Die Hüter der Unterwelt - Die Seele der Schlange (German Edition)
was Catharina in seiner Seele sah … ganz gleich wie oft sie sich es auch einreden mochte.
“Dann lebe ich seit meinem Fall nicht mehr”, erwiderte Viper. “Seit Äonen nicht mehr.”
Das Herz flatterte wie ein gefangener Vogel in ihrer Brust.
“Wie alt bist du, Viper?”
Er sah auf und das spöttische Lächeln zuckte um seine Lippen.
“Ich war die Schlange im Garten Eden, Liebes.” Angesichts ihres ungläubigen Blickes entfuhr ihm ein seidiges Lachen.
“Doch auch dort beginnt meine Geschichte nicht.” Der Schalk wich unvermittelt aus seinen Zügen, auch seine Stimme wurde ernst und hart. “Ich bin mir nicht sicher, ob du sie hören willst.”
Wortlos ließ das Mädchen sich zwischen Moos und Kräutern nieder, kreuzte die Beine übereinander und betrachtete ihn erwartungsvoll.
Viper stieß ein tadelndes Seufzen aus, doch das Funkeln in seinen Augen strafte der Herablassung Lügen.
“Wer hätte das gedacht?” Mit einem letzten tiefen Atemzug richtete er den Blick in die Ferne und begann zu erzählen.
“Einst wachte ich an Gottes Seite, so wie auch die anderen sieben Höllenfürsten. Ich nehme an, nach den letzten Tagen wirst du bereits sein, ebenso an Engel zu glauben.” Er wartete nicht auf ihre Antwort.
“Gottes Wort war mein Gesetz, der Inhalt unseres Lebens. Engel zweifeln nicht. Engel fühlen nicht … Doch Luzifer brach unser heiligstes Credo, wie die Menschen in ihrer heuchlerischen Bibel schreiben. Sie glauben, seine Gründe zu kennen: Liebe zu Gott und Eifersucht.”
Vipers Augen glitzerten wie Diamantensplitter, als seine Augen die ihren durchdrangen.
“Weißt du von Lilith, kleine Sünde?”
“Adams Erste Frau”, murmelte Catharina versonnen und grub ihre Hände in die feuchte Erde.
Überrascht hob Viper die Brauen.
“Ich bezweifle, dass ihre Geschichte mittlerweile Teil eures Glaubens ist. Von den Darstellungen als kinderfressende Dämonin einmal abgesehen.”
“Mein Vater hat mir von ihr erzählt. Der göttlichen Rebellin, die sich keinem Mann unterwerfen wollte …” Lächelnd dachte sie an jenes kleines Mädchen zurück, das die Geschichten von tapferen Rittern und wehrlosen Prinzessin nicht hatte hören wollen.
“Auch, dass sie Luzifers Geliebte war?”
Sie erstarrte. Suchte nach der Lüge in seinen undurchdringlichen Schlangenaugen. “Nein.”
“Er ist tatsächlich aus Liebe gefallen”, fuhr Viper leiser fort und seine Worte hätten von anderer Zunge wehmütig geklungen.
“Wir hatten den Auftrag, Lilith zurück ins Paradies zu führen, als sie floh.
Doch sie widersetzte sich Gottes Befehl, zweifelte an ihm und verlangte ihre Freiheit.
Und Liliths Worte waren es, die Zweifel in uns allen erweckten, Trotz, Begehren, Widerstand, und in Luzifer selbst … Liebe. Sie war der Keim, der niemals in uns hätte erblühen dürfen, da er jeder Wirklichkeit zuwider und vollkommen fremd war. Wir wollten wissen, wie sich das Sonnenlicht anfühlte, wie es ist, zu streiten und zu lachen, im Sturm zu tanzen, einen Tobsuchtsanfall zu erleiden und den Duft einer Lilie einzuatmen.
Und so folgte ich meinem Bruder, als er gegen Gott aufbegehrte, ich kämpfte an seiner Seite.
Für Luzifer und Lilith, Symbol der Rebellion und des reinsten Lebens. Für die Sehnsucht nach Vergänglichkeit und Feuer.
Kyrael, Samnael, Nyzrac, Luhiell, Nishrael, Sarel und Idrael schlossen sich uns an, unwiderruflich. Damals wären wir füreinander gestorben, hätten jedes Leid ertragen, um den anderen zu schützen.
Aber wir fielen für unseren Verrat an Gott und diese dunklen Tage veränderten uns. Heute kenne ich sie unter anderen Namen. Katze, Ratte, Echse, Rabe, Fuchs, Eber und Hahn.“
Vipers Lachen war von bitterer Kälte. “Machtspielchen, ewige Finsternis und Verachtung sind das Einzige was uns verbindet. Respekt wird aus Angst geboren, Kämpfe aus Schwäche.”
“Was ist geschehen?”, fragte Catharina atemlos, und beachtete das unerklärliche Zittern in ihrem Innern nicht.
Wieder blickte die Schlange sie an, bevor er weiter sprach, neigte versonnen den Kopf.
“Selbst nach unserer Verbannung blieb die Hoffnung. Gabriel hatte uns zwar die Flügel genommen, doch unsere Kräfte waren geblieben und es schien meinen Brüdern, als wären die dunklen Tage zu ihrem Glück geworden. Sie waren frei in der Welt der Sterblichen und begannen seit Ewigkeiten der Sklaverei ihr Leben.
Empfanden Freude, Wut, Zuneigung, Eifersucht und Gier … Ich nicht.” Für einen Herzschlag lang schloss
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