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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Plastikeimer nach. »Da sind die vier Schalen …« Er unterbrach sich und starrte verblüfft auf die Arbeitsplatte. Da lagen die Schalen, die Emily bei der Zubereitung der Teufelseier zurückgelassen hatte, in tausend Splitter zersprungen. Simon nahm noch einen Bissen vom Omelett, kaute und spuckte aus.
    »Es ist voller Eierschalen! Wie, in Dreiteufelsnamen …« Er verstummte. »Also wirklich, Leslie, ich habe keine Erklärung … Komm, gib mir das.« Er kratzte das Omelett in den Mülleimer. »Soll ich ein neues braten? Wahrscheinlich ein dummer Zufall.«
    Doch die Eierschalen hatten am anderen Ende der Arbeitsplatte gelegen. Simon hätte sie unmöglich unter das Omelett mischen können. Außerdem hatte Leslie ihm zugeschaut und sein Geschick bewundert.
    Die Manifestation eines Poltergeists? Aber seit dem Zwischenfall mit der Kuckucksuhr hatte er sich nicht mehr gezeigt, und Leslie hatte geglaubt, Claires Bannritual habe ihn aus dem Haus vertrieben.
    »Laß uns Emilys Teufelseier essen«, schlug Simon vor und nahm den Teller aus dem Kühlschrank. Er wirkte ein wenig beunruhigt, als er wieder Platz genommen hatte und das Weinglas an die Lippen hob. Einen Moment später hustete er erstickt, stürmte zum Wasserhahn, spülte sich den Mund aus und spuckte heftig.
    »Das ist nicht witzig!« brüllte er. »Verdammt sollst du sein, Alison!« Er schleuderte das Glas durchs Zimmer, und es zerbarst an der gegenüberliegenden Wand.
    »Simon! Was ist denn …?«
    »Chilipfeffer!« stieß er keuchend hervor. »Im Wein ist Chilipfeffer!«
    Vorsichtig hob Leslie ihr Glas, roch daran und nippte zaghaft.
    Chili, tatsächlich. Das ist verrückt. Warum sollte jemand uns einen so kindischen Streich spielen? Emily würde das niemals tun. Simon kann es nicht gewesen sein. Und ich weiß, daß ich nichts damit zu tun habe. Wer bleibt dann? Alison. Aber was will sie mit solchen kleinen Bosheiten erreichen? Hat sie wirklich etwas dagegen, daß Simon sich im Haus aufhält?
    Leslie war der Appetit auf das gemütliche Abendessen vergangen; trotzdem legte sie die Teufelseier auf eine Servierplatte. Mit dem in Hälften geteilten Weiß und den leicht mit Paprika bestäubten Dottern sahen sie einladend aus. Leslie bestrich Knäckebrotscheiben mit Butter und schnitt Camembert-Würfel zurecht.
    Simon nahm eines der Teufelseier – und begann von neuem zu spucken. Er fluchte, wie Leslie es noch nie von ihm vernommen hatte, und drückte sich die Serviette fest auf die Lippe. Als er das Tuch vom Mund nahm, war es blutbefleckt, und Simon hielt einen langen Glassplitter zwischen zwei Fingern. Er stammte von dem zerschmetterten Weinglas, das am anderen Ende der Küche auf dem Boden lag. Doch irgendwie war der Splitter in das Ei gelangt, und Simon hatte sich den Mund aufgeschnitten.
    Das war nicht mehr komisch. Leslie bekam es mit der Angst zu tun.
    »Ich bin selbst daran schuld«, sagte Simon. »Als wir das Haus reinigten, habe ich bewußt darauf verzichtet, Alison zu verbannen.« Zusammengesunken, die Unterarme auf die Schenkel gelegt, saß er da. »Leslie, laß uns von hier verschwinden. Ich glaube nicht, daß du hier in Gefahr bist, aber diesmal wird Alison nicht nachgeben, ehe sie mich vertrieben hat.«
    Leslie zögerte. »Ich lasse das Haus nicht gern allein. Bekanntlich legen Poltergeister manchmal Feuer …«
    »Aber sie beziehen ihre Energie von den Lebenden«, meinte Simon. »Wenn wir nicht hier sind, wird sich in dem leeren Haus nichts rühren. Eigentlich«, fügte er hinzu und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, »müßte es auch ausreichen, wenn ich gehe. Wäre dir das lieber?«
    Sie streckte die Arme nach ihm aus. »O nein, Simon, auf gar keinen Fall! Aber wohin sollen wir? In deine Wohnung?«
    Er nickte. »Dort müßten wir sicher sein. Natürlich kann man nicht ganz ausschließen, daß Alison mir folgt.«
    Später, in Simons Wohnung, brachte Leslie das Thema noch einmal zur Sprache.
    »Was können wir dagegen unternehmen, Simon? Sollen wir uns einfach vertreiben lassen?« Mit einem Mal platzte ihr der Kragen. »Verdammt soll sie sein! Sie ist tot! Was will diese Frau von mir? Wer gibt ihr das Recht, in meinem Haus herumzuspuken und mir vorzuschreiben, wen ich bei mir haben möchte oder wen ich einlade?«
    »Wenn ich bis zur Tagundnachtgleiche genug Kraft aufbaue, kann ich ihr Einhalt gebieten«, gab Simon zurück. »Ich tue es Alison nicht gern an, aber ich hätte nie geglaubt, daß ausgerechnet sie sich verleiten ließe, auf dieser

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