Die Hüter der Nacht
trocken waren. Ihr Gesicht zeigte keine Spur von Reue oder gar Trauer, doch in ihren Augen blitzte Empörung, und ihr Blick war hart.
»Ich habe mich geirrt, nicht wahr?«, fragte Ben. »Die Schüler brauchten Sie überhaupt nicht. Sie haben das alles ganz allein getan, bis Sie ihnen auf die Schliche kamen. Und dann wurden sie von Ihnen erpresst.«
Jane Wexler schwieg.
»Warum?«, fragte Ben. »Warum?«
»Ich will weg von hier, Inspector. Ich war in Amerika vor einigen … Problemen davongelaufen, kam jedoch vom Regen in die Traufe. Das Geld war meine Chance, von hier fortzukommen, heimzukehren und die Dinge in Ordnung zu bringen. Ich habe die Schüler um das Geld gebeten, das ich brauchte, um keinen Penny mehr.«
Ben bemühte sich nicht, seinen Abscheu zu verbergen. »Wie großzügig von Ihnen.«
Sie blickte ihn trotzig an. »Werden Sie mich festnehmen? Mich Ihrer israelischen Geliebten übergeben?«
Ben blieb ruhig. »Sie müssen sich größere Sorgen wegen einer anderen Sache machen. Wer immer Ihre Schüler ermordet hat, wird über kurz oder lang herausfinden, dass Sie an der Sache beteiligt waren.«
Jane Wexler schluckte hart. »Was wollen Sie von mir?«
»Indizien weisen darauf hin, dass alle Kontakte via Computer stattfanden, bis zur Übergabe des erpressten Geldes. Aber die Schüler haben niemals ihre eigenen Computer benutzt, weil das Risiko, dass die Botschaften zu ihnen zurückverfolgt wurden, zu groß für sie gewesen wäre. Sie hielten einen Verbund von Computern mit zahlreichen Ausgangsleitungen – wie an dieser Schule – für viel sicherer. Und dabei müssen Sie, Miss Wexler, die Schüler auf frischer Tat ertappt haben.«
»Lassen Sie mich laufen, und ich helfe Ihnen, so gut ich nur kann«, versprach Jane Wexler und bemühte sich, nicht flehend zu klingen.
Ben senkte die Stimme, versuchte den Abscheu zu verbergen, den er gegenüber dieser Frau empfand. »Ich muss herausfinden, mit wem die Schüler von hier aus Kontakt aufgenommen haben. Welche Information sie austauschten. Wenn Sie mir helfen, werde ich Sie nicht anzeigen. Das verschafft Ihnen Zeit, sich vor den Killern in Sicherheit zu bringen, die Sie andernfalls finden würden, das können Sie mir glauben.«
Jane Wexler starrte auf ihren Schreibtisch und schwieg eine Zeit lang. »Ein lobenswertes Experiment, diese Schule, finden Sie nicht?«, sagte sie schließlich.
»Wenn sie in besseren Händen wäre, ja.«
»Aber wir sind immer noch auf israelischem Gebiet, und um unser gemeinsames Programm genehmigt zu bekommen, mussten wir gewisse Zugeständnisse machen.«
»Keine weiteren Spielchen, Miss Wexler.«
»Sicherheitskonzessionen, Inspector. Die Regierung besteht drauf, dass wir detaillierte Vermerke über jede Webseite machen, zu denen die Schüler Zugang haben.«
»Natürlich unter Ihrer Aufsicht.«
Jane Wexler nickte.
»Was bedeutet, dass Sie die Vermerke gelöscht und den Beweis vernichtet haben.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Inspector, das habe ich nicht getan.«
57.
Tess Sanderson hatte dafür gesorgt, dass nur Will Nakatami bei der Präsentation von Projekt 4601 anwesend war, um die Paul Hessler gebeten hatte. Die drei Personen schlossen sich in dem kleinen Konferenzraum ein, der schalldichte Wände und eine doppelte Schutzdecke hatte.
»Will«, begann Tess. »Ich habe Mr. Hessler gesagt, dass Sie als Projektleiter die Besonderheiten von Projekt vier-sechs-null-eins am besten erklären können.«
Nakatami nickte nervös. Er wandte sich an Paul Hessler, die Augen geweitet, der Blick besorgt. »Ich habe gehört, Sir, dass Sie Projekt vier-sechs-null-eins nur in seinem ersten Stadium kennen«, sagte er.
»Da haben Sie richtig gehört, Will.«
»Dann ist Ihnen bekannt, dass die Biotech-Abteilung von Hessler Industries seit Jahren ein Vorreiter auf dem Gebiet der Gentherapie ist.«
Paul zuckte die Achseln. »Ich muss gestehen, dass ich nicht viel davon verstehe.«
»Als Hintergrund brauchen Sie nur zu wissen, dass sich der Großteil dieser Forschungen ursprünglich auf Gewebe- und Organ-Regeneration konzentriert hat. Natürlich waren wir nicht die Einzigen, die dieses Ziel verfolgt haben, und wir hinkten hinter einigen der größeren Unternehmen her, die sich ausschließlich dieser Art fortgeschrittener biotechnischer Forschung widmen.«
Paul nickte. »Und das Resultat war, dass die gesamte Abteilung beinahe geschlossen worden wäre, als mein Sohn und ich einen israelischen Wissenschaftler kennen lernten, der
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