Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
irre.
Da besagtes Heer aus Hunderttausenden von Menschen, Elfen und Zwergen bestand, plus einigen Halblingen und Giloralen, dazu Pferde, Vorratswagen und demontierte Belagerungsmaschinen, erstreckte sich seine Masse über mehrere Tagesreisen.
Und irgendwo in der Mitte davon ritt Dororams Gefolge.
Wie sollte das Korps die Reihen von Dororams gewaltiger Streitmacht infiltrieren, ohne mehr oder weniger sofort entdeckt zu werden?
»Ich hätte nie gedacht, dass ich es einmal sagen würde«, gestand Cræosh gegen Mittag, »aber hier hätten wir Fezeill gut gebrauchen können.« Sie saßen auf der Kuppe desselben Hügels und entwickelten Ideen und verwarfen sie wieder, während unten das Heer dahinzog.
»Ach.« Gork winkte ab. »Wir brauchen ihn nicht. Ich kann mich durch die Menge der Soldaten schleichen und den Boten folgen.«
»Ich weiß nicht«, sagte Katim skeptisch. »Auch des Nachts gäbe es … ziemlich viele Wächter … die es zu meiden gilt.«
»Ich kann es schaffen. Euch an den Außenwächtern vorbeizubringen, dürfte ein hartes Stück Arbeit werden, aber wenn es darum geht, den König zu lokalisieren …«
»Dies ist vielleicht eine Situation, in der meine Hilfe nützlich sein könnte.«
Sechs Köpfe drehten sich gleichzeitig. Eichenwind stand hinter ihnen, den einen Fuß auf einem Baumstumpf und den Ellenbogen aufs Knie gestützt. Sein grauer Umhang umwogte die Beine, obwohl kein Wind wehte, und auf dem Fuß, der auf dem Baumstumpf ruhte, saß der kleine Vertraute und putzte sich einen Flügel.
»Ich dachte, wir hätten unseren Standpunkt deutlich genug dargelegt, Dakórren«, knurrte Cræosh. »Wir brauchen deine Art von Hilfe nicht. Zumindest nicht zu deinen Bedingungen.«
»Ich auch nicht«, sagte der Kobold und trat vor. »Nicht mehr.«
Die Augen des Magiers quollen so weit aus ihren Höhlen, dass Cræosh schon glaubte, er wollte sich aus irgendeinem Grund in eine Kröte verwandeln. »Gork, was …«
»Sie wissen Bescheid, Eichenwind. Katim und ich haben ihnen alles gesagt.«
Eichenwind verzog den Mund. »Du!«, zischte er und richtete einen zitternden Finger auf die Trollin. »Ich wusste, dass es mit dir Schwierigkeiten gibt. Ich hätte dich im Norden töten sollen!«
»Vielleicht«, räumte Katim ein und zuckte andeutungsweise die Schultern. »Aber das hast du … nicht getan.«
»Ich könnte es jetzt nachholen«, drohte der Dakórren.
»Bevor du gehst, solltest du dies lesen«, sagte Gork. Er holte einen dünnen schwarzen Zylinder hervor, mit einem geschnitzten Knochenstück verschlossen. General Rhannik hatte es ihm mit den Worten gegeben: »Havarren möchte, dass du dies deinem alten Freund aushändigst, sollte er sich noch einmal zeigen.«
Eichenwind nahm den Zylinder widerstrebend entgegen und schraubte den Verschluss auf.
»Dein kleiner Freund ist erstaunlich still«, sagte Gimmol. »Hat er sich vielleicht erkältet?«
»Ibrif! Nur erpin!«, quiekte das kleine Geschöpf.
»Er schmollt«, erwiderte Eichenwind geistesabwesend und hantierte mit dem seltsam widerspenstigen Zylinder. »In letzter Zeit ist er mehrmals auf eigene Faust unterwegs gewesen, und ich habe ihn deshalb ausgeschimpft. Er schmollt immer, wenn ich …« Mit einem leisen Klacken gab der Verschluss nach.
Es rutschte kein Pergament aus dem Zylinder. Stattdessen wogte bläulicher Dunst aus dem Behälter, strömte zu Boden, bildete eine Art Lache vor Eichenwinds Füßen. Rankenartige Erweiterungen tasteten umher, wie die Gliedmaßen eines neugeborenen Wesens, das die Welt in seiner Nähe zu erforschen begann. Und dann, ohne Übergang, von einem Augenblick zum anderen, war der Dunst nicht mehr da, und König Morthûl stand vor ihnen.
Die meisten Korps-Mitglieder sprangen erschrocken zurück, und selbst Eichenwind zuckte zusammen, bevor er begriff, dass nicht der wahre Leichenkönig vor ihnen erschienen war, sondern ein aus Dunst geformtes Abbild von ihm. Bei genauerem Hinsehen konnte man ein leichtes Flackern in der Gestalt erkennen, hervorgerufen von subtilen Bewegungen des Dampfes.
»Gruß Euch, Nurien Eichenwind.« Die Stimme klang vollkommen echt. »Seit einiger Zeit weiß ich, dass sich ein Spion in unserer Mitte befindet. Und dank meines Dämonen-Korps kenne ich nun seine Identität. Ihr wünscht Informationen? Dann hört gut zu.
Viele Meilen südlich von Shauntille, mitten in den Königreichen der Elfen, liegt ein kleiner Ort namens Tirfeylan. Wie in vielen Elfendörfern wohnen dort zurzeit nur Frauen,
Weitere Kostenlose Bücher