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Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Titel: Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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mit sehr sachlicher Stimme. Lässig trat er zum Bett herüber, beugte sich hinab, um die Hände auf meine Schultern zu legen, und brachte seine Lippen nahe an meine. Ich war zu geschockt, um einen Ton des Widerstands vorzubringen. Es war ein langer, warmer Kuss. Als seine Lippen sich von meinen lösten, hielt ich die Augen noch geschlossen.
    Sobald ich sie öffnete, küsste er mich wieder. Dann trat er zurück, und ich schnappte nach Luft.
    »Okay«, meinte er. »Jetzt fühle ich mich besser.« Er ging zu seinem Platz zurück, schaute auf sein Blatt und wandte sich an mich. »Ich habe das Ende der letzten Frage verpasst, Nummer zehn.«
    Er hob den Füller und wartete.
    »Nummer zehn?«, wiederholte er. Ich sah wohl aus, als befände ich mich in einem Schockzustand.
    »Was? Ach so, die war über Macbeth.«

    Ich blätterte die Notizzettel durch, während er wartete. Jedes Mal, wenn ich ihm einen Blick zuwarf, hatte er dieses sanfte glückliche Lächeln auf den Lippen. Schließlich fand ich die Frage und wiederholte sie. Er nickte und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
    Meine Wangen glühten, als stünden sie in Flammen.
    Rasch knöpfte ich die Bluse zu und schaffte es schließlich, zu schlucken und tief Luft zu holen.
    Nachdem er gegangen war, blieb ich so lange wie möglich auf, um für meine eigenen Arbeiten zu lernen, aber bevor ich schlafen ging, stand ich nackt am Fenster und schaute über den See hinaus zu ihrem Haus, zu dem erleuchteten Fenster, hinter dem er sich befand, und hatte das Gefühl, als ruhten seine Blicke auf mir.
    Seinen Kuss spürte ich immer noch auf meinen Lippen, als ich den Kopf auf das Kissen legte.
    Ich schlief erst ein, als ich in einen Ort tief in mir selbst versank, ein gemütliches Plätzchen, wo sich nie Unfälle zutragen, wo Menschen nie wütend aufeinander werden, wo niemand je weinte und wo der Regen, wenn es überhaupt regnete, weich und sanft war, jeder Tropfen voller Süße und Licht, und hinterher überragte uns immer ein Regenbogen.
    Zwei Tage später begannen wir beide mit den Abschlussprüfungen.
    Harley bestand all seine Prüfungen. Selbst Onkel Roy konnte nur sagen »Aber klar«, als Daddy vorschlug, dass sie mit uns ausgehen sollten, um unsere guten Noten und Harleys Schulabschluss zu feiern.

    Mommy beschloss, Tante Glenda zu helfen, sich auf die Feier vorzubereiten. Ich brachte Mommy zu ihrem Haus hinüber, damit sie mit ihr darüber reden konnte, wie es wäre, sich etwas Neues zum Anziehen zu kaufen. Wie üblich brachte die Vorstellung, in die Öffentlichkeit zu gehen und all diese Dinge zu tun, einen eisigen Blick der Angst auf Glendas Gesicht.Aber Mommy sprach ruhig und freundlich auf sie ein, trank eine Tasse Tee mit ihr, versicherte ihr, dass sie sie in alle Kaufhäuser begleiten werde, und ging schließlich, als Glenda sich einverstanden erklärt hatte mitzukommen. Mommy hatte sanft darauf hingewiesen, dass Harley es verdiene, seinetwegen aufgeregt zu sein.
    »Er hat eine Menge geschafft, Glenda. Er braucht es, dass du am Tag seines Schulabschlusses stolz lächelst.«
    Ich dachte,Tante Glenda würde anfangen zu weinen. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, aber sie holte Luft und nickte. Dann schaute sie zum Hinterfenster der Küche hinaus auf Latishas Grab.
    »Es hätte ein wunderbarer Tag für uns alle sein können«, sagte sie.
    »Er wird es für Harley sein«, betonte Mommy.
    An jenem Tag war ich so stolz auf sie, stolz, wie sie es schaffte, mit jemandem umzugehen, der so zerbrechlich war wie Tante Glenda. Woher hatte Mommy all ihre Weisheit, fragte ich mich. Einen so großen Teil ihres Erwachsenenlebens war sie auf den Rollstuhl beschränkt und musste systematisch ihre Therapien durchführen. Sie hätte ein sehr kosmopolitisches Leben führen können,
reisen, alle möglichen Menschen kennen lernen, dennoch verschwendete sie zu Hause keinerlei Zeit darauf, in Selbstmitleid zu schwelgen. Sie ließ das Licht hell in sich leuchten und hielt die Dunkelheit fern.
    Durch Mommys Einfluss ging Tante Glenda sogar in einen Schönheitssalon, ließ sich das Haar schneiden und die Fingernägel maniküren. Sie blieben in der Kosmetikabteilung des Warenhauses stehen, und die Kosmetikerin dort schminkte Tante Glenda, um ihr einige der Möglichkeiten vorzuführen. Nachdem sie und Mommy sich für ein neues Kleid, dazu passende Schuhe und eine passende Handtasche entschieden hatten, sah Tante Glenda aus, als seien ihre Jugend und Schönheit wieder auferstanden.
    Niemand war

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