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Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Titel: Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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findet das nicht. Nicht wahr, Schätzchen?«
    »Ich …«
    »Hol einfach ein Blatt Papier und einen Stift«, sagte sie.
    Ich schaute Mutter an, die einen Blick zur Decke warf, und stand dann auf, ging in die Küche und holte den Block und den Stift, die immer neben dem Telefon lagen.
    »Gut«, sagte sie, als ich die Sachen mitbrachte. »Jetzt setz dich hierher«, sagte sie und klopfte auf den Stuhl neben dem Ecktisch. Sie legte Stift und Block auf den Tisch. »Na los.«
    Ich tat, worum sie mich gebeten hatte, und schaute zu ihr hoch.
    »Schreib so einfach und so schnell du kannst auf, was passiert ist. Na los«, befahl sie.
    »Mutter«, protestierte Mommy.
    »Sei einfach einen Moment ruhig, Rain. Du weißt
nicht alles, was es zu wissen gibt. Ich habe mit zunehmendem Alter einiges gelernt.«
    »Ich möchte das eigentlich nicht, Großmutter«, sagte ich.
    »Natürlich möchtest du das nicht. Es ist schmerzlich, aber es ist so wie das Erbrechen von Verdorbenem. Es muss raus. Mach schnell. Na los, Liebes.«
    Sie stand neben mir, wartete wie eine Grundschullehrerin, die darauf besteht, dass eine Schülerin den Satz immer wieder schreibt, bis er fehlerlos ist. Ich holte Luft, überlegte einen Augenblick und kritzelte dann das Wesentliche in zwei Sätzen hin: Ich ging mit einem Jungen spazieren. Er zerrte mich in sein Auto und vergewaltigte mich.
    »Perfekt«, sagte Großmutter Megan. Sie riss das Blatt aus dem Block und faltete es immer wieder, bis es nur noch zwei oder drei Zentimeter breit war. Sie hielt es fest in ihrer geballten Faust, als hätte sie eine lästige Fliege gefangen. »Jetzt holen wir eine Schaufel, suchen eine abgelegene Stelle draußen und vergraben es so tief wir können. Komm mit«, sagte sie, voller Tatkraft wegen dieses Plans.
    »Jeder wird dich für absolut verrückt halten, Mutter.«
    »Es braucht nicht jeder zu wissen«, erwiderte sie. »Summer?«
    Mutter schaute mich mit plötzlich neugierigem Gesichtsausdruck an. Ich fragte mich, ob es funktionieren würde.Vielleicht steckte ja ein Zauber darin. Großmutter Megan war ganz bestimmt eine Expertin, wenn es darum ging, jeder Traurigkeit aus dem Weg zu gehen.

    »Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich schaue mal, was Mrs Geary uns zum Mittagessen macht«, sagte Mutter und rollte davon.
    »Komm mit, Liebes«, sagte Großmutter Megan und legte mir den Arm um die Schultern.
    Gemeinsam gingen wir hinaus.
    »Wo werden jetzt die Gartengeräte aufgehoben?«, fragte sie.
    »Immer noch in dem Schuppen neben der Garage«, sagte ich und zeigte darauf.
    Wir gingen dorthin, und ich entdeckte einen Spaten.
    »Ich kenne die genaue Stelle, zu der wir gehen müssen«, flüsterte sie.
    Sie führte mich um das Haus herum und dann nach rechts, fast bis zum Wald.
    »Dort habe ich einmal eine Puppe begraben«, erzählte sie mir. »Ich hatte sie fallen lassen, und sie war in zwei Stücke zerbrochen. Mein Vater hatte sie mir von einer Reise mitgebracht. Sie war so schön und kostbar. Ich weinte so bitterlich, dass es mir fast das Herz brach, und dann meinte mein Vater, ich sollte meine Puppe beerdigen. Meine Schwester Victoria hielt das für absolut lächerlich, aber mein Vater und ich kamen hier heraus. Er schaufelte das Grab, und wir legten die kaputte Puppe in die Erde. Dann bedeckte er sie, wir sprachen ein Gebet, und ich fühlte mich besser.
    Fang an, heb ein kleines Grab aus und beerdige dein Grauen«, befahl sie.
    Ich schaute mich um. Niemand draußen beobachtete
uns, aber als ich zum Haus schaute, glaubte ich Mommy in der Küche aus dem Fenster spähen zu sehen. So schnell ich konnte, grub ich ein Loch.
    »Wirf es hinein«, forderte sie mich auf und hielt mir das gefaltete Blatt hin.
    Das tat ich und bedeckte es schnell mit Erde. Sie trat fest auf das bedeckte Loch, als zertrampelte sie ein widerliches Insekt.
    »Trampel darauf«, befahl sie.
    Ich trat darauf.
    »Fester«, wies sie mich an. »Na los. Fester, viel fester.«
    Das tat ich und hatte das seltsame Gefühl, meine Alpträume zu zerquetschen.
    »Fester«, rief sie wieder und fügte dann hinzu: »Stirb, stirb, stirb.«
    Das murmelte ich auch.
    »In Ordnung«, sagte sie und legte mir die Hand auf die Schulter. Sie lächelte mich an. »Es ist weg. Du hast dich davon befreit. Fühlst du dich leichter, freier? Nun? Wie ist es?«
    »Ja«, sagte ich.Vielleicht war es verrückt, aber in dem Augenblick tat ich es.
    Wir gingen zum Schuppen zurück, um den Spaten wegzuräumen, und kehrten dann zum Lunch ins Haus

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