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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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verwundert.
    John hatte sich schon zur Treppe gewandt. »Mein Bruder, Sire. Er kommt aus Compiègne. Lasst uns hören, welche Neuigkeiten er bringt.«
    Sie hasteten die Stufen hinab und holten den Earl of Waringham am Eingang zum Hauptgebäude ein.
    »Raymond!«, rief John.
    Sein Bruder wandte sich um, machte große Augen und verneigte sich tief vor dem König. »Ja, ist das zu fassen … Ihr seid einen Kopf gewachsen seit Eurer Krönung, Sire!«
    Henry strahlte. »Meint Ihr wirklich, Sir?«
    »Mindestens!«, beteuerte Raymond. Er zwinkerte dem König zu, aber John merkte, dass sein Bruder bedrückt war.
    Er schloss ihn kurz in die Arme. »Gut, dich zu sehen, Mylord.«
    Der schaute sich missvergnügt um. »Ich sag dir ehrlich, ich wäre an jedem anderen Ort der Welt lieber«, raunte er. »Ich habe grässliche Erinnerungen an diese Burg.«
    John nickte und bemühte sich um eine mitfühlende Miene. »Ich weiß.« Er kannte die Geschichte von Raymonds Gefangenschaft in Calais und deren Folgen zur Genüge, denn sein Bruder hatte sie ihm schätzungsweise hundert Mal erzählt, und John legte keinen Wert darauf, sie jetzt noch einmal zu hören. »Komm. Bedford und der Kardinal sitzen in der Halle und beraten.«
    »Er meint, sie streiten«, warf der König unverblümt ein.
    Raymond zog verwundert die Brauen hoch.
    »Es kann jedenfalls nicht schaden, wenn du sie ablenkst«, erklärte John.
    Er führte seinen Bruder und den König die Treppe hinauf in die schlichte Halle der Burg von Calais. Alle Tische bis auf einen waren beiseite geräumt worden. Dieser stand unter einem der Fenster, die auf die See hinaus zeigten, und um den Tisch versammelt saßen Kardinal Beaufort, der Earl of Warwick, der Duke of Bedford und dessen neue Kommandanten: Edmund Beaufort, Richard of York und Lady Joans ältester Sohn Richard Neville, welcher der neue Earl of Salisbury war. Man konnte den grimmigen Mienen ansehen, dass sie tatsächlich hitzig debattiert hatten, doch als John eintrat, war es still.
    Er verneigte sich. »Der König und der Earl of Waringham, Mylords.«
    Seite an Seite traten Raymond und Henry ein. Der König lächelte seinen Cousins, seinen beiden Onkeln und seinem Vormund unsicher zu und setzte sich auf seinen Platz: den thronartigen Sessel in der Mitte der Tafel, den niemand außer ihm einnehmen durfte.
    Raymond legte dem Duke of Bedford kurz die Hand auf die Schulter. »John«, murmelte er. Vor dem Kardinal verneigte er sich. »Eminenz.« Den Earl of Warwick und die drei jungen Verwandten des Königs speiste er mit einem Nicken ab. Für den tugendhaften Warwick hatte er nie viel übrig gehabt, und der neuen Generation junger Kommandanten begegnete er mit Argwohn. John hatte den Verdacht, sein Bruder beneidete diese Männer um ihre Jugend und fürchtete ihre Konkurrenz.
    Der Duke of Bedford konnte Raymonds Miene ebenso mühelos lesen wie John. »Du bringst schlechte Nachrichten aus Compiègne?«, fragte er. Es klingt ergeben, dachte John beunruhigt. Geradezu resigniert.
    »Wie kommst du darauf?«, erwiderte Raymond verwundert. »Ganz im Gegenteil. Wir haben sie. Der Spuk ist vorüber, Gentlemen. Der Graf von Ligny hat die Jungfrau von Orléans gefangen genommen.«
     
    »Gestern am späten Nachmittag unternahm sie mit rund fünfhundert Mann einen Ausfall«, berichtete Raymond, nachdem der Jubel verhallt war.
    »An Christi Himmelfahrt?«, unterbrach Bedford ungläubig. Doch dann antwortete er sich selbst: »Warum wundert mich das eigentlich? Hat sie nicht Paris am Namensfest der Heiligen Jungfrau angegriffen? Wenn das nicht endgültig beweist, dass diese verfluchte Dauphinistenhure mit Satan im Bunde ist …«
    »John«, murmelte der Kardinal. Mit einem vielsagenden Blick in Henrys Richtung ermahnte er seinen Neffen, sich zu mäßigen.
    Bedford nickte reumütig und forderte den Earl of Waringham auf: »Sprich weiter, Raymond.«
    »Vor den Toren Compiègnes ging seit Wochen gar nichts mehr. Wir konnten die Stadt nicht nehmen, die Verteidiger konnten uns nicht zurückschlagen. Ich nehme an, die Jungfrau erhoffte sich einen Überraschungsvorteil, weil natürlich niemand an einem Feiertag mit einem Ausfall rechnete. Und sie erwischte den Grafen von Ligny tatsächlich auf dem falschenFuß: Seine Männer und er standen ungerüstet bei der Vesperandacht und waren vollkommen unvorbereitet. Aber Burgunds Männer und wir hörten den Schlachtenlärm, und als wir Ligny zu Hilfe kamen, waren wir in der Überzahl. Wir schlugen die Franzosen

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