Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
Korps. Es wechselten sich nur noch jeweils zwei an den Rudern ab, und den Rest der Arbeit ließen sie von der Strömung erledigen. Langsam kam das Meer der Tränen näher.
Das Ende der Reise war bei Weitem der leichteste Teil. Auf der Insel Dendrakis gab es zahlreiche Fischerdörfer. Sie waren – zumindest dieses eine – erstaunlich und sogar erschreckend normal. Trotz der Nähe zur Eisernen Burg erwiesen sich die Bewohner als freundlich und hilfreich. Die Fischer machten rasch eine Anlegestelle frei und zeigten dem Korps, wie man ein Boot vertäute, als klar wurde, dass Cræosh und die anderen nicht die geringste Ahnung davon hatten. Der Ork wusste sehr wohl, wie nahe die Eiserne Burg war, und deshalb bot er an, einen fairen Preis für den Liegeplatz zu bezahlen, doch die Dorfbewohner nahmen nur die Hälfte des Geldes.
Es war, alles zusammen, mehr als nur ein bisschen beunruhigend. Cræosh und Gork hätten sich fast den Fuß verstaucht, weil sie sich immer wieder argwöhnisch umdrehten, als das Dorf hinter ihnen zurückblieb.
Die »Hauptstraße«, gleichzeitig die einzige Straße, war ein Kiesweg, der sich durch die felsige Gegend schlängelte und zu den Bergen im Nordwesten führte. Nach dem Verlassen des Dorfes begegneten sie niemandem. Besser gesagt, sie entdeckten überhaupt kein Anzeichen von Leben: Es kletterten keine wilden Ziegen an den Felshängen, es huschten keine Eidechsen durchs Gebüsch, und es kreisten keine Vögel am Himmel. Immer wieder grollte Donner aus den Wolken über den Berggipfeln, und das war das einzige Geräusch in der bedrückenden Stille, sah man von ihren Schritten und gelegentlichen nervösen Wortwechseln ab.
Eine weitere Kurve des Weges um die felsige Flanke eines weiteren Hügels, und auch die Schritte und nervösen Stimmen wichen der Stille.
Sie standen reglos und eingeschüchtert vor der Eisernen Burg. Etwas packte ihre Blicke und zog sie zu den bizarren Türmen, und dann wurden sie fast geblendet von den Blitzen, die wie bestellt aus den Wolken weiter oben herabzuckten.
Und noch immer deutete nichts auf Leben hin. Es schritten keine Wächter über die Wehrgänge hinter den Zinnen. Es hallten keine Schritte von den Außenmauern, und nirgends zeigte sich Fackelschein in den Schießscharten. Die Eiserne Burg wirkte so tot wie ihr Herr und Meister.
Schließlich nahmen sie ihren ganzen Mut zusammen, gingen weiter und blieben erst stehen, als sie das große Tor erreichten: eine Platte aus massivem Metall, die den einzigen Eingang der Burg blockierte. Sie wies nur eine Klinke und sonst keine besonderen Merkmale auf, womit sie sich von all dem anderen Eisen unterschied, das überall komplexe Runen präsentierte. Besagte Klinke befand sich genau in der Türmitte und war viel zu hoch und viel zu groß, um für die Benutzung durch Menschenhand vorgesehen zu sein.
»Was meinst du?«, fragte Fezeill und sah Gimmol an. »Magie?«
Der Grimasse des Gremlins hätte vielleicht überzeugend gewirkt, wäre da nicht das Zittern seiner Lippe gewesen.
Schließlich zuckte Cræosh die Schultern. »Ich schätze, wir klopfen besser an«, brummte er. Und um einen Streit darüber zu vermeiden, wer das Anklopfen übernehmen sollte – einen Streit, der vielleicht dazu geführt hätte, dass sie in einer Woche oder einem Monat immer noch vor diesem Portal standen –, hob er selbst die Hand.
Die Knöchel des Orks hatten das Metall gerade berührt, als sich das Tor öffnete. Mit dem dumpfen Klirren von Ketten glitt es nach oben, und dort vor ihnen erstreckte sich der erste Flur der Eisernen Burg. In diesem Bereich bestanden die Wände aus dunklem Stein, nicht aus dem eisernen Filigran, das man überall in den oberen Stockwerken fand, und dieser Hinweis auf Normalität genügte dem Korps, um den Flur zu betreten. Er bot Platz genug, sodass selbst Belrotha aufrecht stehen konnte, weil Gimmol seinen Platz auf ihrer Schulter verlassen hatte und selbst gehen musste.
Niemand kam, um sie zu begrüßen und ihnen den Weg zu weisen, aber es konnte kein Zweifel daran bestehen, wohin sie sich wenden mussten. Das System war einfach genug. Solange sie in der richtigen Richtung unterwegs waren, blieben die Flure leer. Wählten sie irgendwo die falsche Abzweigung, sahen sie sich plötzlich den halb verwesten Wächtern des Leichenkönigs gegenüber. Die wandelnden Leichen nahmen keine drohende Haltung ein, abgesehen davon, dass sie den Weg versperrten und sich nicht von der Stelle rührten. Sie standen einfach nur
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