Die Hüter der Nacht
das.«
»Vielleicht.« Ben suchte weiterhin nach den richtigen Worten. »Ari war in eine Sache verwickelt, von der Sie nichts wussten.«
»Jetzt weiß ich von Projekt vier-sechs-null-eins«, sagte Hessler traurig.
»Davon wussten auch vier Schüler in Israel und Palästina, die alle im vergangenen Monat ermordet wurden. Ich kann mir vorstellen, dass Ihr Sohn glaubte, keine Wahl zu haben.«
»Keine Wahl? Wovon reden Sie?«
Ben zögerte. »Er ließ sie ermorden.«
Die Miene des alten Mannes spiegelte aufsteigenden Zorn wider. Seine Lippen zitterten. »Schüler? Das ist doch lächerlich! Warum sollte Ari so etwas tun?«
»Weil sie ihn erpresst haben.«
»Ihn erpresst?«
»Mit der Drohung, die Existenz von Projekt vier-sechs-null-eins der Welt zu enthüllen und ihr Wissen darüber pharmazeutischen Konkurrenzfirmen preiszugeben.«
Paul Hessler schwankte plötzlich. Er stützte sich Halt suchend an das Glas der Verbindungsbrücke. »Ich glaube Ihnen nicht. Ich glaube, Sie wollen mich mit diesen bizarren Behauptungen erpressen. Ja, so muss es sein.«
»So ist es nicht, glauben Sie mir.«
»Das kann ich nicht. Und das werde ich nicht.«
»Vor einem Monat erhielt Ihr Sohn per E-Mail einen vertraulichen Bericht von jemandem namens Tess Sanderson hier in New York. Er lud den Inhalt eines Anhangs auf die Festplatte eines digitalen Bürogeräts in Ihrer Zentrale in Tel Aviv herunter. Einer dieser Schüler einer High School, der einen Nebenjob als Techniker hatte, entfernte die Festplatte des Geräts und speicherte den Inhalt. Er und die anderen drohten, ihr Wissen über Projekt vier-sechs-null-eins an den Meistbietenden zu verkaufen, wenn ihre Geldforderungen nicht erfüllt würden. Sie sagten sich, dass sie unter den führenden pharmazeutischen Unternehmen viele Interessenten finden würden, und sie hatten Recht. So zahlte Ihr Sohn ihnen eine Million Dollar.«
»Eine Million Dollar?«
»Doch damit hörte es nicht auf. Die Existenz von Projekt vier-sechs-null-eins war immer noch in Gefahr. Ihr Sohn konnte nicht sicher sein, dass die Schüler tatsächlich schweigen würden, solange sie am Leben waren, blieben sie eine Bedrohung für das Projekt. Ihr Sohn muss der Ansicht gewesen sein, keine Wahl zu haben. So ließ er die Schüler aufspüren und umbringen, Mr. Hessler. Ich bedauere, Ihnen das erzählen zu müssen.«
»Sie … Sie kommen hierher und erwarten von mir, dass ich Ihnen das alles glaube? Dass ich eine so lächerliche, skandalöse Geschichte für bare Münze nehme? Sie erwarten von mir, Ihnen zu glauben? Einem … einem …«
»Einem Palästinenser, einem Araber?«, vollendete Ben, als Hessler keuchend verstummte. »Nein, Sir, das erwarte ich nicht. Deshalb habe ich eine Diskette mitgebracht, die meine Behauptungen beweist.«
Hesslers Gesicht war rot angelaufen. Eine Ader pulsierte an seinem Hals. »Beweist diese Diskette auch, dass mein Sohn diese Schüler umgebracht hat?«
»Nicht vor einem Gericht. Aber es ist nicht das Gericht, das zählt, nicht wahr, Sir?«
Hessler betrachtete Ben jetzt neugierig. »Dann habe ich also Recht, nicht wahr, Inspector? Sie sind hier, um mich zu erpressen.«
»Nein, ich bin hier, um einen Handel zu machen.«
»Einen Handel?«
»Sie machen doch ständig Geschäfte, Mr. Hessler. Hier geht es nur um ein weiteres. Vorweg gesagt: Ich bin im Augenblick der Einzige, der weiß, was ich Ihnen soeben gesagt habe. Ihnen und Ihrer Familie kann die Schande erspart bleiben, die Peinlichkeit, dass Ihr Sohn der Komplizenschaft bei mindestens acht Morden schuldig ist.«
»Schaden oder Peinlichkeit sind mir scheißegal! Wir reden hier über meinen Sohn!«
»Und seinen guten Namen. Der ermordete Erbe des Hessler-Vermögens, verwickelt in die Ermordung von vier Kindern und verbündet mit Terroristen und Killern, die er anwarb, um die Exekution der Jugendlichen durchzuführen. Wollen Sie diesen Nachruf hören?«
»Es ist eine Lüge!«
»Schauen Sie sich die Diskette an, Sir. Sie werden feststellen, dass es keine Lüge ist.«
Ben konnte Hessler ansehen, dass er wieder kühl und logisch zu denken begann. »Und Sie sind der Einzige, der von alldem weiß?«
»Ich habe einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen.«
»Weiter!«
»Der Mann, den Sie nicht ausfindig machen konnten – Colonel al-Asi –, hat eine Kopie der Diskette von mir bekommen. Sollte mir irgendetwas zustoßen, wird er sie mitsamt meinem vollständigen Bericht an die internationalen Medien freigeben. Und da Sie al-Asi
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