Die Hüter der Schatten
… Frodo … mal einen Blick auf eines der eingelagerten Cembalos werfen möchte, soll er sich ruhig melden. Wenn er die Instrumente bauen will, braucht er gute Vorlagen.«
Emily umarmte ihn stürmisch. »Ach, Simon, ich kann dir gar nicht sagen, wieviel es mir bedeuten würde, wenn du und Frodo Freunde wäret! Die beiden Menschen, die ich am meisten auf der Welt liebe …«
»Ich weiß wirklich nicht, was du an diesem jungen Burschen findest«, sagte Simon, und Emily, die gerade mit einem sauberen Geschirrtuch ein paar Äpfel abwischte, kicherte.
»Nun, er ist nett, sexy und gutaussehend …«
»Um das zu würdigen, besitze ich leider die falschen Hormone«, erklärte Simon lachend. »Ich persönlich finde, daß er den Sex-Appeal von Kermit dem Frosch hat.«
»Also, ich finde Kermit sexy«, entgegnete Emily. »Dieses süße Grinsen … die schüchterne Quakstimme …«
Simon breitete die Hände aus und warf Leslie einen gespielt hilfesuchenden Blick zu.
»Du bist besser als ich gerüstet, um das zu beurteilen, Liebste. Ist Kermit der Frosch sexy?«
Leslie fiel in sein Lachen ein. »Was männliche Reize angeht, muß ich zugeben, daß mein Geschmack nicht typisch ist. Frodo ist charmant, aber erotisch finde ich ihn nicht. Vielleicht gehöre ich zur falschen Altersgruppe.« Hinter Emilys Rücken hauchte sie Simon einen Kuß zu. »Du weißt, welche Art Mann ich sexy finde«, flüsterte sie.
Emily hatte ihr Picknick in einen Korb verpackt. »Darf ich ein paar Löffel mitnehmen, Leslie? Ich kann Plastikbesteck nicht ausstehen.«
»Bring sie mir bloß wieder zurück!«
Wenig später standen Leslie und Simon beisammen und schauten den jungen Leuten nach, die in Frodos Lieferwagen davonfuhren.
»War ich wirklich jemals so jung?« fragte Simon.
Leslie konnte ihn sich nicht unreif, unsicher und ohne festes Ziel vorstellen. In diesem Sinne war er wahrscheinlich niemals jung gewesen, ebensowenig wie sie selbst.
»Möchtest du zum Abendessen ausgehen, Leslie?«
»Ehrlich gesagt nicht. Im Kühlschrank stehen noch Emilys Teufelseier, und ich könnte uns einen Avocadosalat und ein paar Brote dazu machen.«
»Wir haben auch noch Schinken. Was hältst du von einem Schinken-Avocado-Omelett?« schlug Simon vor. »Die gefüllten Eier können bis morgen warten. Warum heißen sie eigentlich Teufelseier? Ich habe nie begriffen, was Eier mit dem Teufel zu tun haben sollen.«
»Vielleicht weil sie so scharf sind, daß sie wie Höllenfeuer brennen?« meinte Leslie.
»Die einzigen Eier, die ich je zum Teufel gewünscht habe, waren die Huevos rancheros, die ich mal an der mexikanischen Grenze gekostet habe«, scherzte Simon und schickte sich an, eine Avocado zu schälen. Leslie sah ihn versonnen an. Wenn er in ihrer Küche saß und Obst oder Gemüse schälte, war er wahrhaftig der Mann, den sie liebte; sanft und freundlich. »Ich habe einen Bissen genommen und nach dem Eiskübel geschrien. Der Koch hatte wahrscheinlich eine ganze Chilischote in die Soße gegeben.«
Leslie faltete Servietten und legte Besteck auf den Tisch, während Simon ein Stück Butter in eine Omelettpfanne gab und diese geschickt über der Herdflamme schwenkte. Er neigte die Pfanne und goß die gequirlten Eier hinein, und Leslie wärmte die Teller vor. Inzwischen verstand Simon sich sehr gut darauf, mit einer Hand zurechtzukommen. Würde er sich endlich doch mit dem zufriedengeben, was er hatte, und froh über das medizinische Wunder sein, durch das er seine Finger zumindest einigermaßen gebrauchen konnte!
»Im Kühlschrank steht noch ein Rest von dem Wein, den du kürzlich mitgebracht hast«, sagte Leslie. »Ich schenk’ uns ein Glas ein, ja?«
»Gern.« Simon verteilte Schinkenwürfel und Avocadoscheiben auf dem Omelett und schickte sich an, es zusammenzuklappen. Leslie stellte die Gläser auf den Tisch, während Simon das Omelett geschickt teilte, auf zwei Teller gab und diese auf den Tisch stellte.
»Bitte sehr. Bon appetit«, lud er Leslie mit einer zeremoniellen Handbewegung ein, setzte sich und faltete seine Serviette auseinander. Leslie kostete. »Ausgezeichnet«, meinte sie. Dann begann sie zu husten, zu spucken und zu würgen. Zwischen ihren Zähnen knirschte irgend etwas. »Du lieber Gott, Simon, was hast du da hineingetan?«
Stirnrunzelnd schaute er sie an, nahm vorsichtig einen Bissen und spuckte aus.
»Eierschalen! Aber ich habe sie doch in den Müll geworfen, ehe ich die Eier geschlagen habe …« Er sprang auf und schaute im
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