Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
gestorben sein, bevor wir auch nur in seine Nähe gekommen sind.«
»Und er wird vielleicht nicht der Einzige sein«, sagte Kaleb.
»Das ist immerhin besser als nichts«, mischte sich Mellorin ein, die keine Lust auf einen weiteren Streit hatte. »Außerdem ist es mehr, als wir vorher hatten.«
Kaleb lächelte sie liebenswürdig an.
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit, nicht wahr?«, sagte
Jassion. »Soweit ich weiß, hatte Rebaine während des Schlangenkrieges vier Leutnants. Wir haben erst drei von ihnen gefunden. Wir könnten versuchen, den vierten aufzustöbern. Diese Frau, Ellwyn oder so ähnlich.«
»Ich dachte, du hättest es satt, durch das ganze Land zu trippeln und die Leute meines Vaters zu jagen?«, meinte Mellorin.
»Das stimmt auch. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es besser ist, wenn wir nur ein Drittel des Reiches abreiten und nach Rebaine suchen.«
»Ellowaine.«
Der Baron und die Tochter des Kriegsfürsten blinzelten.
»Was sagst du?«, fragte Jassion.
»Ihr Name«, erklärte Kaleb, »lautet Ellowaine. Um die Frau habe ich mich bereits gekümmert. Sie kann uns nichts Neues erzählen.« Mehr wollte er nicht verraten, ganz gleich wie sehr Jassion ihn drängte und Mellorin ihn ermunterte.
»Also gut!« Der Baron hatte offenbar die Nase voll. »Bringen wir die Angelegenheit hier zu Ende, damit wir endlich weiterreiten können.« Er trat zu dem schlafenden Oger, während sich seine Hand dem Griff von Kralle nährte.
»Nein!« Mellorin hatte nicht einmal bemerkt, dass sie etwas gesagt hatte, bis sie das schwache Echo ihrer eigenen Stimme hörte.
»Ach, hör endlich auf damit!«, schnarrte ihr Onkel. »Wenn du den Rest deines Lebens über einen x-beliebigen Oger trauern willst, dann ist das deine Angelegenheit. Ich muss das nicht verstehen. Aber das hier ist Davro! Wie viele unschuldige Menschen hat er auf Rebaines Befehl hin abgeschlachtet? Und wie viele wird er noch umbringen, wenn wir ihn am Leben lassen?«
»Es sieht nicht so aus, als wäre er sonderlich stark daran
interessiert, irgendjemanden zu töten«, bemerkte Mellorin und deutete auf das Tal.
»Das steht nicht zur Diskussion«, erwiderte Jassion kalt. »Und du musst dringend lernen, mit deinem Kopf zu denken, statt mit deinem Herzen.«
Kaleb begann schallend zu lachen. Er krümmte sich zusammen, hielt sich den Bauch, und nur dank der Wand des Hauses blieb er aufrecht stehen. »Das kommt ausgerechnet von dir«, keuchte er, als er endlich wieder Luft bekam. »Deine Heuchelei muss selbst die Götter vor Neid erblassen lassen. Ich nehme an, dass dir bereits ein Ehrenplatz im Reich von Vantares reserviert ist, wo der gesamte Götter-Pantheon sich versammelt, um zu deinen engelsgleichen Füßen zu sitzen und von dir zu lernen.«
Selbst unter dem Kettenpanzer und im dämmrigen Licht von Mond und Sternen sahen sie, wie der Baron die Schultern anspannte. Als er Kralle hob, vibrierten seine Hände vor unterdrückter Wut.
»Du wirst«, fuhr Kaleb deutlich ernsthafter fort, »diesen Oger nicht töten. Und das steht, wie du gerade richtig sagtest, nicht zur Diskussion.«
»Warum ist das so, Hexer?«, wollte Jassion wissen, der zumindest für den Augenblick innehielt. »Ganz sicher nicht, weil Ihr hofft, dadurch noch mehr von der fehlgeleiteten Gunst meiner Nichte zu gewinnen?«
Mellorin keuchte, und es war nicht zu erkennen, ob die roten Flecken auf ihren Wangen von Verlegenheit oder von Wut herrührten. Vielleicht war es auch beides.
Kaleb streckte beschwichtigend eine Hand aus, blieb jedoch ansonsten auf den Baron konzentriert. »Weil wir, Mylord Kretin, eventuell zurückkommen und meine Bemühungen, Rebaines Zauber von Davro aus zurückzuverfolgen, verstärken müssen, falls wir den Schrecken des Ostens
nicht in absehbarer Zeit aufspüren können. Und dazu muss der Oger noch am Leben sein.«
Sie hörten Jassions angestrengtes Keuchen, als er sich zu einer Entscheidung durchrang.
»Sieh dich um«, fuhr Kaleb fort. »Davro hat ganz offenkundig nicht vor, irgendwo hinzugehen. Sobald wir Rebaine erledigt haben, kannst du immer noch zurückkommen und tun, was du für nötig hältst. Aber bis dahin solltest du ausnahmsweise mal mit deinem Kopf denken.«
Jassion stieß Kralle mit einem vernehmlichen Zischen in die Scheide zurück. Er sagte kein Wort und ging zu den Pferden, ohne auf seine Gefährten zu warten, die ihm im Laufschritt folgten.
Die dunkle Nacht und der tückische Bergpfad machten die Reise nervenaufreibend, aber
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