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Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers

Titel: Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ari Marmell
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niemand Reales , erinnerte ihn kichernd eine allzu vertraute Stimme in seinem Hinterkopf.
    Corvis wandte sich vom Fenster ab und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Er war nicht einmal in der Lage, die wenigen Schritte bis zur Tür und zu der klobigen Matratze zu gehen. Er wusste nicht, wann er das letzte Mal so müde gewesen, von seinem eigenen Körper derart niedergedrückt worden war. Mit einem spöttischen Grinsen gestand er sich jedoch ein, dass es durchaus auch an seinem schlechten Gedächtnis liegen konnte. Dies hier mehr als eine körperliche Erschöpfung, von der man sich nach einem oder zwei Tagen Ruhe und ein
paar durchgeschlafenen Nächten wieder erholt hätte. Vielmehr hatte er das Gefühl, in einem Sumpf aus mentaler und emotionaler Müdigkeit zu versinken und zu ersticken, in einem Sumpf, der so dick war, dass er fast daran verzweifelte.
    Seit den finstersten Tagen im Schlangenkrieg hatte er sich nicht mehr so verzweifelt gewünscht, dass die Welt ihn in Ruhe lassen und ihn mit ihren unaufhörlichen Forderungen verschonen möge. Er fürchtete den Gedanken, nach Mecepheum und damit in den Morast der Gilden und Adelshäuser, von Politik und Korruption zurückzukehren, und im tiefsten Winkel seiner Seele flehte eine Stimme, seine eigene Stimme ihn an, all das einfach aufzugeben.
    Vergiss das Geheimnis, vergiss die Verschwörung, vergiss Imphallion. Du bist nicht dafür verantwortlich, das warst du nie. Jemand hat in deinem Namen gemordet, na und? Die Leute können dich unmöglich noch mehr hassen, als sie es jetzt schon tun. Warum also weitermachen? Wieso suchst du dir nicht irgendwo ein Haus, weit weg von der cephiranischen Grenze, und verbringst die dir verbleibenden Jahre in Ruhe und Frieden?
    Natürlich kannte er die Antwort auf diese Frage: der Grund war sein Gefühl für das übergeordnete Gute. So getrübt und abgewetzt, so rigide und kompromisslos es auch sein mochte, es hatte ihm erlaubt, mehrere tausend Menschen zu ermorden, um mehrere Millionen zu retten. Seine Loyalität für seine Gefährten, die mit ihm gekämpft und geblutet hatten. Seine Sorge für seine Familie, die er zwar verloren hatte, die er aber immer noch liebte. Und, auch das gestand er sich ein, sein eigener Stolz, eine gewaltige Feuersäule, die sich nun mal nicht löschen ließ.
    Hätte jemand Corvis Rebaine an jenem Abend gefragt, ob diese Gründe genügten, ob sie gewichtig genug waren, um den Kampf fortzusetzen, hätte er nicht aus ganzem Herzen mit Ja antworten können.

    Just dort, auf dem tiefsten Punkt seiner inneren Grube der Erschöpfung und Verzweiflung, beschlossen die Götter auf ihre besondere, unnachahmliche Art und Weise, ihn aus alldem herauszureißen.
    Corvis erhob sich von seinem Stuhl, wobei sein Verstand und seine Muskeln unter der Anstrengung ächzten, bevor ihm klar wurde, dass das Hämmern an der Tür nicht so klang, als käme es von Irrials zierlichen Fäusten. Er richtete sich auf und betrachtete die Tür nachdenklich. Sie bot nicht die geringste Sicherheit. Er hatte nicht daran gedacht, sie zu verschließen, als er in den Raum gestolpert war, was keine große Rolle spielte, weil sowohl der Riegel als auch die Tür so schwächlich waren, dass ein wütendes Kaninchen sie hätte einreißen können, vorausgesetzt, es hatte ausreichend Anlauf genommen. Er spielte mit dem Gedanken zu schweigen, aber das würde niemanden länger als ein paar Sekunden aufhalten.
    Also trat er zurück ans Fenster. Du bist paranoid, Corvis, sagte er sich. Vermutlich ist es bloß der Wirt. Trotzdem rief er erst »Herein!«, nachdem er Spalter von der Stelle unter dem Fenster genommen hatte.
    Die Tür öffnete sich mit einem melodramatischen Knarren. Davor stand eine massige Gestalt, vom flackernden Licht der Laternen im Flur beleuchtet. Corvis rauschte das Blut in den Ohren, während sein Körper und seine Gliedmaßen sich an alte Qualen erinnerten. Alles, was ihm bei dem Anblick einfiel, war: »Es erstaunt mich, dass Ihr Euch so weit zusammenreißen konntet, die verdammte Tür nicht einfach einzutreten.«
    »Ich habe es nicht für nötig gehalten, etwas zu überstürzen«, erwiderte der Baron von Braetlyn. »Denn auf diesen Augenblick habe ich mich wahrlich schon lange gefreut.«

19
    »Seid Ihr Euch wirklich sicher?«
    Der glühende Blick des Hexers hätte die Haut eines Elefanten aus fünfzig Metern Entfernung versengen können, obwohl er durch die müden, halb gesenkten Lider ein wenig gedämpft wurde.
    »Das ist eine

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