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Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Titel: Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ari Marmell
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Bilder durch die wogende Welle aus Schmerz in ihrem Hirn zu ihr durch.
    Zufrieden, dass sie keinen bleibenden Schaden genommen hatte, öffnete sie die Augen. Obwohl das Licht gedämpft war, blendete es sie, und sie musste heftig schlucken, damit sie sich nicht erbrach.
    Aber wie schon ihre Gedanken sich allmählich geklärt hatten, erholte sich bald auch ihre Sehkraft.
    Sie bewegte sich sehr behutsam und untersuchte ihre Umgebung so gut sie konnte. Sie lag in einem der Räume der Absteige, vermutlich im ersten Stock, nach dem Knarren zu urteilen, das durch das verrammelte Fenster drang. Winzige unsichtbare Lebewesen krochen unter dem Matratzenbezug
herum und bildeten kleine Beulen, die sich bewegten. Sie saß auf einem wackligen Stuhl und war, wie sie feststellte, als sie die Arme bewegen wollte, daran gefesselt.
    Nein, Moment mal. Es waren zwei Stühle, die Lehne an Lehne aneinanderstanden, damit sie das Holz nicht so leicht zerbrechen konnte. Sie grinste bösartig. Wer auch immer sie gefangen genommen hatte, wusste genau, was er da tat.
    Aber das weiß ich auch .
    Sie hob das Gesicht zur Decke und stöhnte, als würde sie gerade aufwachen. Es war nicht allzu schwer, den Schmerz vorzutäuschen.
    Hinter ihr senkte sich die Spitze ihres linken Zopfes in ihre wartenden Hände. Rasch betastete sie mit Daumen und Zeigefinger ihr Haar und zog ein Metallstück heraus. Es war nicht groß, nur eine abgeflachte Nadel mit scharfen Kanten. Aber wenn sie ausreichend Zeit hatte, würde sie genügen.
    Noch während sie sich an den Stricken zu schaffen machte, sah sie sich im Raum um. Sie musste sie ablenken, koste es, was es wolle!
    »Ich weiß nicht, wer ihr seid«, begann sie, »aber ihr habt einen riesigen …«
    Er trat aus dem Schatten heraus, die verdammte Katze beinah zärtlich in den Armen, und strafte ihre Worte Lügen. Sie wusste ganz genau, wer er war.
    »Das ist keineswegs die Art und Weise, wie ich mir ein Wiedersehen zwischen uns gewünscht hatte, Ellowaine.«
    »Da sprichst du nur für dich selbst, Rebaine. Ich für meinen Teil werde dich erledigen, sobald ich die Gelegenheit dazu bekomme.«
     
    Unbemerkt von dem Häscher und seiner Gefangenen versteifte sich Seilloah plötzlich. Sie machte einen Buckel, und
ihr Schwanz wurde so buschig wie der eines Eichhörnchens. Hatte sie gerade etwas gefühlt? Etwas in der Luft oder gar im Äther? Wenn doch bloß dieser Schmerz aufhören würde, wenn sie sich nur konzentrieren könnte, dann wäre sie sicher, aber jetzt …
    Nein. Was auch immer es war, falls es überhaupt etwas gewesen war, es war verschwunden. Sie zwang sich dazu, sich zu beruhigen, und drehte ihre Ohren, um sich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren.
     
    Ellowaine rannte durch einen Wald aus hölzernen Balken, der schlicht »das Dickicht« hieß. Mit ihren Faustäxten hinterließ sie Kerben und Splitter, wo immer sie vorüberging. Einige Holzbalken hingen schlaff herunter, andere schwangen an knarrenden Seilen hin und her, und wieder andere waren so gewichtet, dass alles außer einem perfekten Schlag sie in eine Drehbewegung versetzte, wodurch ein Weidenstock schmerzhaft auf dem Rücken eines Angreifers landen würde.
    Jedenfalls hatte man ihr das gesagt. Bis jetzt hatte sie jedoch nicht einen dieser Balken ausgelöst.
    Eigentlich war das gar keine richtige Ausbildung, sondern ein Schauspiel, bei dem sie sich immer und immer wieder vor cephiranischen Offizieren beweisen musste, von dem sie jeden Einzelnen auf dem Schlachtfeld mit Leichtigkeit niedergestreckt hätte. Sie hatte diesen Parcours heute bereits zweimal absolviert, und der einzige Unterschied war diesmal der, dass sie die Decke aus Leinwand entfernt hatten, damit der Schnee herunterfiel und den Boden unter ihren Füßen trügerisch glitschig machte.
    Aber auch das konnte sie nicht aufhalten, sondern führte nur dazu, dass sie in den wenigen Sekunden, in denen sie sich nicht bewegte, unbehaglich fröstelte.
    Schließlich erreichte sie das Ende des Dickichts und schloss die Aufgabe mit einer schnellen Drehung ab. Dabei sank sie mit einem
Knie in den Schnee, schlug nach oben und hinten gleichzeitig und grub beide Faustäxte in die hölzernen Rücken zweier feindlicher »Krieger«. Erst danach bemerkte sie den Mann, der unmittelbar außerhalb der Pfosten stand und sie aufmerksam beobachtete.
    Es war ein stämmiger Hüne mit einem dichten schwarzen Bart. In seiner Jugend mochte er einem gepanzerten Bären geglichen haben, seit das Alter ihn jedoch

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