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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ausgebrochen sein. Brazil spürte den Adrenalinstoß, eine nervöse Energie. Er konzentrierte sich, um den Brandort möglichst schnell zu erreichen und sich nicht zu verfahren. Plötzlich heulte hinter ihm eine Sirene auf, und er sah in den Rückspiegel. »Mist«, sagte er.
    Wenige Augenblicke später fand er sich auf dem Beifahrersitz des Streifenwagens wieder und nahm seinen Strafzettel entgegen. In der Ferne brannte das Feuer, und er war nicht da. »Mein Tacho ist defekt«, versuchte es Brazil auf die nicht sehr originelle Tour.
    »Lassen Sie ihn reparieren.« Die Polizistin war unfreundlich und nahm sich Zeit.
    »Könnten Sie sich bitte ein wenig beeilen, Ma'am?« sagte Brazil daraufhin höflich. »Ich muß da hin. Ich brauche meinen Bericht.«
    »Das hätten Sie sich vor dieser Geschwindigkeitsübertretung überlegen müssen.« Sie war wirklich nicht freundlich. Eine halbe Stunde später gab Brazil über Sprechfunk dem für die Innenstadt zuständigen Redakteur durch, was passiert war. Das verlassene Gebäude stand noch immer voll in Flammen. Sie loderten aus dem Dach, und Feuerwehrleute richteten von Drehleitern und Kranauslegern ihren Wasserstrahl auf zerborstene Fenster. Fernsehen und Presse beobachteten die Szene per Hubschrauber. »Aufgelassenes altes Lagerhaus. Keine Verletzten«, sagte er ins Mikrophon.
    Beim Blick in den Rückspiegel entdeckte er, daß ihm schon wieder ein Streifenwagen folgte. Er konnte es nicht fassen. Wieder starrte ihn ein Cop an.
    »Schreiben Sie einfach ein paar Zeilen darüber«, meinte der Redakteur am anderen Ende.
    Alles zu seiner Zeit. Im Moment hatte Brazil ganz andere Sorgen. Diese Bedrohung bildete er sich nicht ein, und weitere Strafzettel und Punkte konnte er sich nicht leisten. Um den Streifenwagen abzuschütteln, griff er zu einer Fahrtechnik, die seinem Tennisspiel glich. Aufschlag rechts, Aufschlag links, ein paar angeschnittene Bälle, ein Topspin über den Kopf des Gegners. Arschloch, entfuhr es ihm, als der Wagen ihm weiter auf den Fersen blieb. Wie jeder sonst war auch er nicht bereit, so etwas weiter hinzunehmen. »Also gut«, zischte er.
    Der Streifenwagen hielt sich hinter ihm auf der rechten Fahrbahn. Brazil fuhr mit konstanter Geschwindigkeit und bog an der Runnymede Lane nach links ab. Der Cop klebte an seiner Stoßstange. An einer roten Ampel stoppten sie. Brazil sah sich nicht um und ließ sich auch sonst nichts anmerken. Ungerührt saß er in seinem Ledersitz und justierte das Funkgerät, das schon seit Jahren geschwiegen hatte. Plötzlich scherte er auf die linke Spur aus. Jetzt war der Officer neben ihm und lächelte eisig. Brazil lächelte ebenso eisig zurück. Der Trick funktionierte. Gleichstand. Das hier war jetzt Krieg, und es gab kein Zurück. Brazils Gedanken überschlugen sich. Officer Martin im Streifenwagen mußte nicht lange nachdenken. Er hatte seine Pistole Kaliber .40, die Schrotflinte, und er fuhr in einer 350er V8.
    Die Ampel schaltete auf Grün. Brazil schaltete in den Leerlauf und ließ den Motor seines alten Wagens aufheulen. Es hörte sich an wie eine Rakete vor dem Start. Auch Officer Martin drehte seinen Motor auf, allerdings bei eingelegtem Gang. Der PS-starke Ford schoß über die Kreuzung, während Brazil eine Kehrtwendung machte und auf der Barclay Downs in Gegenrichtung davonraste. Wie eine Billardkugel an die Bande schoß er in die Morrison, querte eine winklige Straße und landete in einer dunklen Gasse, gleich neben einem Müllplatz mitten auf dem Gelände des Southpark Mall. Sein Herz hämmerte, als er die Scheinwerfer ausschaltete. Er hatte Angst, ein Gedanke jagte den anderen. Was würde passieren, wenn der Cop ihn hier fand. Festnahme wegen seines Fluchtversuchs oder wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt? Oder würde er an diesem dunklen, entlegenen Ort zusammen mit anderen Cops auftauchen und Brazil brutal zusammenschlagen? Brave Bürger, die die Szene auf Video aufnähmen, brauchten sie hier bestimmt nicht zu befürchten. Brazil saß da und schnappte nach Luft, als plötzlich irgendwo eine Alarmanlage losheulte. Ein Einbruch. Sie zerriß die absolute Stille, die hier herrschte, mit der Gewalt eines Preßlufthammers. Zuerst glaubte er, die Sirene beträfe ihn, doch dann sah er, wie weiter vorn eine Hintertür aufgestoßen wurde und gegen eine Backsteinmauer knallte. Zwei junge Männer stürzten, beladen mit elektronischen Geräten, aus dem Radio Shack. »Notruf 911!« schrie Brazil ins Mikro des Funkgeräts, das ihn

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