Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
dass der Mann, an dessen Namen er sich nicht erinnern konnte, inzwischen gefallen war. Jetzt standen Irrial und Rannert den Cephiranern allein gegenüber. Spalter wirbelte durch die Luft, erwischte einen Soldaten, der ihn angriff, seitlich und hob ihn kurz hoch, bevor er ihn in zwei Teile hackte. Die meisten Krieger, die vor dem herandonnernden Pferd ausgewichen waren, kamen nun wieder näher, und Cerris fragte sich fluchend, ob er Irrial rechtzeitig erreichen konnte.
Da stürzte Rannert, der steife, gesetzte alte Rannert, an dem Soldaten vor ihm vorbei, ignorierte einen schmerzhaften Schlag in die Rippen und warf sich auf die Mauer aus Cephiranern, die seine Baroness von ihrem möglichen Retter trennte. Mit seinem Schwert und blanken Fäusten, mit den Füßen und sogar mit den Zähnen attackierte er seine Gegner, schlug blindlings zu und biss in Haut, Fleisch und blanke Rüstungen. Die Klingen der Cephiraner durchbohrten alte Haut und zertrümmerten morsche Knochen, dennoch weigerte sich der treue Diener zu fallen. Nicht jetzt, nur noch einen kleinen Moment …
Cerris starrte den ehrwürdigen Butler ehrfürchtig an, während er weiter auf die Gruppe zugaloppierte, und er wollte verdammt sein, wenn ihn Rannert in diesem Moment nicht zum ersten und letzten Mal in seinem Leben angrinste. Dann preschte er durch die Gasse, die Rannerts verzweifelter Angriff in die Reihe der Cephiraner gerissen hatte. Cerris nahm Spalter in die linke Hand und streckte den rechten
Arm aus, um Irrial zu packen. Mit einem schmerzlichen Grunzen, das ebenso von ihm wie von der Baroness stammen konnte, dessen war sich Cerris nicht sicher, riss er sie vom Boden hoch und setzte sie ungelenk hinter sich auf das Pferd.
Im nächsten Moment galoppierten sie davon und ließen die Cephiraner bald weit hinter sich zurück. Dennoch hütete sich Cerris, das Tempo zu drosseln, für den Fall, dass ein reaktionsschneller Soldat auf die Idee kam, ein weiteres Pferd zu befreien und sie zu verfolgen. Er spürte, wie die Baroness sich an seinen Rücken klammerte, fühlte ihr Gesicht an seinem Hals und ihre Tränen auf seiner Haut.
Aber da er in der einen Hand Spalter hielt und in der anderen die Zügel und da zudem seine Stimme vom Donnern der Hufe übertönt wurde, konnte er nicht einmal den Versuch machen, sie zu trösten.
»Es ist fast keiner mehr übrig«, sagte sie leise, als der Abend heraufzog. Es waren die ersten Worte, die sie seit dem schrecklichen Kampf sprach. »Ein paar Männer sind zwar weggelaufen, aber ich weiß nicht, ob sie wirklich entkommen sind.«
Cerris hatte das arme Pferd gnadenlos angetrieben und bis zur Erschöpfung quer über die unebene Steppe weit weg von der Straße im Galopp gehalten. Dann hatte sich das keuchende, schweißüberströmte Tier in irgendeinem Karnickelloch ein Bein gebrochen. Irrial hatte mit rotgeränderten Augen zugesehen, wie Cerris und Spalter den Qualen ein Ende bereiteten.
Aber das Pferd hatte ihnen wertvolle Dienste geleistet, bevor es starb, und sie in einem großen Bogen hinter die cephiranischen Linien gebracht, fast bis vor die Tore von Rahariem. Die beiden Flüchtlinge hatten sich erneut zwischen die
Bürger und Soldaten gemischt, die trotz der fortgeschrittenen Stunde immer noch die Trümmer wegschleppten, und waren dann in der Stadt verschwunden. Jetzt saßen sie aneinandergelehnt in der Tischlerwerkstatt, wo die totgeborene Widerstandsbewegung ins Leben gerufen worden war.
Cerris schmerzten alle Glieder, und sein ganzer Körper war schlaff vor Erschöpfung, dennoch zwang er sich, aufrecht dazusitzen und Irrial, wie er hoffte tröstend, eine Hand auf den Arm zu legen.
»Sie haben gewusst, dass wir kommen, Cerris«, sagte sie. »Es haben unendlich viele Soldaten in den Karren gewartet! Sie müssen mit dem Überfall gerechnet haben.«
»Es war eindeutig eine Falle«, stimmte er zu. »Ich wünschte nur, ich wüsste, wer dahintersteckt.« Er zuckte traurig mit den Schultern.
»Etwa jemand aus der Widerstandsbewegung?«, erkundigte sich Irrial. »Sind wir dann hier überhaupt in Sicherheit? «
»Ich glaube schon.« Cerris stand auf und ging langsam auf und ab. Die Bewegung half seinem müden Verstand beim Denken, obwohl seine schmerzenden Beine heftig protestierten. »Falls jemand aus der Gruppe uns verraten hat, hätten die Cephiraner sich nicht die Mühe zu machen brauchen uns eine Falle zu stellen. Sie hätten uns jederzeit bei einem unserer Treffen angreifen können.« Er blieb
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