Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Titel: Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
nach Liebe.
    »Okay«, sagte ich und ging auf die Treppe zu. Als ich sie erreichte, kam Suze aus der Küche und starrte mich an, während sie eine Pfanne mit einem Geschirrtuch abtrocknete. Ihr Blick war durchdringend auf mich gerichtet.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte ich zitternd.
    »Wer hat dich geschickt?«, fragte sie im Flüsterton. Die Augen riss sie in Erwartung der Antwort weit auf.
    »Was? Mich geschickt? Niemand hat mich geschickt. Ich bin mit Harley gekommen.«
    »Warum du gekommen?«, hakte sie rasch nach.
    »Sie wissen warum«, sagte ich.
    Sie starrte mich weiter an. Ich unterdrückte einen
Schrei und lief die Treppe hinauf auf der Flucht vor ihr. Vielleicht sollte ich nicht bis morgen früh warten, dachte ich.Vielleicht sollte ich Harley bitten, mich auf dem Motorrad zum Flughafen zu bringen, oder mit dem Taxi fahren. Ich saß auf dem Bett und dachte nach.War es richtig, ihn hier alleine zurückzulassen? War er später womöglich wütend auf mich, dass ich abgereist war, ohne ihm von meinen Entdeckungen zu erzählen?
    In meinem Kopf herrschte ein solcher Aufruhr, dass ich nicht wusste, ob mir davon oder von dem Schmerz, der von meinem Knöchel das Bein hoch ausstrahlte, so übel und schwindelig wurde. Ich musste mich hinlegen. Von unten hörte ich das Gemurmel von Suzes Sprechgesängen. Das kam wohl aus ihrem heiligen Zimmer. Wie sollte ich bloß einschlafen bei allem, was hier vor sich ging? Ich hätte unten bei Harley bleiben sollen.
    Ich schloss die Augen und versuchte zu überlegen, was Mommy tun würde. Sie würde nicht abreisen, ohne Harley alles zu sagen. Sie würde sagen: »Die Wahrheit ist vielleicht schwer zu schlucken, aber schlucken musst du sie, wenn du dich freimachen willst von Täuschung, besonders wenn die Person, die du täuschst, du selbst bist.«
    »Ich muss es ihm sagen«, murmelte ich. »Ich muss einfach.«
    Warum waren meine Augenlider so schwer? Ich kämpfte, um sie offen zu halten. Ich wollte hören, wann Harley die Treppe heraufkam, und ihn sofort in mein Zimmer rufen. Ich würde angezogen bleiben und warten.
    Ich ruhe mich nur ein bisschen aus, aber ich achte
weiter darauf, ob er kommt. Ich versuchte wach zu bleiben, aber ich fühlte mich wie ein Bergsteiger auf einem Hügel aus purem Eis; meine Füße glitten aus, bis ich vollständig den Halt verlor und rasch hinunterglitt in die Dunkelheit eines Tunnels, durch den ich in ein Meer von Alpträumen stürzte.
    Suzes Gesicht drang durch die Dunkelheit. Ihre Augen glitzerten wie Alufolie, die ebenholzschwarzen Pupillen rotierten wie winzige Drillbohrer, die auf mich gerichtet waren. Ich hörte, wie ich aufschrie, und sie zerplatzte wie eine Seifenblase, wurde aber sofort ersetzt durch die grauenhafte Ratte im heiligen Zimmer. Ihr Körper schwoll an, bis ihr Kopf in den grauen Falten verschwand und sie sich in einen dunkelgrauen Ball verwandelte, der auf mich zurollte.
    Ich merkte, dass ich rannte, hinkte, wenn mein Fuß den Boden berührte und den Schmerz auslöste, der wie Pfeile in meinem Bein hochschoss, Pfeile, die bis in meinen Unterleib gelangten. Ich stöhnte. Der Boden unter mir wurde zu immer weicherem Matsch. Ich versank immer tiefer, bis ich untertauchte, der Matsch mir in Mund und Nase drang und mich zum Würgen brachte.
    Ruckartig öffneten sich meine Augen. Rasch schaute ich mich um. War ich wach, oder befand ich mich immer noch in einem Alptraum? Ich hielt die Luft an und lauschte. Ich hörte keinen Sprechgesang mehr. Alles war still und sehr dunkel. Ich warf im sanften Mondlicht einen Blick auf meine Uhr und sah, dass ich stundenlang geschlafen hatte. Oh nein, dachte ich. Harley ist bereits
zu Bett gegangen. Ich hatte zu tief geschlafen, um ihn zu hören.
    Ich setzte mich auf und fühlte mich einfach schrecklich: mein Rücken tat mir weh, mein Bein fühlte sich an, als wäre es vor Schmerzen taub geworden, und in meinem Magen rumpelte es weiter. Warum hatte ich bloß Suzes scharfes Essen gegessen? Ich fand meine Krücke und stand auf. Im Flur brannte kein Licht, aber meine Augen hatten sich ausreichend an die Dunkelheit gewöhnt, um sicher ins Badezimmer zu kommen.
    Hinterher fühlte ich mich noch schwächer und kränker. Ich glaubte mich übergeben zu müssen, behielt es aber bei mir und kehrte in mein Zimmer zurück. Dort lag ich zusammengerollt, stöhnte leise vor mich hin und schimpfte mit mir, weil ich so dumm gewesen war. Sobald ich von den Lügen erfahren hatte, hätte ich sie laut hinausschreien sollen

Weitere Kostenlose Bücher