Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
von dem Dakórren und seinem seltsamen kleinen Vertrauten ließ er kein Detail aus. Gelegentlich fügten die anderen dies oder das hinzu, wenn er sich an einer Stelle nicht klar genug ausdrückte. Die Furcht blieb in ihm, aber trotzdem fühlte er sich etwas ruhiger, als er den Bericht beendete.
»Manche Stimmen würden mir raten, nicht ein Wort von dem zu glauben, was ich gerade gehört habe«, sagte Morthûl leise, was Gorks Puls wieder in die Höhe trieb. Er begann zu schwitzen und bemühte sich, nicht zu zittern.
»Aber«, fuhr der Dunkle Lord fort, »ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr den ganzen weiten Weg hierherkommt und euer Leben riskiert, um mich zu belügen.« Er drehte sich so abrupt um, dass Dutzende von Käfern aus seinem blauen Mantel fielen. Einige von ihnen trafen den Kobold, und Gork schlug sie hastig von seiner Kleidung, bevor sie darunterkriechen konnten. Wenn Morthûl etwas davon bemerkte, so achtete er nicht darauf.
»Offenbar habe ich nicht aufgepasst«, sagte der Leichenkönig und betrachtete etwas, das nur er sehen konnte. »Ich habe meine Königin vernachlässigt. Sie ist auf Abwege geraten. Und ich fürchte, derzeit lässt sich kaum etwas daran ändern.« Er wandte sich wieder dem Korps zu, und ein gelbes Glühen flackerte in seinen Augenhöhlen. »Ich muss handeln. Und ihr werdet mir dabei helfen.«
»H-helfen?«, quiekte Gork.
»Ja, ihr alle.« Morthûl kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und vollführte darüber mit der Hand eine Geste. Ein transparentes Bild des Unheimlichen Schlosses erschien. Der Leichenkönig betrachtete es eine Zeit lang, als wollte er versuchen, die Mauern allein mit Willenskraft zu durchdringen.
»König Sabryen hat im Unheimlichen Schloss gewohnt«, sagte Morthûl, ohne von dem Bild aufzusehen. »Er hat es mit vielen Schutzzaubern ausgestattet, und Anne hat sie erweitert. Einige von ihnen sind jetzt fast so mächtig wie meine Magie. Wenn ich versuchen würde, diese Schutzzauber zu neutralisieren, so wäre ich gezwungen, die Vorbereitungen zu vernachlässigen, die ich beenden muss, bevor Dororams Streitkräfte angreifen.« Der Leichenkönig hob den Blick, und irgendwie gelang es ihm, alle Korps-Mitglieder gleichzeitig anzusehen. »Es wird Zeit für euch, eurem wahren Herrn zu dienen, Dämonen-Korps. Ihr werdet zum Unheimlichen Schloss zurückkehren; mit eurer Hilfe werde ich mich um meine eigensinnige Königin kümmern.«
»Äh, Euer Majestät?«, begann Cræosh, der inzwischen seine Stimme wiedergefunden hatte. Die anderen, obgleich noch immer furchterstarrt, staunten nicht schlecht darüber, dass der Ork höflich sein konnte. »Darf ich sprechen?«
»Du darfst.«
»Ich bin seit vielen Jahren Soldat, Euer Majestät. Es sind so viele Jahre, dass ich sie gar nicht zählen kann.«
»Also mehr als drei«, flüsterte Gork ganz, ganz leise.
»Bitte versteht, dass ich Eure Befehle nicht infrage stelle«, fuhr Cræosh fort. »Wenn Ihr uns befehlen würdet, in den Tod zu gehen, so wäre das Euer Recht und unser Privileg, Euch zu gehorchen. Aber Euer Majestät, wir können es nicht mit Königin Anne aufnehmen.«
»Das ist mir klar, Ork.« Morthûl wischte Cræoshs Einwand mit einer Handbewegung beiseite. »Ich habe nicht die Absicht, meine Gemahlin von euch angreifen zu lassen. Ich möchte nur, dass ihr dies überbringt.« Etwas flog Gork entgegen, der überrascht quiekte und gerade noch rechtzeitig die Hände hob, um das Objekt zu fangen.
Es schien ein menschlicher Schädel von der Größe eines Apfels zu sein, bestehend aus Marmor. Gork öffnete den Mund, um etwas zu fragen … und wäre fast in Ohnmacht gefallen, als der Totenkopf mit den Zähnen klapperte und gackernd lachte.
»Was …«, begann Cræosh.
»Es ist ein Talisman, Ork. Er sollte es mir erlauben, die Schutzzauber des Unheimlichen Schlosses zu durchdringen, ohne sie vorher zu neutralisieren. Dadurch spare ich viel Kraft.
Natürlich kann er seinen Zweck nur erfüllen, wenn er sich in unmittelbarer Nähe der Schutzzauber befindet, die es zu überlisten gilt, und in diesem Fall bedeutet das: Bringt den Talisman ins Laboratorium meiner Gemahlin. Wie sehr sie euch auch vertrauen mag, sie dürfte euch wohl kaum gestatten, dort einfach so hineinzuspazieren. Aber ihr seid ein Dämonen-Korps. Ich bin sicher, dass euch etwas einfällt.«
Das Korps starrte den Dunklen Lord an, während der marmorne Totenkopf wie irre lachte.
Hinter ihnen fiel die Tür von Morthûls Zimmer mit einem Donnern zu,
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