Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
müssen. Trotzdem tauchte er jetzt so tief darin ein wie nie zuvor, und sein Verstand zuckte vor dem lustvollen, sadistischen Heulen der Waffe zurück. Er spürte, wie die infernalische Magie durch ihn hindurchströmte, bis er aufschrie, als das Blut in ihm zu kochen drohte. Ein feuriger Schleier legt sich über seine Sinne, so dass er nur noch ein paar Schritte weit sehen konnte. Innerhalb dieser Spanne glich sein Blickfeld allerdings dem eines Gottes. Jeder Kieselstein auf dem Boden, jeder Grashalm, selbst die Windströmungen waren für ihn deutlich zu erkennen. Er hörte den Hufschlag der Pferde nicht als ein ständiges Donnern, sondern als getrennte und klar unterscheidbare Geräusche, wie den stetigen Schlag einer langsamen Trommel.
Als die Pfeile um ihn herum zu Boden gingen, fielen sie nicht wie harte Regentropfen, sondern schwebten sanft wie Schneeflocken herab. Er stellte sich in die Steigbügel, und es kostete ihn nicht die geringste Mühe, sie mit Spalter hinwegzufegen, bevor sie ihn auch nur einen einzigen Tropfen Blut kosten konnten.
Im Nu waren sie verschwunden, zischten an den vollkommen erschütterten Bogenschützen vorbei und landeten tief in den flachen, gewundenen Schluchten der felsigen Hügel.
Corvis sprang aus dem Sattel und ging über einen schmalen Pfad, während er sich suchend nach einer Senke, einer Höhle oder einem Felsüberhang umsah, nach irgendeinem Eingang in die felsigen Tiefen eben. Innerlich rang er mit der Macht, die ihn durchströmte, und bemühte sich darum, sie in die Waffe zurückzuzwingen, die er noch immer in der Faust hielt. Wie eine langsame Woge zog sie sich zurück und hinterließ Brandflecken auf seiner Seele.
Er hatte gerade noch genug Zeit zu hoffen, dass die anderen mehr Glück gehabt hatten als er, eine Deckung zu finden,
bevor sein Körper sich dem glühenden Schmerz ergab und er schlaff zu Boden fiel.
Als Corvis wieder zu sich kam, schlug er die Augen auf.
Eine Katze saß vor seinem Gesicht. »Wie fühlst du dich?«, fragte sie.
»Bei allen süßen, gnädigen Göttern, Seilloah, was zum Teufel hast du gegessen?«
Die Katze nickte und wandte sich ab, während Corvis trocken würgte. »Es geht ihm gut!«, rief sie.
Schritte ertönten, natürlich die von Irrial, und Corvis nahm sich einen Moment Zeit, um sich zu orientieren. Er lag auf seiner Decke am Ende einer, so weit er in dem dämmrigen Licht sehen konnte, bemerkenswert schmalen und hohen Höhle, die kaum mehr war als eine Nische im Fels, fast wie eine Schüssel, die hochkant stand. Von der Hüfte aufwärts war er nackt, von Seilloah auf seiner Brust mal abgesehen. Er verlagerte sein Gewicht und stellte fest, dass die Decke unter ihm schweißnass war.
Zusammen mit dieser Erkenntnis trat auch ein heftiger Schmerz in sein Bewusstsein, der ihm bis auf die Knochen ging und seinen ganzen Körper wie einen Schleier überzog. Er konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken.
»Vielleicht jedoch nicht ganz so gut«, sagte er zu Seilloah und presste die blassen, spröden Lippen zusammen.
»Du hast nur noch mit einer einzigen Fingerspitze am Leben gehangen, Corvis. Dieses verdammte Ding hat dich von innen heraus verbrannt. Du kannst von Glück reden, dass es mir gelungen ist, dich wenigstens so weit zu heilen.«
»Ich kann von Glück reden, dass du eine ganze Menge Dinge für mich getan hast, Seilloah. Ich danke dir.«
Die Katze lächelte, was ein recht verstörendes Bild abgab. Dann kniete Irrial sich neben ihn. Er drehte den Kopf und
stellte fest, dass das gedämpfte Licht, das er zuvor wahrgenommen hatte, von einem winzigen Lagerfeuer stammte – eigentlich eher von zwei gekreuzten Fackeln, die in der Mitte der Höhle brannten.
»Ich habe noch nie gesehen, wie sich jemand derart bewegt hat«, sagte sie und presste ihm einen nassen Lappen auf die Stirn. »War das derselbe Zauberspruch, den du an den Pferden gewirkt hast?«
»Nein.« Er deutete mit einem Finger auf Spalter, der ein Stück neben ihm lag. »Das war der da.« Er blinzelte. »Wo sind die Pferde eigentlich?«
»Weg«, antwortete Seilloah. »Sie lagen im Sterben. Wir haben sie durch deinen Zauber zu stark beansprucht. Ich hielt es für das Beste, sie ein Stück wegzuschaffen, bevor sie tot umfielen, um eine falsche Spur zu legen.«
»Verdammt.«
»Allerdings. Wir können nur hoffen, dass dein Plan aufgeht.«
Wir müssen uns auf deinen Plan verlassen? Ach, du liebes bisschen. Ich bin nicht einmal real und damit trotzdem am Arsch.
Corvis
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