Die Hudson Saga 03 - Dunkle Träume
hatte warten lassen. Ihre normalerweise blassen Wangen glühten hochrot, ihre Augen sahen aus, als hätte man Streichhölzer dahinter entzündet.
»Wenn du die Zeit für uns aufbringen kannst, würden wir gerne ein vernünftiges Gespräch führen«, sagte sie.
Meine Mutter und Grant saßen auf dem Sofa. Grant hatte sich zurückgelehnt und die Beine übereinander geschlagen. Meine Mutter fühlte sich offensichtlich sehr unbehaglich, sie ließ die Schultern hängen und hatte den Blick gesenkt. Sie schaute zu mir hoch, um zu sehen, was ich vorhatte.
»Hallo, ihr alle«, sagte ich und setzte mich in den Sessel Victoria gegenüber.
Sie wandte sich an Grant, der offensichtlich ausgewählt worden war, um das Gespräch zu führen. Bestimmt hatten sie beim Mittagessen vorhin jedes Wort geprobt.
»Du hast uns erwartet, nicht wahr?«, begann er leise.
»Nein, nicht wirklich. Ich habe es erst von Jake erfahren, dass ihr kommt, denn er informierte mich, dass er euch in Richmond vom Flughafen abholen würde. Ich musste raten warum.«
Grant drehte sich zu Victoria um, die sich zurücklehnte, die Arme auf den Sessellehnen, und aussah wie eine Königin, die gerade eine Gefängnisstrafe für einen ihrer Untertanen verkünden wollte. Ihr langer, dünner, rechter Zeigefinger bewegte sich nervös auf und ab.
»Ich dachte, du wolltest sie anrufen«, sagte er.
»Was macht das denn schon für einen Unterschied? Sie geht doch sowieso nirgendwo hin«, sagte sie. Dann gab sie nach und fügte hinzu: »Ich wusste, dass Jake es ihr erzählen würde.«
Sie hob den Blick und schaute Grant an, offensichtlich besorgt, er könnte verärgert sein.
»Okay, ich entschuldige mich, dass es aussieht wie ein Überfall, Rain.Wir hatten nicht vor, so bei dir hereinzuplatzen.«
»Das tut ihr nicht«, sagte ich.
»Gut. Jetzt wo die Dinge sich etwas beruhigt haben, sollten wir alle in Ruhe betrachten, was bis jetzt passiert ist und was jetzt geschehen sollte, zum Wohle aller Beteiligten«, fügte er rasch hinzu.
»Das erscheint mir reichlich spät«, sagte ich und wandte mich direkt an meine Mutter, die weiter meinem Blick auswich.
»Ja, über Vergangenheit zu klagen nutzt wirklich niemandem. Es ist wie Wunden wieder aufzureißen,
die dann bluten und bluten. Eine Heilung ist längst überfällig«, sagte er.
Grant hatte eine kräftige wohlklingende Stimme, die Aufrichtigkeit und Gefühl vermitteln konnte. Er wird ein toller Kandidat für ein politisches Amt sein, dachte ich.
Ich warf Victoria einen Blick zu und sah, wie eindringlich sie ihn anschaute. Fast so, als spräche er mit ihr und nicht mit mir. Nur wenn sie ihn anschaute, stellte ich fest, wurde ihr Gesicht weich. Das erweckte meine Neugierde fast genauso wie der Zweck dieses Treffens.
»Also, niemand hier will dir absprechen, was dir rechtmäßig gehört. Niemand hier will, dass du in deine früheren unglückseligen Umstände zurückkehrst.«
»Niemand?«, fragte ich und warf einen Blick auf Victoria.
»Niemand«, beharrte er. »Es gibt jedoch ein offensichtliches Missverhältnis der guten Absichten, ein offensichtliches Ungleichgewicht. Mrs Hudson sah dies alles bestimmt als eine Gelegenheit, das Unrecht wieder gutzumachen, das ihrer Meinung nach an dir begangen worden war.Wie jede Mutter wollte sie das Unrecht wieder gutmachen, das ihr Kind begangen hatte«, erklärte er.
Während er über mich und die Affäre meiner Mutter mit einem Afroamerikaner sprach, warf er ihr nicht einmal einen Blick zu. Er könnte genauso gut über irgendeinen Mandanten sprechen.
Rein äußerlich ganz der Profi, konnte er sich sogar von seiner eigenen Frau distanzieren.
Meine Mutter hob den Blick nicht vom Boden, ihre rechte Hand an ihrem Hals, als suchte sie eine Perlenkette, die sie streicheln konnte, während die rechte auf ihrem Oberschenkel lag. Sie sah aus, als hielte sie sich an einem Geländer fest, um nicht hinzufallen.
»Ich glaube nicht, dass meine Großmutter irgendetwas aus einem Schuldgefühl heraus tat«, sagte ich. »Dazu war sie nicht der Typ. Sie tat, was sie für richtig hielt, und sie hatte ihre Gründe dafür. Sie können das unverhältnismäßig nennen oder welches Wort Sie auch sonst immer dafür benutzen möchten, aber das hat sie beschlossen, und sie war zu dem Zeitpunkt alles andere als verrückt. Ihr Anwalt ist bereit, das vor Gericht zu beschwören.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Grant, der immer noch in vernünftigem Ton mit mir sprach, »aber wenn diese Dinge vor
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