Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
Erinnerungen nicht aufwecken, die zu unseren Füßen schlummerten.
Großmutter Megan und Großvater Grant besuchten uns, nachdem ich eine Woche wieder zu Hause war. Ich fand jeden Augenblick grauenhaft. Mommy empfand das ebenso, weil Großmutter Megan ihren Besuch begann, indem sie sich aufführte, als wäre ich gestorben.
»Du armes, armes Kind«, sagte sie, sobald sie mich erblickte. »Du armes kleines Mädchen.«
»Sie ist wohl kaum noch ein kleines Mädchen, Mutter«, sagte Mommy. »Und das meine ich nicht wegen dem, was passiert ist. Sie ist sechzehn Jahre alt, sehr reif und verantwortungsbewusst.«
Großvater Grant ging mit Daddy ins Arbeitszimmer und ließ uns im Wohnzimmer allein.
»Ja, ja, das weiß ich. Was hat der Arzt gesagt?«, fragte Großmutter Megan Mommy.
»Sie sagte, es gehe ihr gut. Es gibt keine Komplikationen, falls es das ist, was du meinst.«
»Sie? Summer geht zu einer Ärztin?«
»Dr. Melrose. Sie arbeitet bei Dr. Stern in der Praxis, und Summer fühlt sich bei ihr wohler.«
»Ach so.« Sie schaute mich wieder so voller Mitleid an, dass ich dachte, sie würde jeden Moment anfangen zu weinen.
»Mir geht es gut, Großmutter«, beharrte ich, aber ihr kummervoller Gesichtsausdruck verstärkte sich nur.
»Ich finde es schrecklich, dass du so früh im Leben deine Unschuld verloren hast, Summer«, fuhr sie fort und seufzte dramatisch, als sie sich zurücklehnte und den Blick zum Fenster schweifen ließ.
Mommy sah mich an und lächelte verbittert.
»Du warst auch nicht viel älter, als du deine verloren hast, Mutter«, sagte sie.
Großmutter Megan erstarrte und schaute sie an.
»Und wenn, Rain. Schließlich geschah das mit meinem Einverständnis. Dadurch habe ich wohl kaum in gleicher Weise meine Unschuld verloren.«
»Es hat keinen Zweck, dafür zu sorgen, dass sie sich noch schlechter fühlt, Mutter.«
»Das weiß ich. Glaubst du, ich weiß das nicht?« Sie hielt inne und musterte mich. »Du darfst nicht mehr daran denken«, sagte sie. »Du musst so tun, als sei es nie geschehen, als sei es nur ein böser Traum. Das tue ich auch, wenn ich mit etwas Unangenehmem konfrontiert werde, und es funktioniert, wenn du dich wirklich bemühst. In letzter Zeit«, fuhr sie fort, jetzt mehr an Mommy gewandt als an mich, »mache ich das nur noch in Bezug auf Alison. Weißt du, dass sie letzte Woche viermal ausgegangen ist mit vier verschiedenen Männern? Als ich einen Kommentar dazu abgab, sagte sie mir, sie mache einen Schaufensterbummel. Also, was soll das heißen, Schaufensterbummel? Wie macht man einen Schaufensterbummel bei Männern?«
»Warum hast du sie nicht gefragt?«, erkundigte Mommy sich.
»Und lasse es mir von ihr erklären? Nein, danke. Nein, vielen Dank. Das Mädchen genießt es, mich zu schockieren. Ich will gar nichts hören über irgendeine ihrer Eroberungen.«
»Sie sucht doch nur Aufmerksamkeit. Du musst ihr zeigen, dass du an ihr interessiert bist, Mutter.«
»Was? Wie kannst du das sagen? Schau dir an, was ich ihr alles gekauft habe, und all die Möglichkeiten, die ich ihr geboten habe. Ich habe sie auf mehr Reisen geschickt, als ein Reiseveranstalter macht. Und ich kann dir gar nicht sagen, wie oft Grant ihr aus der einen oder anderen Schwierigkeit heraushelfen musste.
Sie ist einfach undankbar«, meinte Großmutter Megan abschließend. »Verzogen und undankbar.«
»Daran hast du nur dir selbst die Schuld zuzuschreiben, Mutter.«
»Unsinn. Manche Mädchen … neigen einfach dazu, verzogen zu werden. Ich war doch nicht verzogen, oder? Und ich bekam alles, was ich wollte. Mein Vater glaubte, die Sonne gehe über meinem Lächeln und meinen Tränen auf und unter.«
Wieder schaute sie mich an und schüttelte mit zitternden Lippen den Kopf.
»Du armes, armes Schätzchen. Deine erste Erfahrung mit einem Mann sollte wundervoll sein, romantisch, etwas, das man für immer und ewig im seinem Herzen bewahrt. Vergiss es.Vergiss es einfach.Weißt du, was du tun
solltest?«, sagte sie, plötzlich lebhaft. »Du solltest in den Garten hinausgehen und die Erinnerungen begraben. Ich mache so etwas, und es hat immer funktioniert.«
»Die Erinnerung begraben?« Ich schaute Mommy an, die nur die Achseln zuckte und den Kopf schüttelte. »Wie machst du das, Großmutter?«
»Ich zeige es dir«, sagte sie und sprang auf. »Hol einen Zettel und einen Stift. Nun komm schon«, beharrte sie.
»Mutter, bitte. Das ist doch lächerlich«, tadelte Mommy sie leicht.
»Das ist es nicht. Summer
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