Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
Harley. Du hast kaum geschlafen, und gegessen oder getrunken hast du auch nichts.«
»Ich muss uns beide hier herausholen«, stöhnte er, die Augen glasig von Tränen der Wut und Frustration. »Du musst doch nach Hause.Wir müssen beide nach Hause«, sagte er.
»Das werden wir, Harley. Wir werden hier herauskommen«, sagte ich leise.
Er beruhigte sich und schaute sich die Öffnung an, die er gerissen hatte.
»Kannst du da drinnen irgendetwas sehen?«, fragte ich.
»Nein. Es ist sehr dunkel. Offensichtlich sind auf der Seite auch keine Fenster.Trotzdem könnte es eine weitere Tür geben, vielleicht eine, die direkt nach draußen führt.Viele von diesen alten Häusern hatten Kellertüren und Treppen mit einer Metalltür, die nach draußen führten. Ich werde langsamer arbeiten«, versprach er und ging jetzt methodischer an die Arbeit.
Während er arbeitete, durchsuchte ich den kleinen Raum nach etwas anderem, das als Werkzeug dienen könnte. Unter der Treppe sah ich ein dickes Stück Holz und zog es heraus – etwa einen Meter lang, fünf Zentimeter dick und zehn Zentimeter breit.
»Harley?«
Er drehte sich um und lächelte.
»Ja, das ist gut. Gute Arbeit«, sagte er und nahm es mir ab. Er benutzte es, um mehr von der Wand wegzustemmen. Bald hatte er genug entfernt, um hindurchzuschlüpfen.
»Sei vorsichtig«, warnte ich ihn. »Verletz dich nicht und tritt auf nichts Scharfes.«
Er hatte weder ein Hemd noch Schuhe oder Socken an.
»Okay, okay«, tat er das eifrig ab und glitt behutsam durch die Öffnung auf die andere Seite.
Er war eine ganze Weile so still, dass ich nervös wurde.
»Harley?«
»Alles in Ordnung«, sagte er. »Das ist sehr seltsam. Ich suche noch nach Licht, aber es sieht aus, als wäre ich in einem alten Wohnzimmer oder so etwas.Warte.«
Es flackerte, dann ging das Licht an.
»Der Strom funktioniert«, rief er.
Ich steckte den Kopf durch die Öffnung und schaute mich um. Es sah tatsächlich wie ein altes Wohnzimmer aus. Da standen ein dick gepolstertes hellbraunes Sofa und gegenüber eine passende Sitzbank mit einem Tisch dazwischen. Neben dem Sofa war eine Stehlampe mit einem Blumenschirm und rechts neben der Sitzbank die kleine Lampe, die Harley angemacht hatte.
»Das ist mehr als nur ein Wohnzimmer«, rief Harley hinter einer weiteren Wand. »Hier hinten ist eine kleine Einbauküche und auch ein Badezimmer.
Das Wasser läuft«, rief er. »Ich lasse es eine Weile laufen, dann können wir es unbesorgt trinken.«
Ich beschloss, auch durch die Öffnung zu schlüpfen. Ich versuchte meinen verletzten Knöchel nicht zu belasten, als ich zum Sofa hüpfte. Es war sehr staubig. Unsere Bewegungen wirbelten die Staubschichten auf dem Betonfußboden auf, das machte die Luft noch stickiger. Wasser war von Zeit zu Zeit durch die Grundmauern eingedrungen und hatte an Wänden und Boden Flecken hinterlassen.
Jemand hatte früher einmal versucht, dies in einen Zufluchtsort zu verwandeln. Man erkannte ein paar schwache Versuche, dem Zimmer Wärme zu schenken. Obwohl es keine Fenster gab, war ein Vorhang aufgehängt worden, um den Anschein zu erwecken, als wäre dort ein Fenster. Die Hälfte des Vorhangs hing herunter. Er war einst weiß-blau gewesen, sah aber jetzt grau und sehr schmutzig aus. Hier und dort hingen gerahmte Drucke von ländlichen Szenen: Farmhäuser,Wälder und Felder. Eine Uhr steckte in einem handgeschnitzten Schweizer Haus mit Figuren von Milchmädchen und Sennern auf einer kleinen Platte davor. Die kleine Tür sah aus, als öffnete sie sich zu jeder vollen Stunde. Ich berührte das Pendel, und zu meiner Überraschung begann es gleichmäßig vor und zurück zu schwingen, die Uhr fing an zu ticken, als hätte sie nie stillgestanden.
Auf dem Tisch neben dem Sofa lagen die Überreste von jemandes Bemühungen, einen dunkelblauen Pullover zu stricken. Ein Beutel mit Wolle, weitere Stricknadeln und ein paar fertige Strickstücke lagen daneben. An der Wand hinter der Polsterbank stand ein Tisch mit
einem alten Plattenspieler und einem Stapel mit etwas, das für mich wie Antiquitäten aussah – Langspielplatten, wie ich sie von uns zu Hause kannte, Schallplatten, die einst meine Urgroßeltern gesammelt hatten.
Harley hatte das Zimmer durchquert und eine weitere Lampe angeschaltet. Sie stand neben einem Schlafsofa. Auf dem Bett lagen immer noch eine Decke, Kissen und ein Laken. Am Fuß des Bettes befand sich ein Schrankkoffer. Er hob den Deckel hoch und spähte hinein.
»Noch mehr
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