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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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ziehen ihre Zugbrücken auf, und wenn der Sturm nicht zu arg wird, halten sie's aus. Wer schützt unsere Schilfdächer und Lehmhäuser? Die brennen und fallen, wenn es nur losbläst.« – Da sah man sie um Mitternacht bei verhangenen Fenstern in ihren Läden kramen und Schaumünzen und Ketten und Ringe und Spangen, wer es hatte, in einen Topf thun. Wenn dann die Wolken über den Mond zogen und der Wind in den Bäumen pfiff, gruben sie still ein Loch zwischen den Wurzeln des alten Birnbaums im Garten, stellten den Topf hinein, sprachen mit gefalteten Händen einen Spruch und schaufelten Erde drüber, und deckten Laub und Moos drauf. Das war des Bauern Sicherheit im Mittelalter.
    In Burg Hohen-Ziatz sah es auch traurig aus, aber nicht mehr still. Die gute Frau von Bredow, der ihr Herr fortgeführt ward, hatte drei Stunden lang geweint, und ihre Töchter und Mägde und die Knechte auch, was sie nur konnten, daß die Katzen auf den Dächern verwundert herabgeschaut, und die Hunde heulten dazu. »Ach, er kehrt niemals wieder,« hatte sie gesagt zu denen, die sie trösten wollten, und dann die Schüsseln mit dem, was er über gelassen, unter'm Arm genommen und in die Speisekammer getragen. »Das war sein letztes Essen hier.« Aber kaum hatte sie die Kammer abgeschlossen, da mußte sie wieder aufschließen, denn die Einlagerung war gekommen, die Landreiter aus Potsdam. »Das fehlte auch noch zu der Bescheerung!« hatte sie gesagt, und wieder decken und anrichten lassen für die Gäste, die in keinem Haus willkommen sind. Die sangen und tranken in der Halle, spielten und fluchten und zerbrachen Gläser und Teller. Die Mägde wollten gar nicht mehr zu ihnen hinein, wenn nicht die Hausfrau mitging.
    Und was war das für eine Nacht gewesen! In den Wäldern hatte es gerauscht und geschrien und unten in der Halle getobt, und wenn es einmal stille ward, hatten die Schmerzenstöne aus der Thorstube ihr in's Ohr geklungen. Sie sagten Wunderliches von Hans Jochem. Es kenne ihn keiner wieder, so sei es in ihm gefahren; ob der böse Geist oder der gute, das wisse Keiner. Und der Dechant, der's ihnen sagen konnte, war nicht da: »Wenn man sie braucht, sind die Pfaffen nimmer da,« sagte Frau von Bredow. Einige meinten, es klinge ihnen so, wenn er an die Wände schreie, als da der wandernde Dominicaner gepredigt in den Fasten. Das sei gewesen, daß Einem das Herze brach und die Knie zusammensanken.
    Der kluge Knecht Ruprecht hatte die ganze Nacht auf der Mauer gelegen und hinausgeschaut, als wolle er das Gras wachsen sehen, meinten die Leute. Er hatte den dummen Leuten nicht geantwortet, die nicht verstanden, daß er auf mehr sah; aber als die Burgfrau in der Frühe zu ihm trat, schüttelte er den Kopf:
    »'S ist was im Anzuge, Gestrenge! So was ist mein Leblang mir nicht vorgekommen. Als die Fehde in Stendal war, rauschte es auch wohl über den Kiefern, aber das waren nur Einige. Die Nacht war's doch, als rauschte die ganze Luft und die Wälder zitterten. Und das schrie, daß Einem die Ohren weh thaten.«
    »Wer schrie denn, Ruprecht?«
    »Die Seeraben aus dem Nordland, die Cormorans, groß wie ein Storch und stärker als der Adler, und wehren sich gegen den Förster noch, wenn er sie angeschossen hat. Wo sie hausen, gehn die Bäume aus von ihrem Unrath, und sie fischen die Seen aus. Auch der Has' ist vor ihnen nicht sicher, noch das junge Reh.«
    »Wer ist itzund sicher! – Sie meinen, 's giebt's Krieg.«
    Der Knecht schüttelte wieder, aber langsamer den Kopf: »Da schlügen sie anders mit dem Schweif; was eigentlicher Krieg ist, das giebt's nicht. Unruh und Aufstand.«
    »Ach Gott! Sie schleppen noch alle nach Berlin, wie meinen Herrn.«
    »Werden sich auch schleppen lassen! Daß ich's sage, Gestrenge, 's ist vielleicht schlimmer als Krieg. Wie alte Leute sich entsinnen, kamen die wilden Raubvögel vor alten Zeiten auch einmal, ich glaube, 's sind hundert Jahr, als der erste Nürnberger Markgraf in's Land zog, und die Havelländischen aufstanden. Da war die Luft schwarz von ihren Flügeln. Und ich sagt' es gleich bei der Wäsche, als der Sturm kam. Uns gemeine Leute geht's nicht an, aber die Schloßgesessenen, die Ritter werden aufstehen.«
    »Aber Ruprecht, wie kannst Du so abergläubisch sein! Der liebe Gott hat doch die Vögel nicht für die Edelleute allein gemacht.«
    »Warum hat er sie denn aber so unterschiedlich gemacht, die Stößer, die Reiher, die Adler, die Finken, die Tauben, die Zeisige! Die Raben da auf der Kiefer,

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