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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gable
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so weiter erzählen, John? Morgen früh zum Beispiel? Ich wette, meine Wache und ich werden die einzigen Menschen auf dieser Burg sein.«
    »Ich erzähle Euch, so viel ihr wollt, mein König«, versprach John.
    Aber nicht morgen früh, fügte er in Gedanken hinzu.
     
    »Ach, du meine Güte, Waringham, was in aller Welt macht Ihr hier?«, schalt Beaufort. »Warum wollt Ihr Euch das antun?«
    »Aus dem gleichen Grund wie Ihr, Mylord.«
    Der Kardinal zog eine Braue in die Höhe. »Ich bin hier als Vertreter der englischen und der französischen Regierung, der Krone und des Heiligen Stuhls.«
    »Und weil Ihr versäumt habt, zu verhindern, dass es so weit kommt«, fügte John hinzu.
    Beaufort schüttelte den Kopf. »Macht mich nicht besser, als ich bin. Ich habe immer einkalkuliert, dass das hier passieren könnte. Und es war mir gleich.«
    John nickte. »Wie ich sagte, Mylord: ich bin aus dem gleichen Grund hier wie Ihr.«
    Warwick, Bedford, die übrigen englischen Lords und die Richter standen auf einer eigens errichteten hohen Plattform. Kardinal Beaufort hingegen hatte es vorgezogen, einem Kaufmann, der hier am Marktplatz eine Villa besaß, ein Vermögen zu zahlen, damit der Krämer ihm Haus und Balkon für diesen Morgen überließ. John hatte seine liebe Mühe gehabt, Beauforts zuverlässige Ritter, die den Eingang bewachten, zu überreden, ihn einzulassen.
    Der Vieux Marché von Rouen war an diesem herrlichen Frühsommermorgen voller als an jedem Markttag. Dicht gedrängt stand die Menge unter dem strahlend blauen Himmel, Männer, Frauen und Kinder jeder gesellschaftlichen Schicht. John versuchte anhand der Gesichter zu erraten, ob sie zu den vielen heimlichen Jeanne-Anhänger zählten, die es auch in Rouen gab, oder zu ihren Widersachern. Beide Seiten hielten sich ungefähr die Waage, schätzte er.
    Der Earl of Warwick hatte mit der ihm eigenen Umsicht gehandelt: An die hundert Soldaten – allesamt bis an die Zähne bewaffnet – drängten die Schaulustigen zurück von der Tribüne und dem Scheiterhaufen, der schaurig und drohend aus der Platzmitte emporzuwachsen schien, und hielten eine Gasse frei, an deren Ende nun ein Dominikaner mit einer dicken brennenden Kerze erschien.
    »Da kommt sie«, murmelte Beaufort.
    Mindestens noch einmal zwanzig Soldaten bildeten Jeannes Eskorte, umringten sie wie ein Wall aus Panzern, Helmen und Lanzen, sodass man von der Gefangenen gar nichts sehen konnte. Erst als zwei ihrer Wächter sie die Treppe zur Tribüne hinaufschoben, entdeckten die Menschen auf dem Platz die schmächtige junge Frau im langen Büßerhemd. Ein Raunen erhob sich.
    Barfüßig, mit gebundenen Händen und den blonden Kopf gesenkt, stand Jeanne von Domrémy vor ihren weltlichen und kirchlichen Richtern. John fragte sich, ob sie den geballten Hass, der ihr entgegenschlug, nicht körperlich spüren müsse. Selbst hier oben auf dem Balkon der Kaufmannsvilla verursachte diese Wand aus Feindseligkeit ihm einen Schauer.
    Einer der Gelehrten hielt eine Predigt, die John endlos erschien und der er nicht folgen konnte. Dann trat Bischof Cauchon vor und verlas Jeanne das zweite Urteil binnen einer Woche:
    »… und demnach beschließen wir, dass du wie ein brandiges Glied vom Leib der Kirche abgeschlagen werden musst, auf dass die widerliche, schwärende Krankheit der Ketzerei ihr gesundes Fleisch nicht befalle, und du dem weltlichen Gesetz übergeben wirst.«
    Der Bailiff trat hinzu, legte Jeanne die Hand auf die magere Schulter und drehte sie rüde um. »Da. Sieh nur, was wir für dich haben, du kleine …«
    Vielleicht schluckte er seine Beschimpfung herunter, weil all die heiligen Männer auf der Tribüne standen. Vielleicht ging sie auch in Jeannes Schrei unter. Es war ein schriller Schrei des Entsetzens, der durch Mark und Bein fuhr.
    »Gott … hat es ihr niemand gesagt?«, murmelte John fassungslos.
    »Wer weiß. Ich bin keineswegs sicher, dass sie alles hört oder begreift, was man ihr sagt«, erwiderte Beaufort. Er klang gelassen, aber als John ihm einen kurzen Seitenblick zuwarf, erkannte er, wie angespannt sein Gesicht war.
    Jeanne war plötzlich auf die Knie gefallen, als sei alle Kraft aus ihren Beinen gewichen, legte den Kopf in den Nacken und schrie zum Himmel auf. »Aber ihr habt gesagt, dass das nicht geschieht …« Sie schluchzte. »Ihr habt es mir versprochen …«
    Der Bailiff wollte sie an der Schulter packen, aber Cauchon hielt ihn mit einer Geste zurück. »Wer hat es dir versprochen,

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