Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hüter der Nacht

Titel: Die Hüter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
Vom Netzwerk:
der Lagerverwalter und zog eine Karteikarte aus dem Kasten. »Ich habe den anderen beiden Beamten erst vor ein paar Minuten den Weg zu ihrer Unterkunft erklärt.«
    Ben verspürte plötzlich ein flaues Gefühl im Magen. »Den anderen beiden Beamten?«
    »Was haben die Ashawis verbrochen? Die Verwaltung sollte informiert werden, wissen Sie«, rief der Mann Ben nach, als er durch die Tür hinauseilte. »Wir haben hier die Amtsgewalt!«
    Danielle arrangierte ein Treffen mit Asher Bain beim Holyland Hotel südwestlich der Stadt – genauer gesagt, außerhalb des Hotels in der Nähe der Miniatur-Nachbildung der Altstadt. Rekonstruiert aus Marmor, Stein, Holz, Kupfer und Eisen – den Materialien jener Zeit –, war das Modell eine genaue Nachbildung des biblischen Jerusalem. Danielle ging an der Miniatur-Version der großen Mauer entlang, die einst die Altstadt geschützt hatte, als sich ihr aus der entgegengesetzten Richtung ein Mann näherte.
    »Pakad Barnea, ich bin Captain Asher Bain.«
    Er hielt ihr die Hand hin, und Danielle ergriff sie und spürte einen kräftigen Händedruck. Asher Bain war nur ein wenig größer als sie mit ihren einsfünfundsiebzig. Er trug bequeme, weit geschnittene Freizeitkleidung, die jedoch nicht seine Körperfülle und die massige Statur verbergen konnte. Es war fast kein Hals zu sehen, und sein Gesicht war so kantig und von Falten zerfurcht, dass man denken konnte, ein Künstler hätte es mit einem Meißel bearbeitet. Sein schütteres Haar war militärisch kurz geschnitten. Er wirkte wie jemand, der sich in einer Uniform behaglicher fühlen und lieber ein Galil-Sturmgewehr unter dem Arm tragen würde als eine Broschüre, mit der er sich den Anschein gab, ein Tourist zu sein.
    »Woher kennen Sie mich, Captain Bain?«
    »Ich habe Ihr Bild gesehen, Pakad. Im Fernsehen und in der Zeitung.«
    »Ich sprach von der Ermittlung im Mordfall Hessler. Woher wussten Sie von meiner kurzen Beteiligung an der Ermittlung?«
    »General Janush sprach davon. Er wollte bei Paul Hessler anrufen und kondolieren. Er hatte sogar erwogen, in die Vereinigten Staaten zu fliegen und an der Beerdigung teilzunehmen, bevor er …«
    »Das mit seinem Tod tut mir Leid. Soviel ich hörte, starb er an einem Herzanfall.«
    »Das stimmt nicht. Ich war dort. Er wurde ermordet.«
    Sie schritten langsam um den Stadtrand des winzigen Jerusalem, das so exakt aus Kalkstein nachgebildet war, dass sogar die winzige Inschrift am Eingang eines Tempels zu sehen war.
    »Die Einzelheiten spielen keine Rolle«, fuhr Bain fort, der sich sichtlich unbehaglich fühlte. »Es zählt allein, dass General Janush nicht das einzige Mordopfer war. Gestern wurden zwei andere ermordet.«
    »Generäle?«
    »Zivilisten«, sagte Asher Bain. »Alte Männer, die keine Gemeinsamkeiten hatten.«
    Ben eilte durch die engen Höfe zwischen den Hütten im Lager, um so schnell wie möglich zu den Ashawis zu gelangen. Sein Gefühl sagte ihm, dass die Männer, die vor ihm eingetroffen waren, um nach der verschwundenen Familie zu suchen, nicht von der Polizei waren. Und sie waren zu zweit, er war allein. Nach ihrem bisherigen mörderischen Vorgehen zu urteilen, keine guten Aussichten.
    Als Ben die Hälfte des Weges zur Unterkunft der Verwandten der Ashawis zurückgelegt hatte, waren seine Füße mit Schlamm und dem Dung der Gärten bedeckt, die er durcheilt hatte. Ben war nur noch zwei schmale, schmutzige, von Unrat übersäte Gassen von seinem Ziel entfernt, als er beinahe mit zwei uniformierten Fatah-Repräsentanten zusammenstieß, die dem Lager vom Palästinensischen Rat zugeteilt worden waren.
    »Ich brauche Ihre Hilfe!«, sagte Ben, als er halbwegs zu Atem gekommen war.
    Die beiden jungen Männer tauschten erstaunte Blicke.
    »Ich bin palästinensischer Polizist.« Ben zeigte ihnen seinen Ausweis. »Es handelt sich um einen Notfall.«
    »Was können wir für Sie tun?«
    »Folgen Sie mir, und sagen Sie kein Wort.« Ben ging voran. »Hier entlang. Schnell!«
    »Ein alter Schullehrer, der bei einem Fahrradunfall ums Leben kam, ein prominenter Geschäftsmann, der bei einem ärztlichen Routineeingriff vergiftet wurde, und natürlich General Janush – das sind die drei Toten«, sagte Asher Bain.
    »Alle drei starben gestern?«
    Bain nickte. »So ist es, Pakad. Und alle waren Anfang siebzig.«
    »Mehr hatten sie nicht gemein, Captain?«, fragte Danielle.
    »Nein, Pakad. Das heißt, sie waren Überlebende des Holocaust, genau wie …«
    »Paul Hessler«,

Weitere Kostenlose Bücher