Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
abgewetzter Teppich bedeckte den Boden, volle Löcher wie alte Socken, und seine Farben waren längst zu einem einheitlichen Grau verblasst. Ein einzelner Stuhl stand wie verdrießlich in der Ecke, das Polster aufgerissen, der Holzrahmen vom Gewicht der Jahre gebeugt. Das Bett war in einem ähnlich schlechten Zustand. Nur der Kleiderschrank und sein Inhalt wirkten einigermaßen gepflegt.
So gemütlich wie die Holzhütte in der Tundra war der Raum gewiss nicht. Doch er bot mehr Sicherheit, denn es gab weder Fenster noch Türen.
Ein Schimmern in der Luft, ein leises Klopfen, ein Luftzug, der etwas Staub vom Teppich aufwirbelte, und da war er. Nurien Eichenwind fluchte hingebungsvoll in mehreren Sprachen und schlug die Fäuste an die Wand. Erst nachdem er die Flüche mehrmals wiederholt und einige neue erfunden hatte, beruhigte er sich allmählich und dachte nach. Sein seltsamer Vertrauter verließ den Platz auf der Schulter und flog zum Stuhl, der unter dem zusätzlichen Gewicht leise knirschte.
»Zur Hölle mit dem Leichenkönig, zur Hölle mit dem verdammten Kobold …«, zischte der Dakórren, und den Worten folgte ein lauteres Knirschen, als er auf die Matratze sank. »Na schön«, fuhr er fort. »Wie warnen wir sie?« Es war eine alte Angewohnheit von ihm, zu seinem Vertrauten zu sprechen, denn das kleine Geschöpf war sein einziger ständiger Begleiter.
»Ich kann mich nicht einfach zu ihnen teleportieren. Seit dem letzten Krieg haben die Eilurren ihren Wald vor unserer Magie geschützt.« Dünne Finger trommelten auf die Matratze. »Ich müsste zu Fuß gehen, und bis ich sie fände … Verdammt!« Er stand auf und wanderte unruhig umher, verzichtete diesmal aber darauf, mit den Fäusten an die Wände zu schlagen.
»Oh, sie werden den Verrat bitter bereuen, der Kobold und schließlich auch der Leichenkönig! Sobald die Eilurren besiegt sind …«
»Das glaube ich nicht, Dakórren«, ertönte plötzlich eine Stimme.
Eichenwind hatte sich noch nicht von seiner Verblüffung erholt, als ihn lautes Donnern von den Beinen riss, ein Donnern so gewaltig, dass es Substanz zu haben schien. Die Wände erzitterten, der Kleiderschrank fiel und verstreute seinen Inhalt auf dem Boden, und die Matratze atmete zischend ihren fedrigen Inhalt aus. Der Dakórren fand sich an der gegenüberliegenden Wand wieder. Ihm dröhnte der Kopf, und die Ohren schmerzten. Er versuchte aufzustehen, doch sein Gleichgewichtssinn war so gestört, dass er sofort wieder zu Boden sank.
Und dann kam der richtige Schmerz. Agonie erklomm seinen Körper wie einen Berg und trieb ihm Kletterhaken der Pein in den Leib. Sie kratzte an seinen Nerven, biss in seinen Geist und zerfetzte seine Konzentration wie feuchtes Papier. Eichenwind zuckte, biss sich auf die Lippe, um die Kontrolle über sich zurückzuerlangen, und riss entsetzt die Augen auf, als er die verbrannten und dampfenden Fleischstreifen sah, die eben noch seine Beine gewesen waren.
Natürlich. Auf eine gewisse Weise war es fast komisch. Bei so viel Donner muss es auch Blitze gegeben haben.
Seine Muskeln zuckten und bebten, wodurch er so weit auf die Seite kippte, dass er den Stuhl in der Ecke sah, und das Geschöpf, von dem der magische Angriff ausgegangen war.
Eichenwinds Vertrauter hockte auf der Schulter des Mannes, der jetzt auf dem Stuhl saß. Der in einen Kapuzenmantel gefüllte Fremde hielt einen schweren Stab in der Hand. Sein Gesicht, stellte Eichenwind fest, wies gewisse Ähnlichkeit mit seinem eigenen auf.
»Ich bin froh, dass ich das nicht wiederholen muss«, sagte der Fremde und kraulte den gurrenden Vertrauten unterm Kopf.
»Wer …?« Eichenwind konnte kaum sprechen, und es lag nicht nur am physischen Schmerz. »Was ist mit meinem …?«
»Oh, ich bitte um Entschuldigung. Dein Vertrauter ist eigentlich meiner, und zwar schon seit einer ganzen Weile. Du ahnst nicht, wie sorgfältig ich die Magie ausbalancieren musste, um die Verbindung zu übernehmen und gleichzeitig zu verhindern, dass du etwas davon bemerkst. Ich habe selbst einmal die Verbindung mit einem Vertrauten verloren. Hat mich für zwei Wochen außer Gefecht gesetzt. Es ist sehr erschöpfend.«
»Du … du bist …«
»Ananias duMark, zu deinen Diensten.« Der Halbelf verbeugte sich aus den Hüften heraus, soweit es der Stuhl zuließ. Das kleine Geschöpf tanzte auf seiner Schulter und versuchte, das Gleichgewicht zu wahren. »Zumindest noch für einige Minuten. Anschließend nützen dir meine Dienste
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