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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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sind. Eine Musikerin und eine Psychologin. Ich kenne die eine Frau, die hier eingezogen ist, aber nicht bleiben konnte. Sie hat mir erzählt, daß es hier spukt. Aber Alison würde nie jemandem ein Leid zufügen. Die Frau paßte einfach nicht hierher. Sie war Künstlerin, und vielleicht hielt Alison sie für die Richtige. Aber die Frau konnte hier beim besten Willen nicht arbeiten, und schließlich hat das Haus sie vertrieben …«
    Emily hatte mit weit aufgerissenen Augen gelauscht, und einen Moment lang verspürte Leslie echten Zorn. Die beiden würden nette Freunde für ihre Schwester abgeben – vorausgesetzt, sie hörten mit diesen verdrehten Geschichten über das Haus auf. »Der Makler hat mir darüber berichtet«, fiel Leslie ärgerlich ein. »Die Frau war offensichtlich neurotisch …«
    »Ja, ganz bestimmt«, gab Rainbow lächelnd zurück. »Alison hätte sicher etwas dagegen gehabt, wenn diese Frau geblieben wäre. Aber das ist ja egal«, fügte sie rasch hinzu. »Die Hauptsache ist, daß jetzt die richtigen Leute in diesem Haus wohnen. Und ich bin sicher, daß Sie beide hier glücklich sein werden und Ihnen alles gelingt. Emily, ich habe ein paar Diptam-Ableger aus Kreta. Du weißt schon, diese Pflanze, die man auch ›Brennender Busch‹ nennt. So was ist schwer zu bekommen. Möchtest du welche?«
    »Sehr gern!« Emily war begeistert, und das Gespräch wandte sich dem Thema Heilkräuter zu. Dann lud Emily die jungen Leute ein, sich das Musikzimmer anzuschauen, und Leslie entschuldigte sich mit der Begründung, sie müsse in ihrem Arbeitszimmer auspacken. Sie ließ die Tür offen und hörte zu, wie die drei sich über Kräuter, Musik und biodynamische Lebensmittel unterhielten. Als sie einmal das Zimmer verließ, sah sie, wie Rainbow und Emily Timmie in der Spüle ein improvisiertes Bad verpaßten. Bevor Rainbow und Frodo sich verabschiedeten, tranken sie mit Leslie und Emily am Küchentisch einen von Emilys Kräutertees.
    Emily ging ins Musikzimmer und spielte Harfe. »Ich mag die beiden«, sagte sie, als Leslie zu ihr kam.
    »Mir gefallen sie auch.« Obwohl sie eigenartige Ideen haben.
    »Frodo hat mich eingeladen, heute abend mit Rainbow und ihm ein Konzert zu besuchen.«
    »Tatsächlich?« Leslie hätte nie gedacht, daß der junge Mann sich für Klassik interessierte.
    »Ja, in Stern Grove findet ein Freiluftkonzert im Park statt. Frodo hat früher Querflöte gespielt und kennt eine Menge Leute am Konservatorium. Die beiden kommen mich um sieben abholen.« Emily zögerte. »Es sei denn, du brauchst mich zum Auspacken oder sonst etwas. Ich könnte auch einen Großeinkauf machen … Ich hätte dich wohl vorher fragen sollen, was?«
    Leslie schüttelte den Kopf. »Geh nur und amüsiere dich, Liebes. Ich komme schon zurecht. Rainbow kann Timmie auch gern bei mir lassen.«
    »Nicht nötig; sie nimmt die Kleine mit«, entgegnete Emily. »Wir legen sie einfach auf eine Decke im Gras, dann kann sie schlafen. Manchmal paßt Timmies Vater über Nacht auf sie auf, aber er muß heute abend spielen. Zweite Violine.«
    Emily hatte also Freunde gefunden, die ihre Art von Musik liebten. Das würde ihrer Schwester guttun. »Dann wünsche ich dir viel Spaß, Em.«
    »Und es macht dir nichts aus, allein in dem neuen Haus zu bleiben? Ganz ehrlich?«
    »Überhaupt nicht. Ich werde mich damit beschäftigen, mein Arbeitszimmer einzurichten«, sagte Leslie. »Aber ein paar Einkäufe könntest du vorher noch erledigen. Ich gebe dir eine Liste.«
    Auf dieser Seite der Bucht dunkelte es früher. Durch das Golden Gate wogte der Nebel heran und legte sich wie eine dicke Wolkendecke über die Bucht und die Hügel. Bald bezog sich der Himmel, und im Garten fing es leicht zu nieseln an. Der Thunfisch stand noch unangetastet da, aber Leslie sah die weiße Katze noch einmal. Sie rief das Tier und versuchte es zu locken, doch ohne Erfolg. Ob die Katze verletzt oder krank war? Leslie sah eine dunkle Stelle an der Stirn des Tieres, die einen Augenblick lang wie ein Blutfleck wirkte. Wenn das Tier in den nächsten ein, zwei Tagen keine Nahrung annahm, würde sie dem Tierschutzverein melden, daß hier eine verletzte, halb verhungerte Katze herumstreunte. Dann war sie im Tierheim besser aufgehoben.
    Emily machte sich mit Rainbow und Frodo auf den Weg, und Leslie ging mit ihrem einfachen Abendessen – Suppe und Kräcker – in ihr Büro. Dort verbrachte sie den Abend, richtete sich ein und genoß die Ruhe und den Frieden. Kein Telefon

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