Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht
nicht so gut wie langsame große Bissen. Ich kann das so nicht in mich aufnehmen. Aber wir kommen wieder zurück, das verspreche ich dir.«
Er lachte.
»Okay. Okay. Wir machen einen Spaziergang zurück zu Big Ben und genießen den schönen Herbsttag«, schlug er vor. »Ich verspreche, dass ich dich nicht hetzen werde.«
Wir verließen das Museum. »Wenn ich in meinem eigenen Land bin oder an Orten, die ich gut kenne«, sagte ich, als wir den Platz überquerten, »können meine Augen einschlafen, selbst wenn sie offen sind. Aber hier oder an einem neuen Ort kann ich nicht genug sehen. Das ermüdet mich, Randall.«
»Oh, ich weiß. Manchmal geht meine Begeisterung mit mir durch. Entschuldigung«, sagte er.
»Ich gebe dir doch nicht die Schuld. Vermutlich würde ich genauso handeln, wenn unsere Rollen vertauscht wären, wenn ich schon hier gewesen wäre
und es jemandem zeigen wollte, der all dies noch nicht gesehen hat.«
Als wir die Straße überquerten, nahm er meine Hand, und wir ließen einander lange Zeit nicht los, während wir in Richtung Big Ben spazierten. Später überquerten wir eine weitere Straße und gingen eine kleinere engere Straße entlang, bis wir ein Pub namens Hearty Sailor entdeckten.
Randall warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
»Weißt du was? Es ist Zeit für den Tee«, sagte er. »Hätte Mylady gerne ein Stück Shepherds Pie und ein Pint Stout?«
»Stout? Du meinst Bier?«
»Man muss achtzehn sein, um hier bedient zu werden«, sagte er, »und ich werde es erst in drei Monaten.«
»Ich bin bereits achtzehn«, sagte ich.
»Wirklich? Toll. Komm mit.«
Über der Tür des Pubs hing ein buntes Metallschild mit einem robust wirkenden Seemann, der einen Bierkrug in der Hand hielt. Randall sah, in welche Richtung ich schaute.
»Alle britischen Pubs haben gemalte Schilder draußen, weil die meisten Menschen bis zum Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts nicht lesen konnten. Wenn also ihr Kumpel sagte: ›Wir treffen uns im Hearty Sailor‹, brauchten sie nur nach dem Schild Ausschau zu halten.«
»Woher weißt du so viel über diese Stadt?«, fragte ich ihn.
»Ich habe meine Zeit damit verbracht, darüber zu lesen, als ich wusste, dass ich hier leben und zur Schule gehen würde«, erwiderte er.
»Bei mir ging alles so schnell, dass ich kaum Zeit hatte, den Unterschied zwischen einem Pfund und einem Dollar zu lernen«, sagte ich.
»Das schadet doch nichts«, sagte er und öffnete die Tür. »Du hast doch mich, den perfekten Führer und Übersetzer, und ich bin billig.«
Ich lachte über sein glückliches Lächeln, und wir betraten das Pub. Es war drinnen dunkler, als ich vermutet hatte, aber irgendwie erfasste mich ein warmes, gemütliches Gefühl, als wir eintraten. Die Leute drinnen schauten uns interessiert an, aber ohne Ressentiments, wie es Leute zu Hause oft taten, wenn ich ein unbekanntes Lokal betrat. Sie gaben mir das Gefühl, in ihre Privatsphäre eingedrungen zu sein und dass Fremde dort nicht willkommen geheißen wurden.
»Hier sind ein paar richtige Kunden, Charlie«, rief jemand und alle lachten, selbst der Mann hinter der Theke. Eine kleine dunkelhaarige Frau mit tief liegenden, runden braunen Augen und einem Gesicht wie ein Marmorcherub erschien mit einem Teller Essen. Sie stellte ihn auf die Theke vor einen älteren Mann, der Anzug und Krawatte trug.
»Was darf’s sein?«, fragte der Mann hinter der Theke Randall. Der schaute zu der Speisekarte hoch, die in Frakturschrift auf einer Tafel über der Bar stand.
»Willst du die Shepherds Pie mal versuchen?«, fragte er mich.
»Klar«, sagte ich.
»Wir nehmen zwei Shepherds Pies und zwei Shandies«, sagte er und zog eine Zehn-Pfund-Note heraus.
Wir hörten die Leute in sich hineinglucksen.
»Ihr seid doch alt genug für ein Bier, oder?«
Ich reichte ihm meinen Studentenausweis. Er warf einen Blick darauf, nickte und schaute Randall an.
»Vergessen Sie meins«, sagte Randall.
»Ich finde, er sieht alt genug aus«, rief ein großer, dünner Mann mit einem so vorstehenden Adamsapfel, dass ich befürchtete, er würde herausplatzen und über die Theke rollen.
»Kümmere dich da nicht drum, Mush«, sagte der Mann hinterm Tresen, und wieder lachten alle.
»Ich kann nur ihr eins geben«, entschied er.
Randall nickte.
»Dann nur eine Limonade«, sagte er.
Er gab Randall sein Wechselgeld, und wir setzten uns an einen freien Tisch. Ich schaute mir all die Schilder an den Wänden an, die alten Poster,
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