Die Hüter der Nacht
stieß seine Jacke zurück und griff nach seiner Pistole.
»Nein!«, rief Danielle.
Sie warf sich gegen Mundt und riss ihn zu Boden, als die ersten Schüsse peitschten und die Kugeleinschläge feuchte Erde auf sie schleuderten.
73.
»Gibt es da etwas, das Sie mir nicht erzählt haben, Inspector?«, fragte al-Asi Ben, bevor sie die ehemalige israelische Militärkaserne betraten, die zum Gefängnis von Jericho umgewandelt worden war.
»Wenn Sie fragen, wissen Sie, dass es etwas gibt.«
Al-Asi blieb vor dem Eingang stehen. »Betrifft es Pakad Barnea?«
Ben musste unwillkürlich lächeln. »Ganz gleich, wie viel Achtung ich vor Ihnen habe, Colonel, es ist niemals genug.«
»Ich hoffe nur, dass es nichts mit dem Besuch zu tun hat, den ihr beide letzte Woche bei Pakad Barneas Arzt gemacht habt.«
Ben schüttelte erstaunt den Kopf. »Sie beobachten mich, Colonel?«
»Ich beobachte jeden, Inspector.«
»Nur Feinde, dachte ich.«
»Freunde sind wichtiger.«
»Aber Sie wissen nicht, was in der Arztpraxis geschah.«
»Meine Überwachung endet an der Tür.« Al-Asi blickte zurück zu dem Wohnmobil, das gegenüber der Straße parkte. Hier, am Stadtrand von Jericho, brauchte er sich keine Sorgen zu machen, dass der große Winnebago nicht durch die engen Straßen passte. Im Wohnmobil schauten seine Frau und die jüngsten Kinder sich einen weiteren Zeichentrickfilm auf Video an – ein Geschenk von Ben zum vergangenen Weihnachtsfest. »Aber wenn meine Überwachung an der Tür endet, heißt das nicht, dass auch meine Besorgnis um Sie dort endet«, fügte al-Asi hinzu.
»Danke, Colonel.«
Offiziell fiel der Betrieb des Gefängnisses unter die Zuständigkeit von Arafats paramilitärischer Organisation Tanzim. Doch al-Asi hatte sein Kommen telefonisch angekündigt. Es amüsierte Ben stets, den Schock auf den Gesichtern der Beamten zu sehen, wenn al-Asi ohne Vorwarnung erschien. Heute war das nicht anders. Der Beamte vom Dienst sprang vom Stuhl auf, warf dabei eine Tasse Tee um und hielt die hohlen Hände unter den Schreibtisch, um die verschüttete Flüssigkeit aufzufangen.
»Was kann ich für Sie tun, Colonel?«, fragte der Mann eifrig, während sich trotz seiner Bemühungen eine Teelache auf dem Boden bildete.
Sekunden später wurden al-Asi und Ben zu einer Zelle im zweiten Stock geführt, wo der palästinensische Fußballstar Abdel Sidr eingesperrt war.
»Er ist der einzige Häftling hier oben, sidi«, sagte der Beamte vom Dienst nervös zu al-Asi. »Aus offenkundigen Gründen.«
»Sidrs Festnahme ist noch nicht öffentlich bekannt gemacht worden«, erklärte der Colonel Ben. »Er ist schließlich ein Volksheld.«
Der Beamte vom Dienst schloss die schwere Holztür auf und zog sie auf. Der Fuß klemmte und kratzte über den Boden. Als die Tür sich nicht ganz aufziehen ließ, forderte der Beamte al-Asi und Ben mit einer Geste auf, die Zelle zu betreten.
»Lassen Sie uns allein«, sagte der Colonel.
Ben hörte, wie sich die Schritte des Mannes auf dem Gang entfernten und sah, wie sich Abdel Sidr von der steinernen Bank erhob, die in die Seitenwand eingelassen war.
»Sie wissen, wer ich bin?«, fragte al-Asi den Häftling.
Sidr schaute al-Asi an, als wäre Ben nicht anwesend. »Jeder weiß, wer Sie sind.«
»Dann hören Sie genau zu. Sie haben sich bis jetzt geweigert, Fragen zu beantworten. Das muss sich ändern. Arbeiten Sie mit uns zusammen, und es gibt vielleicht eine Möglichkeit, wie ich Sie hier rausholen kann. Ich verspreche nichts, wohlgemerkt, aber ich bin in der Lage, die Dinge zu beeinflussen. Sie können vielleicht sogar wieder vor Ende nächster Woche für das Team spielen. Ist das klar?«
»Ja, sidi.«
»Sehr gut. Nun, ich glaube, Sie haben Inspector Bayan Kamal von unserer Polizei bereits kennen gelernt.«
Der Fußballstar nahm Ben endlich mit einem flüchtigen Blick zur Kenntnis.
»Inspector Kamal«, fuhr al-Asi fort, »wird Ihnen einige Fragen stellen. Sie werden jede Frage vollständig und wahrheitsgemäß beantworten. Sie werden nicht zögern und nichts verschweigen. Ich versichere Ihnen, dann meinen Einfluss zu Ihren Gunsten geltend zu machen.« Der Colonel blickte zu Ben. »Inspector.«
»Wann wurden Sie von Mahmoud Fasil angeheuert?«
»Ich habe ihn zum ersten Mal gesehen, als er mich nach dem Spiel auf dem Platz umarmt hat.«
»Dann hat jemand anders das vorher arrangiert.«
Sidr nickte und lehnte sich mit dem Rücken an die Zellenwand. »Ein paar Tage vor dem Spiel. In einer
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