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Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Titel: Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ari Marmell
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von den Dächern widerhallten. Erst viel später sollte ihm klar werden, dass er sie nur gedacht hatte. Wir hätten doch etwas hören müssen. Wir hätten etwas hören müssen!
    Ebenso unvermittelt, wie das Gemetzel enthüllt worden war, wurde es auch wieder verborgen, denn die Hölle, die jenseits dieser Tür lag, spie einen eigenen Teufel aus. Er schien nicht in die offene Tür zu treten, sondern erschien dort, war urplötzlich einfach da. Eine riesige Gestalt aus blanken Knochen und Schwärze, scharf wie eine gezackte Klinge. Das Blut rann in Strömen von der grotesken Axt in seiner Hand, und es war weit mehr, als an dieser Schneide hätte haften bleiben können.
    Tiviam wusste es. Er wusste, wie ein ganzes Haus voller Menschen ohne den geringsten Laut abgeschlachtet werden konnte. Er wusste, wie so viele Wachsoldaten von einem einzigen Feind getötet werden konnten.
    Er wusste, wem er sich da gegenübersah.
    Und Tiviam machte das Mutigste, was er in seiner ganzen Laufbahn je getan hatte, eine Handlung, die ihm später eine Beförderung und einen Orden einbringen sollte, den er auf Borinders Grab würde rosten lassen: Er brüllte seine Männer an, sie sollten angreifen.
    Der Schrecken des Ostens trat ihnen entgegen, und sofort hallten panikerfüllte Schreie über die Straße. Passanten, die Tiviams Befehl aufgescheucht hatte, schubsten sich zur Seite und stolperten übereinander, weil sie vor dem Entsetzen fliehen wollten, das sie alle erkannten. Einige sollten später berichten, wie sich eine Gruppe mutiger Zivilisten – Tiviams Leute waren immerhin wie normale Handwerker gekleidet – auf diesen wandelnden Albtraum gestürzt und allen anderen damit die Zeit erkauft hatte zu flüchten. Und dies war der einzige Gedanke, der Tiviam in den folgenden Monaten vor dem Wahnsinn rettete.

    Borinder mit seinen langen, flinken Beinen war der Erste, der den Schrecken des Ostens erreichte. Tiviam konnte nicht einmal genau sagen, was dann passierte, er wusste nur noch, dass er einen undeutlichen Wirbel von Klingen wahrnahm und kurz darauf hörte, wie das Schwert des freundlichen Soldaten zerschmettert wurde. Ein zweites Mal blitzte eine Waffe auf, ebenso schnell, und dann lag Borinder selbst in Stücke gehauen auf dem Rasen.
    Der Schrecken hob die Hände mit den Handflächen nach oben, und ein Strom aus flüssigen Flammen, der einen jeden Vulkan mit Neid erfüllt hätte, zuckte durch die Luft. Nassan hatte nicht einmal mehr die Zeit zu schreien, als die Hälfte seines Körpers einfach schmolz und von den Knochen abfiel. Arral warf sich verzweifelt zur Seite und hatte Glück. Obwohl ein Teil seines Beines wie brennendes Fett wegbrutzelte und er nie wieder ohne Krücken würde laufen können, überlebte er. Die Götter waren sogar so freundlich, ihm eine Ohnmacht zu gewähren, so dass er eine Weile im Reich von Shashar Traumsänger zubrachte, statt die Qualen seines zerstörten Beines ertragen zu müssen.
    Damit stand Tiviam mit einem Mal alleine vor dem Mann, der einer ganzen Nation verheerende Narben zugefügt hatte. Er war tot. Tiviam ging jedenfalls davon aus, dass er tot war. Doch er sollte sich irren.
    Mit letzter Verzweiflung griff er an und versuchte mit seinem Breitschwert durch die Rüstung zu stoßen, hinein in das schwarze, faulige Herz dieses Mistkerls. Aber der Schrecken des Ostens bewegte sich weit schneller, als jeder Mann es vermocht hätte, und der Wachsoldat nahm ein unheimliches rotes Glühen unter dem Brustpanzer des Kriegsfürsten wahr. Das Breitschwert glitt an seinem Ziel vorbei, woraufhin der schwarz gepanzerte Arm nach unten schoss und Tiviams Ellbogen in einem Griff fing, der ebenso nachgiebig war wie Stahl.
    Eine Drehung, eine kaum wahrnehmbare Biegung, und Tiviam krümmte sich vor Qualen. Das Schwert fiel ins Gras, als sein Arm
nutzlos an seinem Körper herunterbaumelte. Der Knochen war gebrochen und der Ellbogen aus dem Gelenk gerissen.
    Leere Augenhöhlen starrten in furchterfüllte Augen. Tiviam erzitterte unter der Wucht der Betrachtung des Todes und hoffte nur, dass dieser dem Schmerz ein Ende bereiten möge.
    Dann fiel er hin, da er nicht mehr gestützt wurde. Denn der Schrecken des Ostens war einfach verschwunden.
     
    Korporal Tiviam aufzuspüren war genauso einfach gewesen, wie der Wachsoldat angedeutet hatte. Corvis und die anderen waren im Drei Laken eingekehrt, und schon am zweiten Abend tauchte ein breitschultriger Bursche mit kurz geschorenem Haar auf, dessen linker Arm in einer

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