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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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das Haupt und stierte in die Wolken, wie noch im Traum: »Den großen Hirsch meine ich, mit seinem gezackten Geweih, und sein Rachen sprühte Flammen. Heiß setzte er mir zu, und ich hatte schweren Kampf. Nun ist er überwunden, der mir will streitig machen das Reich, so mein Kaiser mir zuwies, daß ich lichten soll in der Finsterniß, ausroden die alte, schlimme Weise, und bauen und bahnen die Wege zur Erkenntniß des wahren Gottes. Sein Licht war über mir; es schmetterte ihn nieder, aber wo ist der Feind? Eine Mark Goldes, wer ihn mir schafft!«
    Da waren die vom Gefolge des Fürsten herangekommen, und als er ihnen erzählte, was er geträumt, und er glaubte, es sei Wahrheit, erkannten alle Gottes Finger. Der grimmige Elennhirsch, der ihn im Schlafe umbringen wollte, könne nur der Satan gewesen sein, der Wuth schnaube und zittere in seinem Ingrimm, weil der Markgraf in dem Lande schon so Großes vollbracht und noch mehr vollbringen wolle, daß seine, die Herrschaft der Finsterniß, aufhöre. Der Markgraf erkannte, daß sie Recht hätten, und gelobte zur Stunde, daß er zum Gedächtniß des schrecklichen Traumes, und auf derselben Stelle, wo er gelegen, ein Kloster bauen wolle. Von da solle das Licht des Glaubens und die gute Sitte und ehrbarer Fleiß ausgehen über das ganze Heidenland, und er wolle es reich begaben mit Gütern, und es fest machen zum eigenen Schutz gegen jeden Angriff und darin eine Gruft bauen, in der man ihm, wenn er zur Ruhe gegangen, die letzte irdische Stätte bereiten solle, und nach ihm seinen Kindern und seinem ganzen Geschlechte. So stiftete der Markgraf Otto, nachdem er die Wälder gelichtet, Sümpfe getrocknet, Wege in das Holz gehauen, die Abtei und das Kloster Lehnin, das erste in diesen Marken, und ließ Cisterciensermönche dahin kommen aus Seevenbeeke drüben im Mansfeldischen, welche die hohe Kirche bauten und Thürme und die Klostergebäude und die Wälle, und Mauern zum Schutz gegen die heidnischen Wenden, denen diese Stätte des Herrn noch lange ein Stein des Anstoßes und des Aergernisses war. Lehnin aber nannte, er es, weil auf Wendisch der Elennhirsch den Namen führt, und noch heut zu Tage ist am Chor in der Kirche der Eichenstamm zu sehen, unter dessen Wipfel der Markgraf Otto geschlafen und den schweren Traum gehabt.
    So ungefähr hatte Ruprecht auf dem langen Wege dem Junker die Legende von der Stiftung des Klosters Lehnin erzählt. Aber was hatte der Ahnherr seiner Familie damit zu thun? War er vom Markgrafen bestraft worden?
    Er strafte sich selbst. Er stürzte fort, und lange Zeit wußte Niemand, wo er geblieben. Aber er irrte im Wahnsinn durch Wald und Haide, und war er hingestürzt wo, müd und erschöpft, so fuhr er wieder auf, wenn er Hundeklaffen und ein Jagdhorn hörte, denn so hatte der Wahnsinn sein Hirn umdüstert, er glaubte der Hirsch zu sein, den der Markgraf niedergestoßen, und hinter ihm jage die wilde Jagd, geführt von Sanct Johannes, daß sie den letzten Elennhirsch fange, auf den der Fürst den großen Preis gesetzt.
    Da nährte er sich von Wurzeln und Gras, trank das Wasser aus dem Fließ und scharrte sein Lager in den Gebüschen. Im Traume zuckte er auf, von den Speeren und Pfeilen durchbohrt; er stöhnte vor Schmerz und wünschte doch, daß seine Stunde komme.
    So hatte der Wahnbethörte sich hineingedacht in die Seele eines Thiers, das dem Untergang geweiht war, als eines Nachts der Mann mit dem zottigen Haar und dem Fell über dem Nacken ihm auf die Schulter klopfte: Nun hast Du gebüßt Deine bösen Gedanken durch böse Gedanken, aber das ist nicht genug. Du wardst ein Thier und folgtest Deinem Triebe. Nun wache auf als Mensch und büße durch freie That Dein böses Thun. Tödte und zerfleische Dich selbst. Dann erst wirst Du rein sein von der Schuld.
    Als Wußo aufsprang, war der heilige Johannes verschwunden, aber unfern von einem Spring sah er den großen Elennhirsch seinen Morgentrunk schlürfen. Da war er auch erwacht aus seinem Traume und seinem Wahnsinn. Den Hirsch mußte er tödten. Das war seine Aufgabe; sein Herr, dem er das Leben verwirkt, hatte es geboten. Der Hirsch floh. Wer kannte, wie Wußo, die Schluchten des Waldes, die jähen Seeufer, die Erdstürze, die Fährten des Wildes durch das Dickicht. Da endlich hatte er es in die Enge getrieben, wo es nicht mehr fliehen konnte. Es machte Kehrt und stand. Aber nicht mit der Wuth des gehetzten Wildes, das sein Leben im letzten Verzweiflungskampfe theuer erkaufen will. Das kluge

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