Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
und Macht. Obwohl ich nicht haben so viel Macht wie Ihr«, fügte sie rasch hinzu. »Aber ich nicht glauben, Königin Anne Euch etwas anhaben können. Ihr stark sein, zu gut regieren.«
Für einen langen Moment starrte Morthûl nur. Dann lachte er.
Es war nicht das irre Lachen eines verrückten Tyrannen, auch nicht das grausame Kichern eines Sadisten, sondern das ehrliche Gelächter eines Mannes, der gerade einen köstlichen Witz gehört hatte.
Schließlich wurde er wieder ernst und sagte: »Du bist nicht annähernd so dumm, wie man glauben könnte.«
Belrotha wusste nicht genau, was sie von diesen Worten halten sollte. »Ich mir mehr Mühe geben kann«, erwiderte sie versuchsweise.
»Nein, ich glaube, dies reicht völlig.« Die letzten Reste des Lächelns verschwanden aus dem Gesicht des Leichenkönigs. »Du hast absolut recht, Ogerin. Königin Anne war für mich ebenso wenig eine Gefahr wie ein neugeborener Oger für dich. Oh, sie hätte mir ebenbürtig sein können, eines Tages, aber nur, wenn ich es ihr gestattet hätte.«
»Aber warum …?« Es war beim ersten Mal schwer genug gewesen, diese Frage zu stellen, und Belrotha brachte es nicht fertig, sie zu wiederholen.
»Warum ich sie getötet habe?«
Die Ogerin nickte.
Morthûl runzelte andeutungsweise die Stirn. »Ich könnte antworten, dass ich sie getötet habe, weil sie mir nicht gehorchte«, sagte er. »Aber diese Erklärung würdest du mir wahrscheinlich ebenso wenig abnehmen wie die erste. Ich könnte als Grund angeben, dass sie mich in dieser kritischen Situation abgelenkt hat, aber selbst dir dürfte klar sein, dass sie mir beim kommenden Konflikt durchaus nützlich gewesen wäre.« Der Leichenkönig sah die Ogerin an. »Ich könnte dich auch einfach töten, weil du so frech gewesen bist, mich so etwas zu fragen.«
Belrotha konnte ihr Zittern nicht länger unterdrücken.
»Aber das wäre eine Verschwendung, und derzeit liegt mir nichts daran, noch mehr zu vergeuden.« Das gelbe Glühen in der leeren Augenhöhle wurde stärker und weckte Übelkeit in Belrotha. Doch das Auge daneben, von dem ebenfalls gelbes Licht ausging, zeigte noch etwas anderes, und der Ogerin klappte der Mund auf, als sie erkannte, um was es sich handelte: Kummer.
»Warum habe ich meine Königin getötet? Weil dies …« Morthûl zeigte auf sich selbst, deutete mit zwei Knochenfingern auf die halb verweste Brust. »… nichts fühlt. Ich kann zornig werden und hassen. Manchmal, bei seltenen Gelegenheiten, empfinde ich sogar Freude. Aber es sind nur Schatten einstiger Gefühle, nicht mehr als das sterbende Echo eines vergessenen Lieds. Für mich war es das Opfer wert. Aber für Anne … Meine Königin war eine leidenschaftliche Frau, Ogerin. Oh, sie mag verdorben gewesen sein. Einige ihrer exotischeren Abartigkeiten erfüllten sogar mich mit Abscheu, und das will etwas heißen. Aber ihre Triebe waren stark und bildeten das Zentrum ihrer Welt, ihres Wesens. Wenn ihr wirklich klar gewesen wäre, was es aufzugeben galt, so hätte sie sich bestimmt nicht darauf eingelassen. Und wenn sie erfolgreich gewesen wäre, hätte es sie zerstört.«
Morthûl trat zurück und kniete erneut neben der Toten, richtete einen letzten Blick auf die Frau, die seinen Thron sechshundert Jahre lang mit ihm geteilt hatte. »Dies war mein letztes Geschenk an sie, obwohl sie die Art dieses Geschenks nicht verstanden hätte. Eine letzte Geste.« Sanft ergriff er ihre Hand. »Der letzte Refrain des vergessenen Lieds.«
Er erhob sich, und wie auf ein geheimes Signal hin erbebte der Turm wieder. »Komm, Ogerin«, sagte Morthûl, und jetzt hatte seine Stimme wieder einen strengen, gebieterischen Klang. »Bevor du das Schicksal meiner Gemahlin und eures kleinen Feldwebels teilst.«
Der Dunkle Lord verschwand wie eine vom Wind aufgelöste Rauchwolke und nahm die Ogerin mit. Nichts Lebendes blieb im Laboratorium der Königin zurück. Die Wände erzitterten erneut, noch heftiger als zuvor, und plötzlich stürzte die Decke herab. Es kam zu einer regelrechten Steinlawine, die den Boden des Raums zertrümmerte und ihren Weg nach unten fortsetzte, den ganzen Turm zerstörte. Alles wurde mitgerissen, auch Shreckts sterbliche Überreste und die Leiche einer Frau, die vielleicht noch dämonischer gewesen war als er.
Und all die Steine begruben auch etwas, das einer ewigen Liebe so nahe kam, wie es nur möglich war.
9 DIE WÜRMER KOMMEN GEKROCHEN …
»Wenn Ihr gestattet …«, sagte Havarren. »Dies
Weitere Kostenlose Bücher