Gipfel der Terrakas-Berge fluchte Pekatherosh wütend, bösartig, laut und sehr, sehr lange.
Es war nur niemand da, der deshalb hätte erröten können.
»… die perfekte Gelegenheit, Lord Rebaine«, erklärte Ellowaine, während sie hinter ihrem Oberbefehlshaber her humpelte. »Die Stadt ist im Prinzip vollkommen wehrlos!«
Corvis nickte, während er sich den verrußten Türen der Halle der Zusammenkunft näherte, obwohl seine Miene weiterhin undurchdringlich blieb. Ohne das Tempo zu verlangsamen, stieß er die Türen auf, die mit einem synchronen Krachen gegen die Wände schlugen. Die drei durchquerten den Raum und hatten bereits die untersten Stufen der breiten Steintreppe erreicht, als das Echo endlich verstummte.
Seilloah zupfte gedankenverloren an ihrem schweren grünen Wollkleid, während sie neben Corvis herging. Eine Hand presste sie auf ihren mit Magie behandelten und jetzt recht vollen, wenngleich immer noch schmerzenden Magen. Sie hatte sich das neue Kleidungsstück aus dem offenen Fenster eines verlassenen Hauses geangelt, weil ihr letztes Kleid viel zu kaputt war, um noch in irgendeiner Weise sittsam zu sein. Der grüne Stoff bedeckte zwar ihre Blöße, aber die Farbe war einfach widerlich, schließlich erinnerte sie an die Farbe einer sterbenden Pflanze, und die Wolle hätte nicht schlimmer jucken können, wenn sie aus lebenden Insekten gewoben worden wäre.
»Ellowaine hat nicht ganz unrecht«, sagte Seilloah schließlich, als sie den oberen Treppenabsatz erreichten und in den Flur einbogen. Jetzt konnte der Wind ungehindert durch das obere Stockwerk des Gebäudes pfeifen, weil das Dach nicht mehr existierte. Er wehte freudig um sie herum, ohne zu bedenken, dass die Situation nach wie vor ernst war und ein gewisses Maß an Nüchternheit weitaus angebrachter gewesen
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