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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Blick zu. »Hier drin haben wir nichts weiter zu tun«, meinte sie kurz angebunden.
    »Hatte Alison Ihnen noch etwas mitzuteilen?« fragte Leslie beim Hinausgehen. Sie war sich sicher, daß Claire ihre Ablehnung und Skepsis spürte, doch die ältere Frau lächelte nur. »Etwas völlig Unverständliches. Selbst bei Ihrer Zusammenarbeit mit der Polizei haben Sie gewiß ähnliche Erfahrungen mit Botschaften gesammelt, die keinen Sinn für Sie ergaben.«
    »Eine Nachricht für Colin?«
    »Nein, für Simon, und ich will verdammt sein, wenn ich sie begreife«, bekannte Claire offen. »Die Worte allerdings waren einfach: Sag Simon, daß ich ihm verzeihe. Und so, wie ich Simon kenne, wird er gar nicht glücklich darüber sein.«
    »Nein«, meinte Leslie, »das glaube ich auch nicht.«
    Ehe sie die Garage inspizierten, bat Claire, nach oben zu dürfen. Sie runzelte leicht die Stirn, als sie sah, daß Emilys Fenster schon wieder offenstand. Nachdem sie alle Zimmer durchschritten hatte, trat Claire seufzend auf den Treppenabsatz.
    »Hier oben ist nichts«, erklärte sie. »Ich bin mit Simons Arbeitsstil nicht vertraut, aber ich erkenne auf jeden Fall, daß diese Räume abgeschirmt sind und daß er versucht hat, Sie zu schützen.«
    »Sie waren doch der Meinung, Simon sei ein Nekromant«, versetzte Leslie trocken. »Keine Hinweise auf Schwarze Magie?«
    »Ach, meine Liebe, das Ganze ist vor allem eine Frage der Gewichtung. Simon hat bei Colin dieselbe Ausbildung für den Pfad erhalten wie später ich. Diese Kenntnisse stellen nur das Handwerkszeug dar. Die Werkzeuge eines Zimmermanns oder das Geschick eines Architekten, Blaupausen zu zeichnen, kann man einsetzen, um ein Kinderkrankenhaus oder ein Konzentrationslager zu errichten. Dieselbe Atomtechnologie, mit der man Entsalzungsanlagen baut und die Wüste zum Blühen bringt, kann eine Waffe für den nuklearen Erstschlag schaffen, welche die gesamte Zivilisation vernichtet. Die Werkzeuge sind dieselben. Aber Simon hat es vorgezogen, sie zu Zwecken einzusetzen, die wir für … ethisch nicht gerechtfertigt halten.«
    Und dabei kennst du nicht einmal die Hälfte der Wahrheit, dachte Leslie, der Verzweiflung nahe. Aber Simon vertraute ihr; sie konnte ihn nicht verraten.
    »Mehr will ich Ihnen darüber nicht erzählen. Hier drinnen befindet sich nichts Gefährliches oder Feindliches. Und welchem Glauben Simon auch immer anhängt, Alison hat ihn geliebt; deshalb will ich nichts gegen ihn sagen. Wer bin ich, daß ich mir ein Urteil über ihn erlauben könnte? So, und nun lassen Sie uns einen Blick in die Garage werfen.«
    Sie begaben sich nach unten und gingen durch den Garten in das ehemalige Atelier. Als Claire die Schwelle überschritt, zeigte sich Bestürzung auf ihrem Gesicht.
    »Merkwürdig«, meinte sie. »Selbst nach diesem mörderischen Gewaltausbruch habe ich im Musikzimmer nichts gespürt – jedenfalls nichts Menschliches oder Böswilliges. Die Macht, die dort zugeschlagen hat, war … fast unpersönlich. Aber hier …« Das Gesicht verzogen, schritt sie langsam, aufmerksam durch den Raum.
    »Kein sensibler Mensch könnte dieses Zimmer bewohnen, und ich erkenne jetzt, warum die Atmosphäre hier etwas … Bösartiges angezogen hat. Offen gesagt«, platzte Claire heraus, »wenn ich Sie wäre, würde ich diesen Gebäudeteil abreißen lassen. Alison hätte nie damit leben können. Was immer diesen Ort verändert hat, es muß geschehen sein, nachdem sie krank wurde, vielleicht auch erst nach ihrem Tod.« Sie trat in die Mitte des Raumes.
    »Die Energie konzentriert sich an dieser Stelle«, sagte sie bedächtig. »Ich empfange … Schmerz. Entsetzen. Ich weiß nicht, was …« Abrupt verzerrten sich ihre Züge, und sie stürzte nach draußen. Leslie hörte, wie sie krampfhaft würgte.
    Zumindest ist die Sache stimmig. Genau dort hat Emily die tote Katze gesehen. Leslie konnte sich vorstellen, daß jemand, der so empfindsam war wie Claire, sich durch die rituelle Opferung eines harmlosen Tieres abgestoßen fühlte. Simon selbst hatte gesagt, daß er den Vorgang nicht als angenehm empfunden hatte. Aber es hat gewirkt. Von einem rein pragmatischen Standpunkt aus gesehen, hat es funktioniert. Was bedeutete schon das Leben einer Katze, verglichen mit dem Augenlicht eines Menschen oder dem Vermögen eines Künstlers, seine begnadeten Hände benutzen zu können? Kam es darauf an, ob die Katze bei einem legitimen medizinischen Tierversuch geopfert wurde oder zu magischen Zwecken, gleich

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