Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
warum der Sachverständige von Simons Versicherung so unfreundlich geklungen hatte.
    Verlegen meldete Patricia Ballantine sich zu Wort. »Der Mann sagte, er wolle das zerstörte Cembalo von einem Experten untersuchen lassen, weil das Instrument als Antiquität von hohem Wert versichert sei. Sie, Leslie, hätten natürlich nichts damit zu tun, aber der Besitzer hätte durchaus jemanden dafür bezahlen können, hier einzubrechen, ein billigeres Instrument, das dem echten gleicht, zu zerschlagen und die Versicherungssumme zu kassieren, während das wertvolle alte Stück woanders steht. Die Versicherungsleute müssen solche Fragen stellen, das gehört zu ihrem Geschäft.«
    Deswegen hat der Sachverständige so darauf bestanden, daß die Trümmerstücke des zerstörten Cembalos liegen blieben, überlegte Leslie. Nach ihrem Erlebnis mit Peggy Terman und dem Zigeunertrick hätte sie eigentlich nicht erstaunt sein dürfen. Allmählich gelangte sie zu einer recht zynischen Einstellung, was die Menschheit betraf. Bei jemand anderem als Simon hätte sie sich tatsächlich die Frage gestellt, ob man sie für einen Versicherungsbetrug eingespannt hatte. Aber was hätte Simons Motiv sein können? Das Geld brauchte er gewiß nicht.
    Leslie war froh, daß sie auf Schafardi zählen konnte. Wenn ein Cop fest an ihre Lauterkeit glaubte, konnte sie sich ziemlich sicher fühlen. »Vielen Dank, Joe. Jetzt will ich aber das Kuchenrezept für Ihre Frau heraussuchen.«
    Die Tage wurden merklich kürzer. Vor zwei Wochen war es um diese Uhrzeit draußen noch hell gewesen, aber jetzt lagen bereits lange Schatten über dem Garten. Lautlos glitt die weiße Katze zwischen den Kräutern dahin, die Leslie und Simon am letzten Wochenende gepflanzt hatten. Leslie interessierte sich schon lange nicht mehr dafür, ob es sich um den Geist von Alisons Katze handelte, die Simon auf seinem Altar geopfert hatte, oder um einen Streuner aus der Nachbarschaft. Sie versuchte, einfach nicht daran zu denken. So war es leichter.
    Den ganzen Nachmittag hatte sie damit gerechnet, den Klaviertransport vorfahren zu sehen; aber jetzt gab sie die Hoffnung endgültig auf. Wahrscheinlich hatte Emily keinen Verleih finden können, der bereit war, am Samstag einen Flügel auszuliefern. Und morgen war Sonntag. Emily würde zwei Tage nicht spielen können.
    Als es an der Tür klingelte, überlegte Leslie, ob ihre Schwester wohl den Schlüssel vergessen hatte oder ob die Versicherung schon heute den Experten schickte, der das zertrümmerte Cembalo an Ort und Stelle begutachten sollte. Doch als sie öffnete, stand Claire Moffat auf der Treppe.
    »Frodo hat mich angerufen«, erklärte sie. »Er sagte mir, daß es Ihnen vielleicht recht wäre, im Dunkeln nicht allein zu sein. Er hat Emily zum Abendessen mit nach Sausalito genommen, zu seinen Eltern. Was für eine schreckliche Sache, Leslie! Hätten Sie mir Bescheid gesagt, wäre ich viel früher gekommen.«
    »Ich habe keine Angst«, erwiderte Leslie. »Ich glaube nicht, daß der Eindringling zurückkehren wird. Außerdem haben wir neue Türschlösser einbauen lassen. Aber es ist nett, daß Sie gekommen sind, Claire.«
    »Wozu hat man Freunde? Ich bin froh, daß Frodo sich um Emily kümmert. Sie ist ein liebes Mädchen und scheint eine Menge Schneid zu haben, aber so etwas … nun ja, Frodo wird ihr guttun. Jemand zum Kuscheln und Festhalten. Ist er nicht ein wunderbarer Teddybär?«
    Leslie schmunzelte. »Ich selbst sehe ihn eher als Elf oder Kobold.«
    »Frodo ist viel handfester, glauben Sie mir«, sagte Claire. »Wie wär’s, wenn Sie mir eine Tasse Tee anbieten würden, Leslie?«
    Leslie mußte lachen. »Ich hatte mir gerade überlegt, daß ich nach einem solchen Tag eher einen kräftigen Drink gebrauchen könnte.« Sie wies ihr den Weg in die Küche.
    »Das kann ich Ihnen nachfühlen«, sagte Claire. »Aber ich an Ihrer Stelle würde nichts trinken.« Sie lächelte. »Colin würde mich jetzt wieder tadeln, weil ich Ihnen einen ungebetenen Ratschlag erteile. Aber wenn in einem Haus negative Schwingungen herrschen – und ein solcher Wahnsinniger kann nichts anderes hinterlassen –, werden Sie durch jedes alkoholhaltige Getränk sensibler und verletzlicher gegenüber einem solchen Einfluß. Abgesehen davon, daß Alkohol als Depressivum wirkt.«
    Simon hatte einen ähnlichen Grund angeführt, warum er starke Getränke mied. »Dann also Tee. Emily hat vierzehn oder fünfzehn Sorten Kräutertee vorrätig.«
    »Ich trinke, was

Weitere Kostenlose Bücher