Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
liebenswürdig. »Ich würde der trauernden Familie ganz bestimmt nicht noch mehr Ärger bereiten wollen.« Er grinste unaufrichtig. »Die Leute neigen dazu, das Bezahlen zu vergessen, wenn sie aufgewühlt sind.«
Der Wachsoldat knurrte zustimmend.
»Ich verstehe ebenfalls«, fuhr Corvis fort und senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern, »dass einige deiner Kameraden von der Wache den Mistkerl vor dem Haus des Gildemitglieds tatsächlich bekämpft haben. Ich würde nur zu gern mit einem von ihnen sprechen. Vielleicht kann er mir ja etwas Neues erzählen. Selbstverständlich würde ich mich mehr als großzügig erweisen, wenn mir jemand den richtigen Weg zeigen würde.«
Der Soldat runzelte unsicher die Stirn. »Ich glaube nicht«,
erwiderte er gedehnt, »dass ich über diese Dinge reden sollte, wisst Ihr? Ich meine, die Namen von Wachsoldaten einfach an Fremde weiterzugeben …«
Corvis seufzte und griff nach dem Lederbeutel an seinem Gürtel, während er leise etwas vor sich hinmurmelte. Dann zählte er klirrend zehn Goldmünzen in die Handfläche des vollkommen verdatterten Soldaten.
»Fragt nach Korporal Tiviam«, flüsterte der Mann atemlos. »Er ist in den Baracken innerhalb des Burgfrieds stationiert, deshalb können wir nicht zu ihm, aber er trinkt gerne mal einen im Drei Laken.«
Natürlich tat er das. Corvis schüttelte den Kopf und fragte sich, wann die Götter sich endlich genug auf seine Kosten amüsiert hatten.
Ich glaube, das wird noch eine ganze Weile so gehen. Ich für meinen Teil lache immer noch über dich.
»Ihr solltet keine Schwierigkeiten haben, ihn dort zu finden«, fuhr der junge Soldat fort. »Er ist seit jenem Tag sehr oft in der Schenke, und sein Arm steckt immer noch in einer Schlinge.«
Corvis bedankte sich mit einem Nicken und ging davon. Er wollte weg sein, bevor der Zauber der Illusion verblasste und die vermeintlichen Goldmünzen sich wieder in einfache Nickelstücke verwandelten.
»… hätte sich vielleicht herausreden können«, sagte Borinder und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. »Aber dann …« Er musste kichern, und sein Gesicht rötete sich.
»Ja?«, setzte Tiviam nach. Er war amüsiert, wenngleich auch frustriert von seinem witzigen Kameraden. Der Mann hatte wirklich einige großartige Geschichten auf Lager, aber er konnte sie einfach nicht gut erzählen.
»Dann«, stieß Borinder endlich hervor, »ist er losgegangen, zu
seiner Frühschicht, und hat seiner eigenen Frau eine Handvoll Münzen auf den Nachttisch gelegt.«
Die anderen Soldaten wieherten vor Lachen, und Tiviam lachte lauter als alle anderen. Selbst während er nach Luft schnappte und sich die Tränen von den Wangen wischte, machte er sich kurz Sorgen, ob sie vielleicht ihre Gegenwart verrieten. Aber nein! An einer Gruppe von Arbeitern, die sich nach einem harten Arbeitstag ein bisschen amüsierte, war doch nichts Verdächtiges, oder?
Außerdem war der Hauptmann, über den Borinder sich gerade ausgelassen hatte, nicht nur ein Splitter im Hintern aller Anwesenden, sondern auch so gut wie von der gesamten Stadtwache von Denathere. Kein Wachsoldat, egal ob Frau oder Mann, würde auch nur eine einzige Sekunde Mitleid mit ihm haben.
»In Anbetracht der Tatsache, an welchem Ort Hauptmann Lorkin die meisten Nächte verbringt«, mischte sich Arral ein, »ganz zu schweigen davon, wie er seinen Sold durchbringt, kann seine Frau von Glück reden, dass er ihr nur ein paar Münzen gegeben hat. Ich kann kaum glauben, dass keiner von ihnen einen ordentlichen eitrigen …«
Die vier hoben die Köpfe und blickten über den Hof sowie den gewundenen Pfad zum Haus, als die Eingangstür langsam aufschwang. Tiviam erwartete einige in Seide und Samt gehüllte Leute oder Gäste, die früher gingen, oder einen uniformierten Wachsoldaten, der kurz das Grundstück inspizierte.
Stattdessen gewährte ihm die offene Tür einen Blick in die Hölle.
Haut und Knochen lagen in der gesamten Diele verstreut, Blut war in den Teppich gesickert, bedeckte die Wände. Er konnte die Gesichter der Toten nicht ausmachen, aber das war auch nicht nötig, denn er kannte die Namen aller Soldaten im Haus.
Einige Herzschläge lang konnten die vier gut ausgebildeten, erfahrenen Angehörigen von Denatheres Stadtwache keinen einzigen Muskel rühren. Ihre Seelen schienen mit Sargnägeln in die Erde genietet zu sein.
Das ist unmöglich!
Tiviam hätte schwören können, dass er die Worte gehört hatte, so laut, dass sie
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