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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Thier schien sein Loos zu kennen, nicht wie ein grimmer Feind, wie ein Opfer, das den Todesstreich erwartet stand es vor ihm.
    Den Jäger, der den Elch endlich stehen sieht nach langer, heißer Jagd, ergreift ein sonderbar Gefühl. Der Elch mit dem langen, weit ausgreifenden Geweih, wie ein König des Waldes, mit den klugen, schönen Augen, wie ein Mensch, mit dem struppigen grauen Bart, wie ein Geist aus einer andern Welt. Dem rauhesten Jäger schlägt das Herz, der Finger zittert ihm am Rohr. Er glaubt der Elch spreche mit ihm, und sein Auge strafe ihn. Was mußt du mich vernichten? Bin ich ja doch dem Untergang geweiht.
    So sprachen des Hirsches Augen zu Wußo. – Mußt du mich tödten, so tödtest du dich selbst. Leben kann ich nicht mehr, wo ich der einzige bin meiner Art, der nur umschleicht wie das Gespenst auf den Grabhügeln derer, die mit ihm lebendig waren; und ihnen gehörte der Wald, die Wiese, das blaue Wasser. Nun gehören sie Andern, die uns nicht dulden wollen; die den Wald, die Wiese, das Wasser anders machen wollen, als der Herr es machte, der uns hineinsetzte. Bist du nicht ich? Ist dir's heimisch noch im Land, wo die Fremden deine Wälder roden, in denen du Schatten hattest und Lust; deine Götterbilder verbrennen, vor denen du betetest, und sie schützten dich; die Grabhügel deiner Väter durchwühlen; wo sie Thürme bauen in den Himmel, der frei war; wo sie Crucifixe aufrichten, daß du denken sollst mit Zittern und Grauen nur an Qual und Graus, und unter deinen alten Göttern ging der Pokal um in Freude und Lust? Ist's noch dein Land und dein Geschlecht, wo die fremde Zunge die Sprache verdrängt, so deine Väter sprachen, und du lalltest sie schon als Kind; magst du leben in Freudigkeit, wo sie auf dich und deine Brüder herabschauen als Wesen schlechterer Art, nur aus Gnaden aufgenommen, und du warst frei wie der Vogel in der Luft, wie der Fisch im Wasser, wie wir im Walde? Ich bin der letzte meines Geschlechts, willst du's nicht sein, willst du dich fügen als ein Knecht in die fremde Knechtschaft, so hilf ihn ausrotten und roden, hilf ihnen verläumden und schmähen, die alten Freien, hilf ihnen den Boden der Väter umackern, ihre Gräber zerstören, ihre Heiligthümer verbrennen, und schleudre dein tödtlich Geschoß mir in die Brust, aber laß mich noch einmal athmen die Luft, die frei war, noch einmal blicken in den grünen Wald und den blauen Himmel, dann – dann tödte dich selbst.
    Wieder mit zugedrückten Augen warf Wußo seinen Speer. Er hoffte, daß wieder der heilige Mann mit dem zottigen Haar den Speer fassen werde. Aber die Luft sauste, es krachte, und nieder stürzte der stolze Zehender. Die Bäume rauschten wie vor Schrecken. Wußo mochte nicht ertragen den letzten Blick des Elchs, er sah sich selbst in den sterbenden Zügen. Zusammenstürzte auch er, nicht in seinem Blute, im hitzigen Fieber. Als er genas, wollte er nicht mehr in den Wald, auch nicht zu Hof und nicht ausreiten mit dem Fürsten. Sein Sinn war dieser Welt erstorben, und er pries den Herrn, daß es so war. Ein hären Gewand zog er um den nackten Leib und ging in das Kloster Lehnin zu den Cisterciensern. Da hörte man ihn oft seltsame Gebete murmeln, daß es die andern Mönche graute; die dachten, es sei etwas Heidnisches darin. Zu keinem Heiligen waren sie gerichtet, auch nicht zu Gott Sohn und nicht zur Gottesmutter, er wagte zu beten zu dem Gott Vater selbst, der Himmel und Erde geschaffen, er, der noch vor wenigen Jahren ein Götzendiener gewesen, und es graute die frömmsten Mönche vor der Vermessenheit. Da rief er den Gott an, der über Alle ist, ob er recht gethan oder gesündigt, daß er sein Volk und den alten Glauben verlassen, um den neuen Glauben, den er nicht fasse und der doch so allmächtig sei, wie der Sturm, der die Vögel und Wellen treibt, und so mild und warm wie die Sonne, die die Keime lockt aus den Bäumen und die Saat aus der winterlichen Erde? Er oben, unter den Unerschaffenen thronend, werde wissen, ob die Welt erschaffen sei, daß die Wälder bleiben oder die Städte werden. Wenn sie das hörten, erkannten die Mönche, daß er wieder verfallen sei in seinen alten Irrsinn und scheuten vor ihm. Drauf starb er schon nach wenigen Jahren an den Stufen des Chors mit den Armen den Stamm der Eiche umklammernd, wo dazumal der Markgraf geschlafen.
    Das war's, was Ruprecht dem Junker in seiner Art erzählte, und aus der Legende war eine Sage geworden, die in der Familie fortging von Mund zu

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