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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hier haust, bereits einen Psychopathen angezogen hat, dann müssen wir dringend dafür sorgen, daß es nicht jeden Verrückten vom Schlage eines Charles Manson zu sich einlädt. Abgesehen davon, daß Sie sich wirklich nicht allein in diesem Haus aufhalten sollten. Jeder Ort, an dem ein Ausbruch mörderischer Gewalt stattgefunden hat, ist unbewohnbar, ehe er nicht gereinigt wurde.«
    Mörderische Gewalt. Sicher, sie hatte sich nur gegen unbelebte Gegenstände gerichtet; aber trotzdem war der Gedanke erschreckend, daß etwas in diesem Haus den Wahnsinnigen angezogen und dazu gebracht hatte, sich ausgerechnet hier auszutoben.
    Claire trank den letzten Schluck Tee und stellte ihre Tasse ab. »Eigentlich bin ich gekommen, um Ihnen etwas anzubieten, das Colin ›mentale Erste Hilfe‹ nennt«, erklärte sie. »Irgendwann muß dieses Haus, wenigstens das Atelier gründlich gereinigt und alles Fremde darin ausgetrieben werden. Aber wir können zumindest etwas tun, um Sie zu schützen, bis Sie selbst in der Lage dazu sind. Das Ritual zur Sommersonnenwende dient nur dazu, gewöhnliche Überreste der vergangenen Jahreszeit zu beseitigen. Gegen eine so machtvolle, grauenhafte Energie, wie sie sich offenbar der Garage bemächtigt hat, kann dieser Zauber nichts ausrichten. Ich kann mir nur nicht vorstellen, daß in Alisons eigenem Haus …« Claire hielt inne und seufzte. »Gut möglich, daß nach Alisons Tod die Kraft des Guten in ihr eine entgegengesetzte Energie angezogen hat. Zeigen Sie mir doch einmal den Tatort.«
    Leslie stand auf und führte Claire ins Büro. »Ich habe keine Erklärung dafür, wie das passiert ist. Sie selbst haben schließlich die Pentagramme angebracht. Aber der Einbrecher ist offenbar hier ins Haus gelangt.« Leslie wies auf das Fenster, aus dem die Scheibe entfernt worden war. »Das Merkwürdige ist, daß er anscheinend die Scheibe herausgeschnitten hat, ohne sie zu zerbrechen. Wir konnten nirgends Scherben finden.«
    Stirnrunzelnd legte Claire die Fingerspitzen an den Rahmen und schüttelte dann den Kopf.
    »Ich spüre überhaupt nichts. Möglich wäre natürlich …« Sie unterbrach sich, wiegte noch einmal den Kopf.
    »Was ist, Claire?«
    »Nichts. Ich bin mir nicht sicher. Hat der Eindringling auch die Uhr zerstört?«
    Leslie verneinte. Wie sollte sie Claire gestehen, daß sie diese Zerstörung selbst angerichtet hatte, unbewußt, als Poltergeist? »Sie ist einfach von der Wand gefallen«, sagte sie.
    Claire ließ vorsichtig die Hand über die Bruchstücke gleiten. »Hier drinnen nehme ich keine ausgesprochen feindselige Energie wahr. Dieser Raum erscheint mir ziemlich ruhig. Lassen Sie uns ins Musikzimmer gehen.«
    Claire betrachtete die zerstörten Instrumente. Emily und Frodo hatten die Harfe wieder aufgestellt, so daß nur die zersprungenen Saiten und ein paar Splitter, die vom vergoldeten Resonanzkörper abgesprungen waren, von dem Schaden zeugten. Aber der Flügel sah aus, als hätte ein riesenhafter Troll ein Stück aus der geschwungenen Seite herausgebissen, und auf dem Boden lagen unberührt die Bruchstücke des zerschmetterten Cembalos.
    »Wie schrecklich für Emily. Für Sie natürlich auch … aber für das Mädchen muß das Erlebnis besonders schlimm gewesen sein.« Claire ging an den Flügel, und Bestürzung huschte über ihre Miene. Sie hielt die Handflächen über die zerbrochenen Tasten und bewegte sich dann zu der Rundung, wo der Täter mit dem Vorschlaghammer gewütet hatte. Ihre Fingerspitzen glitten über den Hals der Harfe, von der zerrissene Saiten herabhingen. Schließlich trat sie – die Augen fest geschlossen, als wolle sie diesen Vernichtungen nicht ins Gesicht sehen – neben die zersplitterten Überreste des Cembalos.
    »Pure, sinnlose Gewalt«, flüsterte Claire. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein menschliches Wesen zu solcher Brutalität fähig ist.«
    »Aber Claire. Natürlich war der Eindringling ein Mensch. Er mußte durchs Fenster ins Haus und hat einen Hammer benutzt, um die Instrumente zu zerstören.«
    Claire schüttelte den Kopf. »Trotzdem. Was ich hier spüre, kommt mir nicht vollständig menschlich vor. Nicht … wie soll ich es Ihnen erklären? Nicht individuell genug, um aus der Wut gegen eine bestimmte Person geboren zu sein. Alison hatte keine Feinde. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das, was hier eingedrungen ist, überhaupt materieller Natur war.«
    »Wollen Sie sagen, diese Verwüstung sei das Werk eines Poltergeists?«
    »Nein.

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